Vor 17 Jahren wurde der „World IP Day“, der ‘Welttag des geistigen Eigentums’ von der WIPO, der UN-Sonderorganisation für geistiges Eigentum, ausgerufen, um die überragende Rolle und den Wert von Kreativität und geistig schöpferischen Errungenschaften für die Menschheit zu feiern. Der alljährliche Welttag will Themen und Aktivitäten zum gewerblichen Rechtsschutz fördern und ihre öffentliche Wahrnehmung verstärken.
‘Daniela Düsentrieb’ holt mächtig auf.
Beim Welttag des geistigen Eigentums am 26. April 2018 stand der Erfindergeist der Frauen im Fokus, der zunehmend an Fahrt gewinnt und die technisch, ästhetische Erneuerung um eine neue Facette bereichert.
Denn nicht nur in den kreativen Disziplinen wie, Film, Musik, Mode oder Produktdesign sondern immer häufiger auch in den naturwissenschaftlichen Bereichen wie z.B. der Nanotechnologie, der Medizin oder Robotik tragen Frauen mit ihren Erfindungen zur Innovation bei. Ihre besonderen Leistungen sollen junge Frauen motivieren, die Erfinderinnen von morgen zu werden.
Informationsveranstaltungen in zehn deutschen Städten
Zum Welttag des geistigen Eigentums am 26. April informierten das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) und seine Partner wieder über Innovation und gewerblichen Rechtsschutz. Unter anderem wurden Einführungen in die Themen Marken- und Patentanmeldung, Vorträge zum Innovationsmanagement und Beratungsangebote zum Schutz vor Produktpiraterie angeboten. Dabei kooperiert das DPMA mit den regionalen Patentinformationszentren und anderen Institutionen. Interessant sind die Veranstaltungen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, Startups und Studierende
Das Deutsche Patent- und Markenamt
Erfindergeist und Kreativität brauchen wirksamen Schutz. Das DPMA ist das deutsche Kompetenzzentrum für alle Schutzrechte des geistigen Eigentums – für Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs. Als größtes nationales Patentamt in Europa und fünftgrößtes nationales Patentamt der Welt steht es für die Zukunft des Erfinderlandes Deutschland in einer globalisierten Wirtschaft. 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in München, Jena und Berlin sind Dienstleister für Erfinder und Unternehmen. Sie setzen Innovationsstrategien des Bundes um und entwickeln die nationalen, europäischen und internationalen Schutzsysteme weiter. (Quelle: DPMA)
Ein Interview mit der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts, Cornelia Rudloff-Schäffer, zum Welttag des geistigen Eigentums.
Die Globalisierung bringt, so sollte man annehmen, größere Kollisionsrisiken mit sich. Wie ist es in der globalisierten Welt um die Sicherheit des geistigen Eigentums wie z.B. Produktentwürfen bestellt?
Es gibt heute international grundsätzlich großes Einvernehmen darüber, dass geistiges Eigentum geschützt werden muss, um Innovation und Fortschritt und damit Wachstum und Wohlstand zu fördern. 152 von 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben zum Beispiel den Patentzusammenarbeitsvertrag unterzeichnet. Sie sind Mitglied des sogenannten PCT-Systems im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (http://www.wipo.int/portal/en/index.html) und bekennen sich offiziell zu gemeinsamen Regeln beim gewerblichen Rechtsschutz. Das sind rund 80 Prozent aller Staaten, darunter alle wichtigen Märkte. Dennoch gibt es natürlich große Unterschiede, wenn es um die Möglichkeit geht, Schutzrechte auch durchzusetzen. Nicht überall funktionieren Rechtssysteme gleichermaßen gut.
Auch wenn die Recherche inzwischen zumindest teilweise schon von den zukünftigen Anmeldern übernommen werden kann … Braucht man auf jeden Fall einen Patentanwalt?
Für die Anmeldung eines Patents, eines Gebrauchsmusters, einer Marke oder eines Designs beim DPMA ist grundsätzlich nicht zwingend ein Patentanwalt nötig. Wir bemühen uns, gemeinsam mit Partnern wie den regionalen Patentinformationszentren und durch umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit, die Anmeldung so einfach wie möglich zu machen. Doch natürlich bleiben die Prozesse komplex. Die Erfahrung zeigt, dass Privatanmeldungen häufig formelle Fehler enthalten und schon deshalb immer wieder scheitern. Wer eine wichtige Erfindung oder eine vielversprechende Marke anmelden möchte, macht sicher keinen Fehler, wenn er sich einen erfahrenen Fachmann oder eine Fachfrau an die Seite holt.
Im Bereich des geistigen Eigentums gibt es viele wichtige völkerrechtliche Verträge und Übereinkommen, insbesondere der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf, die vom Bundestag durch deutsche Gesetze in nationales Recht überführt wurden. Teilweise werden Regelungen in Verordnungen und Richtlinien zur Harmonisierung des Patent-, Marken- und Designrechts auch auf europäischer Ebene für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union getroffen, wobei das Europäische Parlament mitwirkt.
Dieses Jahr steht im Zeichen weiblicher Genialität. Verzeichnen Patente auf Geistesblitze genialer Frauen Zuwachs? Was lassen Frauen patentieren?
Betrachtet man das Gesamtaufkommen an Patentanmeldungen, die ja für technische Erfindungen eingehen, sind Frauen sicher noch stark unterrepräsentiert. Die Zahl der Erfindungen von Frauen ist zum Beispiel in der Chemie oder in der Biotechnologie deutlich höher als in den klassischen Ingenieurdisziplinen. Wenn wir aber das Innovationspotenzial unseres Landes voll ausschöpfen wollen, brauchen wir insgesamt mehr Erfinderinnen. Wir müssen mehr Mädchen und Frauen für technische und naturwissenschaftliche Berufe begeistern. Von den Arbeitnehmern in Deutschland in MINT-Berufen sind nur gut 15 Prozent Frauen. Allerdings ist die Zahl der weiblichen Studierenden in diesen Fächern zuletzt deutlich gestiegen. Bei den „Jugend-forscht“-Wettbewerben liegt der Anteil der Teilnehmerinnen inzwischen bei fast 40 Prozent. Neben anderen Organisationen und Unternehmen engagieren wir als DPMA uns in der bundesweiten Netzwerk-Initiative „Komm mach MINT.“ die Mädchen für Technik und Naturwissenschaften begeistern soll. Solche und ähnliche Anstrengungen zahlen sich offenbar langsam aus.
Das DPMA veranstaltet im gesamten Bundesgebiet Workshops. Wie werden sie angenommen? Wer kommt? Was sind die populärsten Themen?
Wir bekommen sehr positive Rückmeldungen. Das Interesse an Schutzrechten ist da – auch wenn das Thema wegen seiner wirtschaftlichen Bedeutung noch stärker in den Fokus von Politik und Gesellschaft gehört. Es kommen Vertreter bestehender Unternehmen, aber auch Gründer, Studierende und interessierte Laien. Besonders interessiert sind die Kunden an praktischen Tipps und Anleitung zur Anmeldung von Patenten, Gebrauchsmustern, Marken und Designs. Wegen des allgemeinen Interesses gibt es aber zum Beispiel auch einige Vorträge und Seminare zum Produktschutz in China.
Die chinesische Kultur sieht im Kopieren des Werkes von Meistern eine Verneigung vor deren Ingeniosität, Fertigungskunst und Kreativität. Wie groß ist das Problem chinesischer Plagiate und wie gut sind die Chancen, sich vor ihnen zu schützen?
In der Tat gibt es in China ein anderes kulturelles Verständnis. Die chinesische Regierung tut aber nach unserer Wahrnehmung viel, um den internationalen Anforderungen gerecht zu werden. Die Chinesen investieren massiv in ein System zum Schutz geistigen Eigentums. Sie schaffen Patentgerichte, das Patentamt hat mehr als 11.000 Patentprüfer und -prüferinnen und stellt kontinuierlich weitere Experten ein. Das Ziel ist ein gut funktionierendes System, wie wir es zum Beispiel in Europa haben. Das DPMA hat daran in den vergangenen Jahrzehnten übrigens stark mitgewirkt. Seit mehr als 30 Jahren pflegen wir eine aktive Kooperation mit unseren chinesischen Kollegen. Die Chancen deutscher Unternehmen, Schutzrechte in China erfolgreich durchzusetzen, sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
Nicht wenigen Kreativen wie z.B. Produkt-, Grafik oder Gamedesignern erscheint der Schutz ihrer Entwürfe zu kostspielig. Sind Patent- und Markenschutz Privilegien von Firmen und Personen mit tiefen Taschen? Gibt es Fördermöglichkeiten für Einzelkämpfer?
Es gibt Fördermöglichkeiten, vor allem für Unternehmensgründer mit überzeugenden neuen Produkten und Geschäftsmodellen. Aber die Fördertöpfe für kreative Erfinder und Designer sind sicher ausbaufähig. Trotzdem: Gerade wer von den wirtschaftlichen Erfolgsaussichten eines Patents, einer Marke oder eines Designs überzeugt ist, sollte diese dringend schützen. Für kleinere Unternehmen, deren Existenz zunächst an wenigen Produkten hängt, kann das überlebenswichtig sein.
Wie haben sich die Anmeldungszahlen für Marken bzw. Produkte und Verfahren entwickelt?
Bei den Marken sind die Zahlen beim DPMA stark gestiegen. 2017 wurden bei uns 76.719 Marken angemeldet – so viele wie seit neun Jahren nicht mehr. Die Patentanmeldezahlen befinden sich mit 67.707 auf dem Niveau von 2016, als wir ein Allzeithoch zu verzeichnen hatten. Die Designanmeldungen sind dagegen leider rückläufig.
Wo steht Deutschland im weltweiten Vergleich bei den Anmeldungen?
Bei den Patentanmeldungen steht Deutschland in der Spitzengruppe. Beim DPMA naturgemäß sowieso. Aber zum Beispiel auch beim Europäischen Patentamt liegen die deutschen Anmelder hinter den US-Amerikanern auf Platz zwei.
Worin sehen Sie die drängendste Thematik, die größte Herausforderung im Patentrecht?
Die größten Herausforderungen liegen zum einen im ständig wachsenden Prüfstoff der durch die stark gestiegenen Patentanmeldungen weltweit entsteht. Bei der Patentprüfung sind all diese Dokumente zu berücksichtigen, um sicherzugehen, dass die zum Patent angemeldete Erfindung weltweit neu ist. Hinzu kommt die stetig ansteigende Komplexität neuer Technologien. Auch wenn hier durch elektronische Unterstützung und hochpotente Datenbanken effektiver als früher gearbeitet werden kann, braucht es zur analytischen Betrachtung und patentrechtlichen Bewertung mehr Stellen für kluge Köpfe beim DPMA. Das scheint mir die größte Herausforderung, wenn wir unsere riesigen Arbeitsaufträge in angemessener Zeit bewältigen sollen.
Frau Rudloff-Schäffer, vielen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten!
Interview von DESIGNBOTE Redakteur Wolfgang Linneweber
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