Die Moderne hat die traditionellen Kunstgattungen Malerei, Graphik und Bildhauerei erweitert, auf innovative Weise immer aufs Neue miteinander kombiniert und auch in Richtung nicht künstlerischer Disziplinen und Umgebungen geöffnet. Viele neue Techniken, Medien, Ausdrucks- und Darstellungsformen wurden in der Folge entwickelt und integriert: Ready-made, Collage und Assemblage, Rauminstallation und Environment, Fotografie, Film und Video. Die Aktionskunst, die Performance und das Happening integrieren und nutzt Aspekte des Theaters; die Land-Art gestaltet, modifiziert und nutzt Natur und Landschaft, die Body-Art inszeniert und nutzt den menschlichen Körper. Aber auch Bezüge zu Architektur und vielfältige Querverbindungen zur Musik entstehen und werden inszeniert und thematisiert.

Als eine Kunstform aus dem weiten Feld der Aktionskunst, entstehen Performances vorwiegend durch Handlungen des Künstlers, die live oder aufgezeichnet, spontan oder nach Drehbüchern ausgeführt werden.

Der Begriff ‚Performance‘ fand erst in den 1970er Jahren größere Verbreitung, doch wird der Ursprung dieser Kunstdisziplin in futuristische Inszenierungen und absurden, dadaistische Kabarettaufführungen der 1910er Jahre gesehen.

Während des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Performance oft als eine nicht traditionelle Art des Kunstschaffens betrachtet. In Lebendigkeit, körperlicher Bewegung und dem Aspekt der Vergänglichkeit sahen manche Künstler Alternativen zur Statik und Beständigkeit von Malerei und Plastik.

In der Nachkriegszeit ab 1945 sah man die Performance aufgrund ihres immateriellen Charakters auch als mit der Konzeptkunst verwandt.

Inzwischen ist der Begriff ‚Performance‘ mittlerweile eine akzeptierte Kunstdisziplin der bildenden Künste und wird unter dem Überbegriff Medienkunst auch für Film-, Video-, Foto- und auf Installationen basierende Arbeiten verwendet, mit denen die Aktionen von Künstlern, Performern oder dem Publikum kommuniziert werden.

In jüngerer Zeit wurde die Performance auch als eine Möglichkeit der direkten Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit, speziellen Eigenschaften des Raumes und auch der Identitätspolitik verstanden. Im Jahr 2016 stellte der Kunsttheoretiker Jonah Westerman fest: „Performance ist weder ein Medium noch etwas, was ein Kunstwerk sein kann, sondern vielmehr eine Reihe von Fragen und Überlegungen dazu, wie sich Kunst auf Menschen und die allgemeine soziale Welt bezieht“.

Besonders intensiv und aktiv ist die Beteiligung des Publikums beim Happening. Sein Ablauf wird zwar vom Künstler geplant, kann aber je nach Situation auch vom Publikum oder dem Zufall beeinflusst werden. Die Übergänge zwischen Happening und Performance können fließend sein. Der Happening-Künstler Wolf Vostell beschrieb seine Arbeitsweise so: „Meine Happenings sind eine Begegnung zwischen meinem EGO und dem EGO des Publikums. Meine Ideen geben dem Publikum Initiative und stellen den Beteiligten in das Zentrum des Geschehens. (…) Ich fabriziere die Ideen und ihre grobe Struktur ihrer Zusammenhanglosigkeit vor, das Publikum muss sich sein lassen.”

Das Happening verwischt für einen gewissen Zeitraum die Grenzen zwischen Kunst und Alltagserleben. So soll das Publikum sensibilisiert werden, Achtsamkeit entwickeln und die Wirklichkeit neu erfahren. Ein Happening-Pionier war der US-Künstler Allan Kaprow. Er veranstaltete 1959 das erste Happening und wurde zum wichtigsten Theoretiker dieser Kunstform, deren nordamerikanische Aktionskunst-Spielarten der Pop-Art nahe standen. Auch in der internationalen Fluxus-Bewegung waren Happenings und Aktionen zentrale Ausdrucksformen. Wichtige Happening-Künstler waren u.a. Carolee Schneemann, Claes Oldenburg und Jim Dine, Nam June Paik und Joseph Beuys.

Die Performance Art wurde durch eine Reihe von früheren Kunstformen mit unterschiedlich intensiver Publikumsbeteiligung mitgeprägt und inspiriert.

Dada – The Art of Nonsense

Der lautmalerische Name ‚Dada‘ bezog sich auf das allererste Stammeln kleiner Kinder und bezeichnete eine künstlerische Bewegung, die während des Ersten Weltkriegs in Zürich als Reaktion auf die Schrecken des Krieges entstanden war. Ihre Poesie und Performances nutzten oft die Mittel der Satire und des Absurden.

Für die Dada-Künstler stellte der Krieg alle Aspekte der Gesellschaft infrage. Wie die ersten kindlichen Worte, am Anfang jedes Lebens, so wollten sie einen ganz neuen Anfang suchen, das Traditionelle in der Kunst zerstören und durch eine neue Kunst ersetzen. Der Künstler Hans Arp schrieb damals:

„Von den Gemetzeln des Weltkrieges von 1914 empört, widmeten wir uns in Zürich den Künsten. Während in der Ferne die Geschütze dröhnten, sangen, malten, collagierten und dichteten wir mit aller Kraft.“

Damit war Dada ausgesprochen pazifistisch, antibürgerlich und stand politisch der radikalen Linken nahe.

Der Initiator von Dada war der Schriftsteller Hugo Ball. Er gründete 1916 in Zürich den satirischen Nachtclub Cabaret Voltaire und die Zeitschrift ‚Dada‘. Dada wurde zu einer internationalen Bewegung und schließlich zur Basis des Surrealismus im Paris der Nachkriegszeit.

Zu den führenden Dada-Künstlern gehören Hans Arp, Max Ernst, Marcel Duchamp, Francis Picabia und Kurt Schwitters. Wie Duchamp die Grundlagen der westlichen Kunst in Frage stellte, das sollte in der Folgezeit einen tiefgreifenden Einfluss haben.

Fluxus – Alles im Fluss

Fluxus wurde 1960 von dem litauisch-amerikanischen Künstler George Maciunas ‚erfunden‘. Aus einem kleinen internationalen Netzwerk von Künstlern und Komponisten entstand schließlich eine gemeinsame Geisteshaltung, die ihre Wurzeln in der experimentellen Musik hatte. Fluxus hieß auch eine Art Magazin oder Künstlerbuch, das Macunias initiiert hatte, in der u.a. Künstler aus dem Umfeld des Avantgarde-Komponisten John Cage vorgestellt wurden. Die New-School-Kurse in experimenteller Komposition dieser Schlüsselfigur wurden in den späten 50ern von George Brecht, Allan Kaprow, Dick Higgins, AI Hanson, Jackson Mac Low, Philip Corner und Richard Maxfield besucht wurden.

Das lateinische Wort Fluxus steht für fließen und auch im Englischen bezeichnet ‚flux‘ ein Fließen. Für Maciunas war der Zweck von Fluxus „eine revolutionäre Ebbe und Flut in der Kunst zu fördern“, eine lebendige ‚Anti-Kunst‘. Im Fluxus finden sich starke Anklänge an Dada.

Die erste Fluxus-Veranstaltung fand 1961 in der AG Gallery in New York statt, 1962 folgten Festivals in Europa. Die wichtigsten Zentren der Fluxus-Aktivitäten waren New York, Köln, Wiesbaden und Japan.

Fluxus spielte eine wichtige Rolle bei der Erweiterung des Kunstbegriffs und hat das Wesen der Kunstproduktion seit den 1960er Jahren tief greifend beeinflusst, in der eine Vielzahl von Kunstformen und -ansätzen nebeneinander existieren und gedeihen konnten.

Fluxus hatte keinen einzigen, alles verbindenden Stil. Die Künstlerinnen und Künstler nutzten ein Spektrum von Medien und Methoden und nahmen eine „Do-it-yourself“-Haltung zum kreativen Schaffen ein, inszenierten oft eher zufällige Performances und benutzten für ihre künstlerische Arbeit alle gerade verfügbaren Materialien. Indem sie sich selbst als eine Alternative zur akademischen Kunst und Musik betrachteten, war Fluxus eine demokratische Form der Kreativität, die jedem zugänglich war. Die Zusammenarbeit zwischen Künstlern und über verschiedene Kunstformen hinweg, aber auch mit dem Publikum oder den Zuschauern wurde angeregt. Man schätzte das Einfache und Unkommerzielle, wobei der Zufall und das Absichtslose bei der Schaffung von Werken sowie auch der Humor eine wichtige Rolle spielten.

Viele wichtige Avantgarde-Künstler der 60er Jahre waren an Fluxus beteiligt, darunter Joseph Beuys, Dick Higgins, Alice Hutchins, Yoko Ono, Nam June Paik, Ben Vautier, Robert Watts, Benjamin Patterson und Emmett Williams.

Videokunst

Video-Kunst beinhaltet die Verwendung von Video- und/oder Audiodaten und stützt sich auf bewegte Bilder.

Die Einführung von Video in den 1960er Jahren sollte die weitere Entwicklung der Kunst radikal verändern. Der wichtigste Aspekt von Video war, dass es billig und einfach herzustellen war und es den Künstlern ermöglichte, ihre Darbietungen einfach aufzuzeichnen und zu dokumentieren. Dadurch wurde der Standort ihrer Kunst weniger unter Druck gesetzt, was den Künstlern Freiheit außerhalb der Galerie gab.

Einer der frühen Pioniere des Videos war Bruce Nauman, der das Medium nutzte, um die im Verborgenen liegenden kreativen Prozesse des Künstlers sichtbar zu machen, indem er sich selbst in seinem Atelier filmte.  Als die Videotechnologie immer ausgefeilter wurde, entwickelte sich die Kunst von körnigen Schwarzweiß-Aufnahmen in Echtzeit hin zur gegenwärtigen Tendenz hin zu groß dimensionierten Installationen in Farbe, wie z.B. die Multi-Screen-Werke von Bill Viola. Andere Künstler, z.B. Gillian Wearing, verwenden einen dokumentarischen Stil, um Kunst über die weniger offensichtlichen Aspekte der Gesellschaft zu machen.

Interventionskunst

Diese Kunstform interagiert mit einer bestehenden Struktur oder Situation, einem anderen Kunstwerk, dem Publikum, einer Institution oder dem (Öffentlichen) Raum.

Die Interventionskunst wurde in den 1960er Jahren populär, als Künstler ihre eigene Rolle innerhalb der Gesellschaft und damit auch die Gesellschaft selbst radikal verändern wollten. Diese Künstler werden meist in der Nähe der Konzeptkunst und Performance-Kunst verortet.

Als Begründer des Situationismus wollte zum Beispiel der französische Filmemacher und Schriftsteller Guy Debord die Position des Zuschauers beseitigen. Im Jahr 1960 plante er eine Art Überfall um eine internationale Kunstkonferenz in Belgien zu stören. Andere Kollektive, wie die Artist Placement Group (APG) in London, versuchten mit künstlerischen Interventionen die Rolle des Künstlers in einem breiteren sozialen und politischen Kontext neu zu verorten. Sie agierten außerhalb des konventionellen Galeriesystems, indem sie Künstler in der Industrie und in Regierungsabteilungen platzierten, um so Veränderungen zu bewirken. Solche Interventionen dienten u.a. als Impulsgeber für Artist-in-Residence-Programme und gemeinschaftliche Aktionen von Künstlern.

Futurismus

Der Futurismus war eine italienische Kunstbewegung des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, welche die Dynamik und Energie der modernen Welt in der Kunst einfangen wollte. Diese Kunstform wurde 1909 von dem italienischen Dichter Filippo Tommaso Marinetti ins Leben gerufen, indem er sein Manifest des Futurismus auf der Titelseite der Pariser Zeitung Le Figaro veröffentlichte.

Unter den künstlerischen Strömungen der Moderne kritisierte insbesondere der Futurismus die Vergangenheit ausgesprochen vehement. Der Grund dafür war, dass in Italien die Kultur der Vergangenheit als besonders erdrückend empfunden wurde. Im Manifest behauptete Marinetti: „Schon zu lange ist Italien ein Markt von Trödlern. Wir wollen es von den unzähligen Museen befreien, die es wie zahllose Friedhöfe über und über bedecken.“

Die Futuristen schlugen stattdessen eine Kunst vor, die die moderne Industrialisierung und Technologie feierte: „Wir erklären … eine neue Schönheit, die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennauto … ist schöner als die Nike von Samothrake.“ (Eine antike griechische Skulptur im Pariser Louvre.)

Die futuristische Malerei verwendete Elemente des Neoimpressionismus und Kubismus, um Werke zu schaffen, in denen die Idee der Dynamik, der Energie und der Bewegung des modernen Lebens zum Ausdruck kommt.

Die wichtigsten Künstler des Futurismus waren Giacomo Balla, Umberto Boccioni und Gino Severini.

The Street Pavers, von Umberto Boccioni, 1914

The Street Pavers, von Umberto Boccioni, 1914

Installationen

Installationen, manchmal auch „Environments“, nehmen oft einen ganzen Raum oder Galerieraum ein, den der Betrachter durchschreitet um das Werk voll und ganz zu erfahren. Manche Installationen lassen sich einfach umschreiten und betrachten, andere sind aber so fragil, dass sie nur durch eine Tür oder von einem Ende des Raumes aus betrachtet werden können. Anders als bei der der Bildhauerei oder anderen traditionellen Kunstformen vermittelt die Installationskunst eine integrale Erfahrung. Sie beschränkt sich nicht auf die Präsentation einzelner voneinander unabhängiger Kunstwerke. Vornehmstes Thema der Installationskunst ist die Konzentration auf das Erlebnis des Betrachter und die ihm zu vermittelnde intensive Erfahrung. Für den Künstler Ilya Kabakov war der Betrachter der Hauptakteur das eigentliche Zentrum der Installation, der an das sich alles wendet, für das alles bestimmt ist.

Die Installationskunst entstand aus Environments, die Künstler wie Allan Kaprow sie etwa ab 1957 schufen. Zu den wichtigen Vorläufer zählte aber schon Kurt Schwitters‘ ‚Merzbau‘ von 1933, ein aus mehreren Räumen bestehendes Environment im Haus des Künstlers in Hannover.

Seit den 1960er Jahren hat sich die Installation zu einem wichtigen Aspekt der modernen Kunst entwickelt. Einen Schub erfuhr das Genre als in den frühen 1990er Jahren der „Crash“ des Kunstmarktes das Interesse an Kunst, die sich auf Ideen statt auf Objekte konzentriert, wieder erwachen ließ. Mixed-Media, Licht und Ton sind für die Installationskunst prominente Zutaten. Für Allan Kaprow war klar: „Objects of every sort are materials for the new art: paint, food, chairs, electric and neon lights, smoke, water, old socks, a dog, movies, a thousand other things which will be discovered by the present generation of artists.“

 

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Dadaismus / Werk von Marcel Duchamp: emka74 / Shutterstock.com
The Street Pavers, von Umberto Boccioni: Everett Collection/ Shutterstock.com
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