Das Ende des 2. Weltkrieges war ein Wendepunkt für die Kunst. Ab 1945 begann für die Bildende Kunst eine ganz neue Epoche. Der Fluchtpunkt der Kunst nach 1945 verlagerte sich von Europa in die USA. 

Nach Kriegsende befassten sich die deutschen Museen vorwiegend mit der Beseitigung von Kriegsschäden, dem Wiederaufbau sowie der Bergung, Sichtung und Rückführung der verstreuten Kunstwerke.

Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gingen für die Kunst nach 1945 wichtige Impulse von Europa aus. In Frankreich und Deutschland formierten sich avantgardistische Bewegungen. Dennoch verlagerten sich nach 1945 die wegweisende Kunst und der einflussreiche Kunsthandel in die USA, wo neue Kunstrichtungen wie u.a. der Abstrakte Expressionismus entstanden und New York löste Paris als Kunstmetropole ab.

Viele Künstler, die vor den Nationalsozialisten und deren restriktiver Kunstauffassung in die USA geflüchtet waren, spielten dabei wichtige Rollen. Zum Beispiel inspirierte der europäische Surrealismus das ausgesprochen US-amerikanische Action Painting.

In Europa entwickelten sich in der Kunst nach 1945 bestehende Strömungen, wie zum Beispiel die 1924 von Theo van Doesburg eingeführte, auf mathematisch-geometrischen Grundlagen beruhende Konkrete Kunst weiter. Die Konkrete Kunst wirkte mit dem Konstruktivismus als Wegbereiterin der Op-Art US-amerikanischer Prägung. Tachismus und Informel manifestierten sich als innovative gestisch-expressive Interpretationen der abstrakten Kunst.

Pollock-Malerei an der Wand

Pollock-Malerei an der Wand

Nachdem die (europäischen) totalitären Diktaturen den Realismus bevorzugt hatten, erblühten nach dem Ende des 2. Weltkrieges die ungegenständlichen Kunstformen. Die abstrakte Kunst, geometrisch oder gestisch, wurde in der Kunst nach 1945 als Ausdruck der neu gewonnenen Freiheit empfunden. Doch bildete sich in den Fünfzigerjahren in den USA und in Europa eine Gegenbewegung, weg von der Abstraktion und zurück zur Figuration.

Ab den 1960er-Jahren beginnt eine dynamische Internationalisierung der Kunst und ihrer Märkte mit großen Kunstausstellungen und -messen. Diese massiv erweiterten Darstellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst lassen tradierte Genregrenzen erodieren.

Unter dem Motto ‚Erweiterter Kunstbegriff‘ sollten die Grenzen zwischen dem alltäglichen Leben und der Kunst immer weiter verschwimmen, und immer mehr Alltägliches findet sich in den künstlerischen Äußerungen: in Europa Nouveau Réalisme und Neodada, in den USA New Realism. Die zunehmend multimediale Kunst arbeitet jetzt nicht mehr nur mit Bildern oder Plastiken, sondern produziert und nutzt auch Fotografie, Film, Video, Bewegung im weitesten Sinne, Objets Trouvés, Texte u.v.m. Schon ab den Fünfziger Jahren betraten mit Happening, Performance und Body Art ephemere Kunstformen die Bühne, bei denen der menschliche Körper zum Ausdrucksmittel flüchtiger Kunstäußerungen wurde, die bis in die Siebziger Jahre hinein auch auf die gleichzeitig entstehende Jazz- und Popmusik ausstrahlen sollten. Patti Smith zum Beispiel, ursprünglich eine Fluxus-Künstlerin, wurde später als politisch bewegte Rockmusikerin berühmt.

Nachkriegsdeutschland: Die Fünfziger und Sechziger

Nach den verheerenden Zerstörungen des Bombenkrieges war man in Deutschland mit dem ‚Organisieren‘ der notwendigsten Bedürfnisse beschäftigt. Damit bildete sich eine neue Kunstszene zunächst nur zögerlich heraus. Die ersten Äußerungen der Kunst nach 1945 thematisierten noch die Schrecken des Krieges und bildeten dessen psychologische und physische Verwüstungen ab. Eindringliche künstlerische Verarbeitungen der letzten Kriegsjahre kennen wir von Max Beckmann (1884–1950): „Abtransport der Sphinxe“ (1945) in dem er das Ende des Faschismus und des Nationalsozialismus reflektiert.

Wilhelm Lachnit (1899–1962): „Der Tod von Dresden“ (1945) und Hermann Bruse (1904–1953): „Hungermarsch“ (1945) auch Karl Hofer (1878 – 1955) versucht das Grauen in expressiven Realismus einzufangen. Wilhelm Rudolph (1889 –1982) dokumentierte in seinen Tuschzeichnungen die Zerstörung Dresdens durch die alliierten Luftangriffe von 1945. Herbert Sandberg (1908 –1991) porträtierte zeichnerisch das Leben im KZ Buchenwald.

Max Beckmann und die Bauhauslehrer Lyonel Feininger (1871 –1859), László Moholy-Nagy (1895 –1946) und der deutsch-französische Künstler Hans Arp (1886 bis 1966) die vor oder während der NS-Diktatur emigriert waren, kehrten nicht nach Deutschland zurück.

Die Chancen der neuen künstlerischen Freiheit wurden indes nicht von allen Künstlern ergriffen. Die realistischen Staatskünstler, die auf die heroische, ‚arteigene‘ Inszenierung der NS-Diktatur geeicht waren, wie z.B. der Expressionist Emil Nolde (1867 – 1956) wurden teils argwöhnisch betrachtet. Er, wie auch Willi Baumeister (1889 – 1955) greifen die künstlerischen Ansätze ihrer Arbeit vor dem Krieg wieder auf und Richard Oelze (1900 – 1989) führte seine surrealistische Malerei der Vorkriegszeit wieder fort.

Je nach politischer Überzeugung und Herkunft starteten einige neue künstlerischen Karrieren im besetzten Deutschland, entweder in der Sowjetischen Besatzungszone / DDR oder in den Westzonen / BRD. Der Dada-Künstler, Collagist und Satiriker John Heartfield (1891–1968) und die Malerin Lea Grundig (1906 –1977) lebten und arbeiteten in der DDR, während die später sehr erfolgreichen Maler Ernst Wilhelm Nay (1902–1968) und Willi Baumeister in die BRD zurückkehrten.

Die in Deutschland verbliebenen wichtigen Künstler wurden aufgrund der Diffamierung ihrer Werke in der NS-Zeit oft pauschal und unkritisch rehabilitiert.

Viele wollten schnell wieder an die durch den Krieg unterbrochene Moderne Anschluss finden und waren an einer differenzierten Aufarbeitung der Vergangenheit wenig interessiert. Ansätze, die unter totalitären Bedingungen entstandene Kunst von 1933 bis 1945 zu würdigen und neben dem als ‚Entartet‘ Geächteten und der offiziellen Staatskunst Qualitätvolles zu erkennen, wurden beargwöhnt.

Im europäischen Ausland waren es zum Beispiel der Brite Henry Moore (1898–1986) mit den „Shelter-Zeichnungen“ (1941), der Belgier Frans Masereel (1889–1972) mit z.B. der Zeichnungsserie „Danse Macabre“ (1941) und der Pole Tadeusz Kulisiewicz (1899–1988) mit den Zeichnungen der Reihe „Warschau 1945“ (1945), die sich mit den Ereignissen und Folgen des Krieges künstlerisch auseinandersetzten.

1948/49 wurde die ideologische und kunstpolitische Spaltung zwischen der SBZ und den Westzonen deutlich. Orientierten sich die BRD-Künstler an Frankreich und den USA, so richtete sich die Kunst in der DDR an einem „volksverbundenen“ sozialistischen Realismus aus.

Kunst nach 1945

Die Gruppe „CoBrA

1948 in Paris gegründet, setzt sich ihr Name aus den Anfangsbuchstaben der Herkunftsstätte der Künstler zusammen: Copenhagen, Brüssel und Amsterdam. In einem Manifest formulierten sie 1948 ihre Grundsätze: Sie lehnten die klassische Kultur des Westens ab und ersetzten diese durch ein System „das seine Gesetze aus den direkten Erfordernissen der menschlichen Vitalität bilden wird“. Feste und lose assoziierte Mitglieder waren:

Cobra orientierte sich stärker als die Amerikaner an der europäischen expressionistischen Tradition. Die Gruppe bestand zwar nur bis 1951, wirkte aber weit in die 50er Jahre hinein.

Die Situationisten

1957 gründete Guy-Ernest Debord (1931–1994) im italienischen Cosio d’Arroscia Die Situationistische Internationale, die bis 1972 bestand. Die Situationisten wollten mittels radikaler Gesellschafts- und Medienkritik Situationen schaffen, in denen das gesamte Leben zum Kunstwerk werden sollten und postulierten die Aufhebung der Kunst. Debords radikalste Forderung war „die Abschaffung des Studiums und der Arbeit, der totale Umsturz und die endgültige proletarische Weltrevolution“ mit dem Ziel des unendlichen Genusses. Zur Situationistischen Internationale zählten die Gruppen der Lettristen, die Künstlergruppe ‚Cobra‘, die Bewegung für ein ‚imaginistisches‘ Bauhaus um den Cobra-Künstler Asger Oluf Jorn sowie die Künstler Ralph Rumney (1934–2002) und Guy-Ernest Debord.

Deutsche Surrealisten

1953 kehrte Max Ernst (1891 – 1976) mit seiner vierten Ehefrau, der Malerin Dorothea Tanning, nach Frankreich zurück um seine Vorkriegs-Themen und denen aus dem US-Exil wieder aufzugreifen: Verrätselte Bildkombinationen, bizarre, vogelartige Phantasiewesen und phantastische Landschaften. Max Ernst schrieb Gedichte sowie autobiografische und kunsttheoretische Texte sowie auch Künstlerbücher. Techniken wie die Frottage, Grattage und das Drip Painting (Oszillation) verdanken wir ihm. Letzteres wurde durch Jackson Pollock zu einem prägenden Element des US-amerikanischen abstrakten Expressionismus.

MADRID, SPAIN - MARCH 26, 2018: man looks at the picture "Thirty-three Little Girls set out for the White Butterfly Hunt", 1958 by Max Ernst in the museum Thyssen-Bornemisza.

MADRID, SPAIN – MARCH 26, 2018: man looks at the picture „Thirty-three Little Girls set out for the White Butterfly Hunt“, 1958 by Max Ernst in the museum Thyssen-Bornemisza.

Deutscher Realismus

In den Siebzigerjahren entstanden neue Formen der gegenständlichen Kunst, auch in der Malerei. Großformatige fotorealistische oder gar hyperrealistische Arbeiten aus den USA wurden populär, teuer gehandelt und inspirierten auch europäische Künstler. Trotz der gezeigten handwerklichen Skills, mit denen diese Fotorealisten projizierte Vorlagen abmalten, verebbte die Begeisterung dennoch schnell. Die wichtigsten deutschen Fotorealisten sind der Schweizer Franz Gertsch (* 1930) und die Gruppe ‚Zebra‘, die sich in den 1960er Jahren mit dem Neuen Realismus identifiziert hatten.

Die Übersetzung von Fotografie in Malerei, und das Stilmittel einer bisweilen reduzierten Farbpalette waren die neuen Stilmittel, die später in Pop-Art und im Fotorealismus zur vollen Entfaltung kommen sollten. Typisch für diese Richtung sind Dieter Asmus, (*1939) Peter Nagel (*1941) und Nikolaus Störtenbecker (*1940). Auch der Grafikdesigner, Karikaturist und Jurist Klaus Staeck (* 1938) gehört, u.a. als Schöpfer kritischer, politischer Plakatkunst, zu den Künstlern des kritischen Realismus. Dem postmodernen Realismus wird der Maler und Fotograf Sigmar Polke (*1941 – 2010) mit seinen Zitaten aus der Pop Art und ironischen Aspekten zugerechnet.

Die Kunst nach 1945 in der DDR

Im sowjetisch besetzten Ostdeutschland schränkte die Partei- bzw. Staatsführung der DDR die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks ab 1949 ein und forderte einen „volksverbundenen“ Sozialistischen Realismus ein, der – ähnlich wie die NS-Staatskunst – die Errungenschaften und Ideale des Kommunismus, sowie den „neuen Menschen“ idealisieren sollte.  Der „Sozialistische Realismus“ der DDR folgte dem Dogma Stalins, nachdem die Kunst dem Aufbau des sozialistischen Staates zu dienen habe. Die abstrakte und Surrealistische Malerei gelten als „formalistisch“ und werden unterdrückt.

In den Westzonen bzw. in der jungen BRD orientierte man sich immer mehr in Richtung Frankreich und den USA, wo Ende der 1940er die Lyrische Abstraktion Jahre aufkam. Den Begriff hatte der französische Maler Georges Mathieu 1947 für eine Gruppe französischer Maler geprägt, die als Vorläufer des Informell gelten.

Aus der DDR – In den Westen

In Reaktion auf die Abstraktion des Informellen entstand in den Sechzigern parallel zur Aktionskunst in den 1960er-Jahren eine neue figurative Malerei auf. Nach ihrer Ausbildung in der DDR emigrierten zahlreiche Maler dieser Richtung noch vor dem Mauerbau (1961) in den Westen. Einige machten in den Sechzigern und Siebzigern auch international Karriere. Die wichtigsten Künstler sind Georg Baselitz (eigentlich Hans-Georg Kern, *1938) mit seiner kopfstehenden, rohen Malerei, Eugen Schönebeck (* 1936), der 1967 jäh das Malen eingestellt hatte und Gerhard Richter (*1932). Richter, einer der am teuersten gehandelten zeitgenössischen Künstler weltweit, bezieht Aspekte von Nouveau Réalisme und Pop-Art in seine Arbeit ein, bedient sich im Bilderfundus der Massenmedien und Printmedien als Motivvorlagen. Nach dem Motto: „Ich habe kein Motiv, nur Motivation,“ ist ihm der Prozess des Malens selbst Motivation genug.

Im Bereich der Skulptur kam in den 1950er-Jahren die Junk Art als plastisches Pendant des Nouveau Réalisme auf. Wichtige Vertreter sind John Chamberlain (* 1926 – 2011) und Jean Tinguely (1925–1991), die als Zeichner, Maler und vor allem Objektkünstler den Müll der Konsumgesellschaft in für teils lautstark motorisch bewegliche Assemblagen oder Environments in neue Kontexte stellten.

Die 80er Jahre: Mauerfall und Friedensbewegung

Typisch für die 1980er-Jahre im wiedervereinigten Deutschland waren Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung und eine deutliche „konservative Wende“, bei welcher der Staat sich nach außen hin abgrenzte und nach innen repressiv auftrat. Ab 1982 folgten auf die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt 16 Jahre unter Helmut Kohl.

Nach Honeckers Rücktritt und dem Fall der Mauer am 9. 11. 1989 hatte die deutsche Wiedervereinigung auch Effekte auf die Kunst nach 1945. Typisch für die folgende Dekade waren eine noch weitergehende Fragmentierung und Individualisierung der künstlerischen Genres und Ausdrucksformen sowie die neuen Bewegtbild-Medien Video und Computer. Plastik und Bildhauerei mussten Platz machen für Objektkunst und Installation.

Nordamerika nach dem 2. Weltkrieg

Um 1945 ging von US-amerikanischen Künstlern der Impuls des Abstrakten Expressionismus aus. Die Kunstgeschichte kennt diesen emotionalen, dynamisch-spontanen Ausdruck als ‚New York School‘, innerhalb derer das ‚Action Painting‘ eine große Rolle spielte. Bekannt sind Jackson Pollock mit seinen ‚Drip Paintings‘ (1912–1956), sowie Willem De Kooning (1904–1997), der surrealistisch inspirierte Arshile Gorky (eigentlich Vostanik Adoyan, 1904–1948) und Franz Kline (1910–1962).

Eine zweite prominente Ausdrucksform innerhalb des Abstrakten Expressionismus der ‚New Yorker Schule‘ wurde als ‚Colour Field Painting‘ mit den Malern Barnett Newman (1905–1970), Clyfford Still (1904–1980) und Mark Rothko (1903–1970) bekannt.

Wie bei den europäischen Künstlern des Nouveau Réalisme lag der Fokus der New Realists auf der Alltagskultur, den Konsumobjekten und den Images der Massenmedien. Reale, dreidimensionale Alltagsgegenstände wurden im ‚Combine Painting‘ mit Malerei kombiniert. Wichtige New Realists sind Robert Rauschenberg (*1925 – 2008) und Jasper Johns (* 1930).

Andere Spielarten des europäischen Nouveau Réalisme vertraten Arman (eigentlich Armand Pierre Fernandez, *1928-2005), der mit seinen ‚Akkumulationen‘, in Plexiglaskästen arrangierten oder in Polyester eingegossenen Löffeln, Teekannen oder Haarbürsten bekannt wurde, sowie der ‚Junk Art‘-Bildhauer Jean Tinguely (*1925 – 1991). Christo (eigentlich Christo Wladimirow Jawaschew, *1935, Gabrowo, Bulgarien) wurde mit Landart-Installationen und Verhüllungen monumentaler Bauwerke weltweit sehr populär.

Arman Skulptur am Bahnhof Gare St. Lazare

Arman Skulptur am Bahnhof Gare St. Lazare

Pop-Art

Die ‚Pop Art‘ hatte sich zwar schon 1956 in den Arbeiten des Briten Richard Hamilton angekündigt, sollte sich aber erst Anfang der 1960er Jahre in den USA und Europa durchsetzen. Diese Spielart des Realismus in der Kunst nach 1945 reduzierte die Farbpalette radikal und setzte Farbe mit Vorliebe flächig und kraftvoll ein. Aus der Werbung entlehnt sie die Übertreibung und die Motivik. Um Konsum und Alltagskultur zu thematisieren werden Zwischentöne und Nuancen zugunsten des vordergründigen Effekts geopfert. Tom Wesselmann (1931-2004), Roy Lichtenstein (1923-1997) mit ihren cremig-sinnlichen bzw. hart konturiert-reinfarbigen und grob gerasterten Comic-Motiven sind sehr populär geworden.

Andy Warhol (1928 –1987) ist der wohl bekannteste Pop-Art-Künstler. Seine Arbeiten sind das, was sie nun mal sind. Denn ohne jede Distanz zum Sujet oder eigene künstlerische Handschrift inszenierte Warhol Alltagsgegenstände als Kunstwerke und erschloss damit den ästhetischen banalen Charme der Massenkonsumgüter. Für ihn waren die Menschen oder Dinge in der modernen Konsumgesellschaft austauschbar, weil sie für ihn nur als Images bestanden. Er sah als kennzeichnend für die Moderne Gesellschaft die stetige Wiederholung des Immergleichen. „Everything repeats itself …“ Da war es nur logisch, dass er seine Kunst in seiner ‚Factory‘, seriell und vorwiegend mit Siebdruck, am Fließband herstellen ließ.

Gegenpol zur Pop-Art: ‚Minimal‘

Minimalart und Color-Field-Painting entwickelten sich als Spielarten der Kunst der 1960er-Jahre, in Abgrenzung zur Pop-Art. Sie vermieden einen expressiven Ausdruck und konkrete inhaltliche Aussage. Formal bezog sich die Minimalart meist auf Primärformen wie Würfel, Quadrat, Kubus. Der Betrachter sollte nicht denken, verstehen oder assoziieren sondern schlicht nur gucken: „You see what you see“ kommentierte der Maler Frank Stella seine streng geometrische bis gestisch abstrakte Malerei. Zu den prominentesten Minimal-Künstlern zählen der Maler, Bildhauer und Architekt Donald Judd (1928–1994) und Sol Le Witt (1928–2007), dessen abstrakte Skulpturen aus Variationen würfeliger, regelmäßig arrangierter Strukturen bestehen.

Concept-Art

Mitte der 60er entstand aus der Minimal-Art die Konzeptkunst, deren prominentester Künstler wohl Joseph Kosuth (*1945) ist. Seine Arbeit ‚One and Three Chairs‘ (1965), ein Stuhl, die Fotografie eines Stuhles und der betreffende Lexikoneintrag, spricht schon Bände über diese Richtung. Concept-Art beschreibt das Sujet aus verschiedenen Blickwinkeln und setzt dabei auf die Imagination des Betrachters.

Die Nachkriegskunst in Frankreich

Das Informell (frz.: l’art informel = informelle Kunst) entstand 1945/1946 als eine Malerei des Ungegenständlichen in Paris. Ihre Vertreter setzten sich mit dieser künstlerischen Haltung ganz bewusst von der strengen geometrischen Abstraktion der École de Paris ab, verweigerten sich jedweder organisierten formalen Strukturierung und allen Kompositionsregeln. Sie mischten verschiedenste Materialien in ihre Farben und brachten diese als plastische Massen gestisch auf ihre Malgründe so auf, sodass spontane Linien und Farbflecken entstehen konnten. Der Kunstkritiker Michel Tapié prägte 1951 für diese – ähnlich wie der Surrealismus – dem Unbewussten folgende Arbeitsweise den Begriff „signifiance de l’informel“, also die Bedeutung des Formlosen. Bei der gleichnamigen Ausstellung waren Jean Fautrier (1898 –1964) und Jean Dubuffet (1901 –1985) vertreten. Besonders Fautriers Geiselbilder ‚Otages‘ (1943 –1945) schockierten das Publikum mit ihrem Malgestus, dem Farbeinsatz und ihrer Darstellungsweise einer existenziellen Bedrohung durch den Krieg: Gesichts- und ausdruckslose Gestalten, die nur durch die gestische Malbewegung und den brutal aufgetragenen, farbigen Spachtel zu figurativer Abstraktion gerannen. Dubuffet gilt als Begründer der Art Brut als Subgenre des Informell. Diese ‚rohe‘ Kunst sieht im Unbewussten und Unreflektierten die zentrale menschliche Ausdrucksform und billigt der Kunst von Kindern, Geisteskranken oder Laien einen höheren Wert zu als jener von akademischen Künstlern.

Wie das Informell zählt der Maler, Bildhauer, Kunstkritiker, Kunsttheoretiker, Kunstsammler und Kurator Michel Tapié auch den Tachismus (von franz. tache = Klecks), zur ‚Art Autre‘ (franz. = andere Kunst). Der Begriff Tachismus (von franz. Tache = Klecks, Fleck) wurde seit 1954 vom französischen Kunstkritiker Pierre Guéguen geprägt, als Malstil aber schon seit der Mitte der 1940er-Jahre praktiziert. Informell und Tachismus werden oft gleichgesetzt und gelten als europäisches Pendant zum US-amerikanischen Abstract Realism. International bekannt wurde das deutsche Informell 1955 mit der documenta in Kassel. Zu den wichtigsten Künstlern des Informell zählten Jean Fautrier, die Gruppe ‚Cobra‘, sowie die deutschen Maler Hans Hartung (1904–1989), Emil Schumacher (1912–1999), Ernst Wilhelm Nay (1902–1968) sowie auch der vom Tachismus inspirierte Wols (eigentl. Alfred Otto Wolfgang Schulze, 1913–1951)

Die documenta in Kassel

Die seit 1955 alle vier bis fünf Jahre stattfindende Kunstmesse in Kassel ist die wichtigste international bestückte Ausstellung moderner und zeitgenössischer Kunst nach 1945 in Deutschland. Die erste documenta von 1955 hatte der Kunsthistoriker Werner Haftmann (1912–1999) organisiert und vor allem mit abstrakter Kunst bespielt. Diese erste documenta sollte die kontinuierliche Weiterentwicklung der europäischen Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts belegen. In deren Logik konnten sich nur Künstler, die sich 1955 des weltweit gültigen Idioms der Abstraktion bedient hatten, in die Avantgarde einreihen. Um 1960 sollte Haftmanns auf der Documenta I geforderte Abstraktion stagnieren, als in den USA und in Großbritannien unabhängig voneinander die Pop-Art aufkam, die ihre Motive aus Supermarktregalen, Comics und Anzeigen in Magazinen bezog und Coca-Cola-Flaschen, Campbell’s Suppendosen, Brillo-Waschmittelkartons, Starfotos, Zigarettenreklamen und Dollarnoten zu Kunstmotiven erhob. Die in der kapitalistischen Konsumgesellschaft allgegenwärtigen Massenprodukte waren plötzlich Kunst, deren Betrachter sich ihren eigenen Lebensrealitäten gegenübersahen.

1964 stürzte sich der Kunstmarkt begierig auf Pop-, Concept- und Minimal-Art, Farbfeldmalerei und usw. In West-Berlin fand die Pop-Art-Ausstellung ‚Neuer Realismus‘ statt. 1968, im Jahr der außerparlamentarischen Opposition (APO), massiver Studentenproteste und der bis dahin schwersten gesellschaftlichen Krise der BRD, spiegelte die documenta 4 in Kassel nur das aus den USA importierte Kunstverständnis wider und blieb seltsam unberührt von den aktuellen Bewegungen im Deutschland. Die USA waren jetzt nicht nur die vorherrschende Wirtschaftsmacht, sondern auch das kulturelle, richtungsweisende Vorbild für die Kunst nach 1945.

(Neo-) Surrealismus in Frankreich

Der Surrealismus entwickelt sich auch nach dem Krieg weiter, kommt aber nach André Bretons Tod in eine Krise, die von Jean-Paul Sartres und Albert Camus‘ Existentialismus noch verschärft wird. Salvador Dalí, Joan Miró und der Deutsch-Franzose Max Ernst entwickeln ihre surrealistischen Bildthemen von vor dem Krieg weiter. Pierre Soulages lässt sich von japanischer Kalligrafie inspirieren. Georges Mathieu (*1921, Boulogne sur Mer) trägt nach Art der ‚Action Painter‘ die Farbe aus der Tube direkt auf die Leinwand auf und variiert Pollocks Verfahren des ‚Drip Painting‘. Jean Dubuffet nutzt für seine an der ‚Bildnerei der Geisteskranken‘ (Art Brut) inspirierte Kunst Materialien wie Sand, Gips u.a Sachen als Malgründe in die er naive Figuren einritzt.

Pablo Picasso (*1881 – 1973) führte die von den Gräueln des Krieges getriebene Idee von ‚Guernica‘ mit „Der Krieg“ und „Der Frieden“ fort und schwankt dabei zwischen kubistischen und figürlichen Bildfindungen.

Antoni Tápies (*1923 -2012), einer der bedeutendsten informellen Künstler der Gegenwart, verbindet in den 1970er Jahren in seiner Kritik an der Franco-Diktatur Elemente von Art Brut und Informell.

Bei Henri Matisse (*1869 – 1954) – mit Picasso ein Wegbereiter und Hauptvertreter des Fauvismus, ist im Spätwerk ein Abschied von den expressiven Formen und Linien zugunsten von Figuren, oft im Scherenschnitt, zu beobachten.

Der Maler und Grafiker Victor Vasarely (1906–1997) war in den 1930er-Jahren von Ungarn nach Paris emigriert. Er bezog seine Inspiration unter anderem aus den Lehren des Bauhauses der 1920er-Jahre und spielte als Mitbegründer der Op-Art spielte eine zentrale Rolle für die französische Kunst nach 1945.

kunst nach 1945

Guernica, Spain – October 10, 2015: A tiled wall in Gernika reminds of the bombing during the Spanish Civil War.

Arte Povera – Arme Kunst

Der italienische Kritiker und Kurator Germano Celant (*1940) kreierte 1967 den Begriff ‚Arte povera‘ (ärmliche Kunst, als Form der Objektkunst) als Ausstellungstitel und rückte so benannte Kunstrichtung ins öffentliche Bewusstsein. Die Armut der Arte Povera ist nicht nur eine des Materials, sondern liegt auch in der ‚Armut‘ der künstlerischen Mittel. Holz, Gips, Erde, Glas, Filz und Steine, aber auch Seide, Stahl, Gold und Marmor kommen zum Einsatz. Hauptvertreter der Armen Kunst sind Mario Merz (1925 – 2003), Michelangelo Pistoletto (*1933), Jannis Kounellis (1936 -2017), Luciano Fabro (1936 -2007), Giuseppe Penone (*1947), Giulio Paolini (*1940) und Eva Hesse (1936 –1970).

Für Mario Merz (*1925-2003) war gegen Ende der 1960er Jahre das Iglu die ursprünglichste Form menschlicher Behausungen. Merz variierte dessen charakteristische Halbkugelform in Materialien wie Glas, Gips, Ästen oder Leder. Ein leitende Idee ist für Merz die Fibonacci-Reihe, die auf den mittelalterlichen Mathematiker, Leonardo Fibonacci, zurückgeht und sich aus der Addition der beiden vorhergehenden Ziffern ergibt: 0-1-1-2-3-5-8-13-21 etc.. Für Mario Merz war diese eigentlich zur Berechnung von Spiralen gedachte Progression, ein Sinnbild prozessualer Ordnung von natürlicher und geistiger Energie.

Jannis Kounellis befasste sich mit Fragen nach den Ursprüngen der Kultur und zitierte dabei in seinem Oeuvre die Antike oder die Renaissance, u.a. in Form von Abgüssen klassischer Bildwerke.

Fluxus (Neo-Dada) und Happening

Die Aktionskunstformen Happening und Fluxus sind nur schwer gegeneinander abgrenzbar. Agieren beim Fluxus Künstler und Publikum getrennt, so wird beim Happening das Publikum mit einbezogen.

Beide Kunstformen streben nach einer Sensibilisierung der sinnlichen Wahrnehmung und des Bewusstseins. 1964 führten spektakuläre Fluxus-Aktionen zu Tumulten im Publikum. Die Fluxuskunst integrierte bald auch Elemente von Konzerten. Wichtige Impulse lieferte dabei der US-amerikanische Komponist John Cage (1912–1992) der die Stille in seinen Kompositionen einsetzte. Allan Kaprow (*1927 -2006) definierte den Begriff ‚Happening‘ 1958 in New York so: „Die Grenze zwischen Happening und täglichem Leben sollte so flüssig wie unbestimmbar bleiben. Die Wechselwirkung zwischen menschlicher Aktion und Vorgefundenem wird dadurch zu höchster Wechselwirkung gesteigert … Die Zusammenstellung aller Materialien, Aktionen, Bilder und ihrer Bezüge zu Zeit und Raum sollte so kunstlos wie praktisch sein. (…) Happenings sollten nicht geprobt (…) und nur einmalig von Nicht-Profis aufgeführt werden.“ George Maciunas (*1931 –1978), einer der Mitbegründer von Fluxus, beschrieb dessen Ziele als „das Erzeugen unspezialisierter Formen von Kreativität“. Fluxus und Happening schwappten rasend schnell von den Metropolen Amerikas nach Europa hinüber – von New York nach London, Paris, Amsterdam, Köln, Düsseldorf, Berlin und Wien. Zu den bekannteren Fluxus-Künstlern zählten Joseph Beuys (1921 –1986), Bazon Brock (* 1936), John Cage, Jim Dine (*1935), Nam June Paik (* 1932), Robert Rauschenberg (* 1925) und Wolf Vostell (*1932-1998). In dessen acht Meter breiten Montage ‚Heuschrecken‚ (1969/70) stehen sich Krieg und Liebe feindlich gegenüber und kündigen sich die wichtigsten Ziele der politischen Revolte an: eine befreite Sexualität und die Auflehnung gegen die bourgeoise Ordnung. Im Geiste von John Lennons Song „Give peace a chance“ und dem damals populären Motto „Make love not war“ weckt die Arbeit Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Obwohl darin russische Panzer auf die Gewalttätigkeit der politischen Mächte verweisen, so zeigt doch das lesbische Liebespaar zugleich die Option des Widerstands gegen die Gewalt. In 20 Monitoren am unteren Bildrand sieht sich der Zuschauer als Teil des ‚Happenings‘.

Der gebürtige Koreaner Nam June Paik kann, auch innerhalb der Fluxusbewegung, als Pionier der ‚Neuen Medien‘ gelten, weil er schon in den 60ern mit ihnen arbeitete. 1974 kombinierte er eine antike Buddha-Statue mit Videokamera und Monitor zu einer Installation.

Joseph Beuys und die Idee der sozialen Plastik

In den 1960er-Jahren entwickelte sich Joseph Beuys (1921–1986) zu einem der einflussreichsten Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sorgten anfangs die von ihm verwendeten ‚armen‘ Materialien Fett und Filz für Aufsehen, so wurden später die ihnen zugeschriebenen Assoziationen um so wichtiger: Sie standen für die Prinzipien von Kälte und Wärme als Energien geistigen Wirkens. Das amorphe Fett ließ sich in kristalline, geometrische Form überführen und stand dann als ‚Fettecken‘ für ‚kalte‘ Rationalität und intellektuelle Erstarrung, verkörperte aber auch eine organische Energie. Auch der ähnlich amorphe Filz stand für Beuys als Isolator und Wärmespeicher. Damit setzte Beuys den Filz also anders ein als der US- Minimalartist Robert Morris (* 1931 – 2018), für den dieser ‚Kunst-Stoff‘ rein physikalische Qualitäten hatte dem er eine inhaltliche Bedeutung absprach (‚Felt Piece‘, 1967/68). Beuys hingegen, inszenierte in seinen Arbeiten eine geistige oder evolutionäre ‚Wärme‘. Er verstand „Wärme als evolutionäres Prinzip“, um „Zentren zu bewegen bei Menschen, die durch die grauenhaftesten Schilderungen menschlicher Leiden, Krankheit, Krieg, KZ usw. unberührt blieben“. Konsequenterweise erweiterte Beuys 1970 sein künstlerisches Schaffen in die Sphäre der Gesellschaftspolitik und gründete in Düsseldorf die ‚Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung‘, die sich auf die Ideale der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ berief und diese im Sinne der von Rudolf Steiners (1861–1925) Anthroposophie verwirklichen wollte: Freiheit im Geiste, Gleichheit vor dem Recht und Brüderlichkeit in der Wirtschaft. Seine Idee nannte Beuys „soziale Plastik“. Beuys sah in der menschlichen Fähigkeit Kunst zu schaffen, eine revolutionäre Kraft, ein Kreativitätspotenzial und -kapital: „Kunst ist gleich Mensch, ist gleich Kreativität, ist gleich Freiheit,“ und: „Jeder ist ein Künstler, jeder trägt in sich die Fähigkeit etwas zu gestalten, Bilder und Plastiken, seinen Beruf, sein Leben und schließlich gar die sozialen Verhältnisse insgesamt.“ (Harlan/ Rappmann / Schata, Soziale Plastik, Materialien zu Joseph Beuys, Achberg 1984)

Seine Ideen kommunizierte Beuys weltweit in Kunstobjekten, Aktionen, Happenings, Installationen, Diskussionen und Manifesten. Beuys fehlte jedes Verständnis für das überkommene Kunstschaffen. In einem Gespräch mit dem Schriftsteller Michael Ende schimpfte er einmal: „Sie kommen immer wieder auf diesen Scheiß-Künstler zurück, diesen Verbrecher, dieses Arschloch, diesen impotenten Hund, der doch alles verhindert, der die Umwelt verschmutzt!“  (Paolo Bianci und Christoph Doswald 2000)

Die (deutsche) Kunst der Achtziger Jahre

Um 1980 kam in Berlin eine neue Strömung expressiv-gegenständlicher Malerei auf, die auch auf Köln, Hamburg und Wien ausstrahlte, die als ‚Neue Wilde‘ bezeichnet wurde. Bekannte Maler dieser Mode waren der Berliner Rainer Fetting (* 1949), Helmut Middendorf (* 1953), Elvira Bach (* 1951), Salomé (bürgerlich Wolfgang Cilarz, * 1954) sowie u.a. der Hamburger Martin Kippenberger (1953 – 1997, Wien).

Fettings Hauptthema sind männliche Akte und Stadtlandschaften sowie Plastiken wie die 1996 für das Berliner Willy-Brand-Haus gegossene Bronzeplastik ‚Willy Brandt‘. Von Salomé kennt man kräftig farbige Frauengestalten.

Die Neuen Wilden waren schlagartig erfolgreich, u.a. aufgrund der wüsten Farbenpracht ihrer hochemotionalen Großformate. Anfang der 1980er-Jahre hungerte der Markt nach Jahren anämischer Konzeptkunst nach solchen Bildern. Salomé’s ‚Schwimmer‘ (1982) oder Fettings ‚Ricky rot-blau‘ (1981) waren schnell, spontan und frech gemalt und wurden vom Kunsthandel gerne und teuer an- und verkauft.

Der Maler, Grafiker und Bildhauer Jörg Immendorff (1945 – 2007), ein Beuys- Schüler an der Kunstakademie Düsseldorf und späterer KPD-Sympathisant, wollte mit den Aktionen seiner Lidl-Akademie Intuition und Schöpfergeist befreien. Seine ikonischen Gemäldezyklen ‚Rechenschaftsbericht‘ und ‚Café Deutschland‘ haben eine deutliche politisch-pädagogische Message. Seit 1976 hatte der ‚Agitationskünstler‘ mehrere kollektive Projekte mit A. R. Penck (eigentlich Ralf Winkler, *1939 – 2017), der mit roher, tribalistisch wirkender Malerei bekannt wurde.

Der Dortmunder Martin Kippenberger malte, gestaltete Plakate und Collagen, versuchte sich in Fotografie, Skulptur und Rauminstallationen. In Berlin veranstaltete er u.a. auch Konzerte, war Geschäftsführer des alternativen Veranstaltungszentrums ‚S.O. 36‘ in Kreuzberg. In den 1980ern entstanden erste Skulpturen. Sein Credo lautete, in Umkehrung zu Joseph Beuys (1921–1986), „Künstler ist ein Mensch“.

Der Beuys-Schüler Anselm Kiefer (*1945) gilt als einer der bedeutendsten, aber auch umstrittensten deutschen Maler mit Werken in zahlreichen Museen. Typisch sind monumentale Formate, Bildzyklen und auf Fernwirkung kalkulierte, großzügige, reliefartige Malerei mit Referenzen zur klassischen Historienmalerei. Typisch für Kiefer sind auch traditionelle Techniken wie Holzschnitt, Aquarell und Fotografie.

Auch die Gemälde des Belgiers Luc Tuymans (* 1958) thematisierten historische und politische Ereignisse und stellen die Glaubwürdigkeit von historischen Bildern und Bildmedien in Frage. Sie gemahnen bisweilen an analoge Fotografien oder Negative.

kunst nach 1945

MARCHR 2007 – BERLIN: the statue of the former governing mayor of Berlin and German Chancellor Willy Brandt, a Social Democrat, in the Willy Brandt-House (hqof the Social Democrats), Berlin.

Die Neue Leipziger Schule – Arno Rink und seine Schüler

Neo Rauch (1960, Leipzig) ist einer der international gefragtesten Gegenwartskünstler. Für manche Kunstkritiker gehört er jedoch noch zur (alten) Leipziger Schule, als Wegbereiter der „neuen“. Rauch war 1981–1986 Schüler des für viele andere Maler dieser Schule einflussreichen Malers Arno Rink (* 1940) und 1986–1990 Meisterschüler bei Bernhard Heisig (* 1925 – 2011). Seit 2005 hat er einen Lehrauftrag an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seine figurative Ölmalerei greift Motive aus Werbung, Design, Comic und aus Arbeiten seiner der früheren Lehrer auf. Von Heisig übernimmt Rauch die vielschichtigen Bildebenen.

Der Maler Tim Eitel (1971 in Leonberg) studierte nach einem Romanistik-, Germanistik- und Philosophie-Studium Freie Kunst an der Hochschule für Kunst und Design in Halle und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig als Meisterschüler bei Arno Rink (* 1940-2017). Wenn Menschen in Eitels fast fotorealistischen Bildern auftauchen, dann wirken sie meist einsam. Sein realistisch-romantischer Stil erinnert an den US-Amerikanischen Edward Hopper (1882–1967) und bekennt sich zu seinen fotografischen Vorlagen. Eitel gründete 2002 die Künstler- und Ateliergruppe ‚LIGA Berlin‘, die sich schon 2004 wieder auflöste. Eitel lebte und arbeitete in Leipzig und Berlin, zog dann nach Los Angeles, New York und schließlich nach Paris um.

Auch der Maler Tilo Baumgärtel (1972, Leipzig) wird der Neuen Leipziger Schule zugerechnet. Er studierte von 1991 bis 1994 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und war wie Baumgärtel Schüler von Arno Rink und Mitglied von ‚LIGA Berlin‘.

Auch Baumgärtels Arbeiten lassen an Hoppers urbane Motive denken, greifen aber dem deutschen Betrachter vertraute Sujets wie die Wagenburg oder efeuberankte Haltestellen auf. Der Mensch in Baumgärtels Bildern ist ein Wartender, ein Schatten in Erwartung der kommenden Apokalypse.

Tom Fabritius (1972, Radeberg) studierte von 1996 bis 2001 Malerei/Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, auch bei Arno Rink und war ab 2001 dessen Meisterschüler. Die Bilder von Fabritius erinnern an kräftig konturierte Nahaufnahmen, flächig angelegte, surreale Landschaften und Interieurs.

Der Maler Matthias Weischer (1973, Elte bei Rheine) zählt zu den Künstlern Neuen Leipziger Schule. Er studierte bei Rink und war ebenfalls Mitglied von ‚LIGA Berlin‘. Seine Innenräume vermitteln einen gewissen Eindruck von Verfall und erzeugen ein Gefühl gespannter Erwartung.

Tendenzen von 1990 bis …

In den 1990er-Jahren bis in die Gegenwart hinein präsentiert sich die Entwicklung der europäischen Kunst in unüberschaubar vielfältigen Sujets und Ausdrucksformen, zahllosen Strömungen und Kunstformen. Die klassischen Gattungen von Malerei, Skulptur und Grafik wurden um Installation, Performance, Objektkunst und die so genannten ‚Neuen Medien‘ Video, Film, Fotografie und digital generierte Bilder ergänzt. All dies besteht gleichzeitig und parallel, wobei die Grenzen zunehmend verschwimmen.

Elektronische Medien: Das Bild dominiert

Als Neue Medien bezeichnet man im Allgemeinen die technischen Medien wie Fotografie, Film, Video, Diaprojektion und Computer bzw. computergenerierte Medien. Zwar vermitteln diese technischen Formen von Bilderzeugung im Gegensatz zu den ‚klassischen‘ Disziplinen Malerei, Plastik und Grafik keine ‚Handschrift‘ des Künstlers mehr. Weil aber all diese Arten technischer Kunstproduktion zu verschiedenen Zeitpunkten aufgegriffen wurden, haben sie ihre jeweils eigene Kunstgeschichte. Als erstes wurde die Fotografie eingesetzt und gilt seit 1929 als anerkannte Gattung. Aus ihr ging die Diaprojektion hervor, die seit den 80ern insbesondere in Installationen eingesetzt wurde. Mittels Film bzw. ab den späten Sechziger Jahren werden auch durch Videotechnik erzeugte Bewegtbilder künstlerisch genutzt. Das jüngste Medium für bewegte wie auch stehende Bilderzeugung ist die digitale Technik. Die neuen Möglichkeiten zeigte die documenta 11 im Jahr 2002 eindrücklich. Inzwischen überfluten die Bildermassen der künstlerischen, wie auch privaten digitale Bildproduktion die Sozialen Medien, Festplatten und Cloudspeicher weltweit.

Kunst als Ereignis und das Internet

Auf Messen und Ausstellungen wird ein neuer Trend deutlich: Kunst wird als Event inszeniert und konzipiert Christian Boltanski (*1944, Paris) schuf schon 1988/89 auf spontane Wirkungen und sinnliches Erlebnis angelegte, abgeschirmte Umgebungen (z.B.: ‚Réserve‘) welche die Besucher ganz direkt adressieren und Assoziationen und Affekte triggern sollten. Medienwirksam konzipierte und effektiv vermarktete Ausstellungen wie die documenta, die ART cologne oder Kunstmessen in Basel und Berlin sind Places to be und Lifestylestatements für Hipster und Bildungsbürgertum. Das Internet erweitert und entgrenzt die Spielfelder für die Kunst nach 1945 ins Internationale und wird selbst zum künstlerischen Medium.

DESIGNBOTE – DDR Design

DESIGNBOTE – Was ist Deutsches Design

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