Die Statistiken zum Anteil der Online-Käufe in den letzten Jahren weisen in eine klare Richtung. Der Umsatz durch E-Commerce steigt stetig, und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. War es beispielsweise bis vor ein paar Jahren noch undenkbar, seine Lebensmittel über das Internet zu bestellen, tätigt heute bereits jeder sechste Deutsche zumindest gelegentlich einen Lebensmittelkauf im Netz. Knapp zwei Drittel der Deutschen shoppen sich online durch Angebote von Bekleidung und Gebrauchsgütern. Und auch der Anteil an Beauftragungen von Dienstleistungen im Web steigt weiter an.

Betreiber von Webshops stehen zunehmend vor der Herausforderung, sich gegen die Vielzahl an Wettbewerbern durchzusetzen. Denn der Kunde von heute hat vor allem eins: Auswahl. Doch wie schafft man es als Webshop-Betreiber, Kunden einerseits auf sein Angebot aufmerksam zu machen und, was viel entscheidender ist, letztendlich auch zum Kauf zu animieren?

So viel steht fest: Wer heute die Regeln von Suchmaschinenoptimierung, Usability und Responsive Webdesign nicht befolgt, hat kaum eine Chance, sich im Web-Dschungel der Mitbewerber zu behaupten. Inzwischen rückt jedoch eine weitere Disziplin in den Vordergrund: die Emotionalisierung im E-Commerce-Webdesign. Doch was heißt das eigentlich?

E-Commerce-Webdesign nach dem Vorbild des Visual Merchandisings

Eigentlich ist das Thema der Emotionalisierung gar nicht neu. Denn auch der stationäre Handel macht sich die Emotionen der Käufer seit langem zunutze. Visual Merchandising ist in diesem Zusammenhang zwar nicht der bekannteste Begriff, aber ein viel genutztes Instrument. Visual Merchandising bezeichnet die visuelle Absatzförderung am Point-of-Sale, womit nicht allein eine hübsche Gestaltung der Verkaufsflächen gemeint ist, sondern die direkte emotionale Ansprache der Zielgruppe.

Befinden sich zwei Geschäfte mit demselben Angebot und denselben Preisen direkt nebeneinander, entfallen also erste Kaufkriterien wie Distanz, Preis und Sortiment, wo kauft der Kunde? Er wird höchstwahrscheinlich den Laden auswählen, der positive Gefühle in ihm weckt.

Für dieses Ziel nutzt man im Visual Merchandising Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie. Das SOR-Modell erklärt in Kürze, wie ein Stimulus (S) auf einen Organismus (O) einwirkt, um Response (R) zu erreichen, also im Idealfall den Kauf.

Das Entscheidende ist der Stimulus. Versetzt man die beiden identischen Geschäfte beispielsweise in die Weihnachtszeit, wird der Kunde höchstwahrscheinlich dort kaufen, wo eines seiner liebsten Weihnachtslieder leise durch den Verkaufsraum schallt. Vielleicht umspielt auch unbemerkt der Geruch von Zimt seine Nase oder der Weihnachtsbaum im Eingangsbereich ist mit Strohsternen geschmückt, wie es in der Kindheit des Käufers bei den geliebten Großeltern üblich war.

Genau an dieser Stelle besteht übrigens die Herausforderung. All diese Stimuli funktionieren nur, wenn der Kunde tatsächlich ein Weihnachtsfan ist und positive Assoziationen mit der Weihnachtszeit verbindet. Ein wahrer Weihnachtsmuffel macht möglicherweise auf dem Absatz kehrt und wählt das Geschäft nebenan, in dem man auf eher schlichte Dekoration und neutrale Gestaltung setzt.

Damit Visual Merchandising funktioniert, bedarf es einer umfangreichen Marketing-Strategie mitsamt Kommunikationskonzept und insbesondere der Zielgruppenanalyse.

Positive Assoziationen durch Storytelling im E-Commerce-Webdesign

Das angeführte Beispiel mit Zimtstern und Weihnachtsmusik in der Adventszeit ist zugegebenermaßen sehr plakativ. Es macht jedoch deutlich, wie wichtig die Kenntnisse über die eigene Zielgruppe sind. Denn auch im E-Commerce-Webdesign kommt es darauf an, mit einem Stimulus den Kunden so anzusprechen, dass positive Assoziationen geweckt werden. Bei zwei Webshops mit demselben Angebot wird der Kunde also dort kaufen, wo ihn eine Kleinigkeit mehr anspricht als im Shop des Wettbewerbers.

Für E-Commerce-Webdesign ist das Storytelling von hoher Relevanz. Kunden eines Onlineshops können nichts riechen oder schmecken, sie müssen auf andere Art angesprochen werden. Deshalb genügt es nicht, seine Produkte mit hübschen Bildern zu präsentieren. In einem Webshop für Trekking- und Outdoor-Ausrüstung ist das Bild eines Wanderschuhs mitsamt detaillierten Aufnahmen von Material und Profil natürlich vorteilhaft. Doch Emotionen weckt so ein Schuh-Foto wohl eher nicht.

Bereits auf der Startseite eines solchen Shops können passende Bilder jedoch Emotionen und Sehnsüchte wecken. Ein Bild eines offenkundig trekkingerprobten jungen Paares, was glücklich von einem Berggipfel ins weite Tal blickt, weckt Abenteuerlust und erinnert den Shop-Besucher womöglich an den anstrengenden aber erfolgreichen eigenen Gipfelaufstieg im letzten Urlaub. Ähnlich verhält es sich mit Produktbeschreibungen. Sicherlich sind die reinen Informationen über ein Produkt notwendig. Wer es aber schafft, mit textlichem Content Bilder vor dem geistigen Auge des Lesers zu generieren, hebt sich deutlich von rein beschreibenden Produkttexten ab.

Die Entscheidung über das passende E-Commerce-Webdesign fällt bereits mit Geschlecht und Altersstruktur der Zielgruppe. Ein Webshop, der ausschließlich Kosmetika für eine weibliche Zielgruppe anbietet, kann sich anders präsentieren als ein Onlineshop mit Pflegeprodukten für die ganze Familie. Die Unterscheidung beginnt bei der gewählten Farbpalette für das Webdesign und steigert sich in der Auswahl an Formen, Aufbau und teilweise sogar der Navigationsstruktur. Aber auch die direkte wörtliche Ansprache der User hat einen Einfluss auf die Wahrnehmung und die Emotionalität.

Zusammenfassung

Wie in sehr vielen anderen Designbereichen ist also auch im E-Commerce-Webdesign der User das A und O. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, sollte jeder Webshop-Betreiber seine Zielgruppe genau kennen und sein E-Commerce-Webdesign auf diesen Erkenntnissen aufbauen. Informationen sind auch in Onlineshops weiterhin sehr wichtig. Allerdings kommt es bei der Präsentation des Sortiments heutzutage besonders auf die Ansprache der Zielgruppe an.

Für Shop-Betreiber sind natürlich Herausforderungen in Sachen Suchmaschinenoptimierung, Website-Struktur und –Navigation sowie allgemeine Maßgaben zu User Centered Design und Usability wichtige Erfolgskriterien, um überhaupt konkurrenzfähig zu werden bzw. zu bleiben. Wer es aber zudem schafft, seine Zielgruppe genau zu analysieren und sein E-Commerce-Webdesign nach diesen Vorlieben, Eigenheiten und vielleicht auch Erwartungen ausrichtet, erzeugt Vertrauen und schafft langfristig eine starke Kundenbindung.

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