Große Marken und Global Player haben es lange erkannt und weitreichend umgesetzt. Inzwischen steht es auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen im Kommunikationskonzept ganz oben: Digital Branding. Die darunter verstandenen Maßnahmen, die auch unter den Bezeichnungen „Digitale Markenführung“ oder „Interactive Branding“ zu finden sind, haben heutzutage entscheidenden Einfluss auf die Sichtbarkeit von Marken im World Wide Web.
Digital Branding: Erfolgsfaktor im Branding-Prozess
Damit ein Unternehmen oder sein Produkt zur Marke werden können, bedarf es gezielter Handlungsweisen, die auf einer zuvor geplanten Branding-Strategie aufbauen sollten. Das Branding setzt sich aus verschiedenen Prozessen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen zusammen. Die Basis für den Markenaufbau ist sicherlich das Unternehmen selbst. Sein Handeln und auch die Vertrauenswürdigkeit seiner Produkte bestimmen das sogenannte Corporate Behaviour.
Passend dazu gilt es, einen eigenen Look zu entwickeln. Dazu zählt beispielsweise ein Logo mit Wiedererkennungswert oder auch eine eigene Hausschrift. Dieser Bereich fällt unter das Corporate Design. In Verbindung mit gewählten Kommunikationsmaßnahmen und internen wie externen Kommunikationsformen, die beispielsweise durch Marketingmaßnahmen transportiert werden, entsteht die Corporate Identity.
Eine glaubwürdige Corporate Identity ist die Basis für die langfristige Etablierung einer Marke. Allerdings kommt in der heutigen Zeit der Digitalisierung ein weiterer Aspekt hinzu: die Kommunikation und Präsentation im digitalen Umfeld. Heute genügt es nicht mehr, ein erfolgreiches Produkt auf dem Markt zu positionieren und von Zeit zu Zeit eine nette Image-Kampagne über Funk und Fernsehen zu verbreiten. Heute will der Kunde partizipieren und die Marke in ihrer Gesamtheit fühlen. Was etwas befremdlich erscheinen mag, ist als sogenanntes Digital Branding inzwischen wohl einer der wichtigsten Aspekte einer erfolgreichen Branding-Strategie.
Wie funktioniert Digital Branding?
Digital Branding bedeutet, die Marke konsistent zur Brand Identity im Online-Umfeld zu positionieren. Dabei spielen einerseits die bisher gewählten Kanäle der Corporate Communication eine Rolle. Andererseits ist es wichtig, die Digital Branding Strategie der Marke und insbesondere dem Image der Marke anzupassen. Blinder Aktionismus auf allen verfügbaren Online-Kanälen könnte dem Markenimage mehr schaden als nutzen.
Um Maßnahmen rund um das Digital Branding konsistent und erfolgreich im World Wide Web einzusetzen, bedarf es der passenden Strategie. Diese Strategie kann von Unternehmen zu Unternehmen variieren, beinhaltet in der Regel jedoch ein paar feste Eckdaten, die es zu beachten gilt.
Analyse der Zielgruppe
Eine erfolgreiche Digital Branding Strategie lässt sich nur entwickeln und umsetzen, wenn das Ziel klar definiert ist. Was möchte das Unternehmen durch seine digitale Präsenz erreichen? Wer sucht nach dem Unternehmen? Es macht natürlich einen Unterschied, ob sich das Portfolio des Anbieters an junge Erwachsene der sogenannten Generation Z richtet oder ob ein Angebot eher traditionell und klassisch ausgerichtet ist.
Ein Beispiel: Ein Unternehmen, was sein Angebot im Bio-Segment platziert hat und vielleicht eine vegane Produktlinie anbietet, hat eine andere Zielgruppe als ein Hersteller für Autoreifen. Und doch ist es für beide Unternehmen von entscheidender Bedeutung, geeignete Maßnahmen auch online einzusetzen. Während die bio-interessierte Zielgruppe womöglich nach Herkunft und Produktion der jeweiligen Produkte sucht und an den Zulieferern und Herstellungsprozessen interessiert ist, sucht der Auto-Fan möglicherweise nach den neuesten Tests und Top-Preisen von Autoreifen.
Sichtbarkeit durch Suchmaschinenoptimierung
Mit der Kenntnis über die Zielgruppe beginnt der Prozess der Findability. Der Begriff meint die Auffindbarkeit einer Marke im World Wide Web. Wenn der interessierte User also nach der Marke oder einem bestimmten Produkt sucht, sollte er ohne große Umschweife ein Ergebnis erhalten. Und das unabhängig davon, zu welcher Tageszeit er sucht oder von welchem Endgerät.
Eine gute Website ist heute sicherlich ein Muss für jedes Unternehmen. Aber die Website allein macht noch kein Digital Branding. Auch die Online-Präsenz muss auf die Zielgruppe ausgerichtet sein und vor allem auch von ihr gefunden werden können. Maßnahmen der Suchmaschinenoptimierung, wozu unter anderem die Keyword-Recherche sowie die zielgruppengerichtete Gestaltung der Landingpages zählen, sind die Basis für die Sichtbarkeit im Netz.
Doch auch die technische Ausrichtung zählt zu den SEO-Erfolgsfaktoren. Die Ladezeit einer Seite, die Nutzerführung auf der Seite, die Usability und die Customer Journey, all diese Kriterien beeinflussen den Prozess digitaler Markenführung. Nicht zuletzt bieten sich heute weitreichende Möglichkeiten der digitalen Sichtbarkeit, die über die klassische Website hinausgehen.
Ein Unternehmen muss deshalb im Rahmen seiner Digital Branding Strategie frühzeitig entscheiden, ob eine Website mit Responsive Webdesign für die Zielgruppe geeignet ist. Möglicherweise ist die Programmierung einer Progressive Web App sinnvoll, um die Zielgruppe zu erreichen. Denn auch diese verhältnismäßig junge Form der Web-Applikationen ist suchmaschinenrelevant, responsive und die Inhalte sind sogar offline verfügbar.
Interaktion durch Social Media
Das Digital Branding wird im englischsprachigen Raum als Interactive Branding bezeichnet, was das Kernelement dieser Branding-Maßnahmen verdeutlicht: Die Interaktion mit dem User steht im Vordergrund. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Ein traditionelles Unternehmen, dessen Markenimage hochwertig, seriös und klassisch etabliert ist, sollte die Unternehmenspräsenz auf Facebook, YouTube oder Instagram gewissenhaft vorbereiten. Auch wenn es das Ziel sein könnte, in Social Networks eine junge Zielgruppe anzusprechen, kann dieser Versuch zum Drahtseilakt werden.
Womöglich gibt das Portfolio des Unternehmens die Ansprache junger Nutzer nicht her. In diesem Fall könnte eine Präsenz auf Facebook & Co. die Stammkundschaft eher irritieren oder gar verschrecken. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Auffindbarkeit in sozialen Netzwerken ist nur dann sinnvoll, wenn auch die Markenkommunikation auf diesen Kanälen perfekt auf das Image der Marke ausgerichtet wird. Eine zwanghaft lockere Jugendsprache führt nur in den wenigsten Fällen zum Erfolg.
Konsistenz durch einheitliche Kommunikation und Digital Styleguide
An diesem Punkt knüpft die konsistente Kommunikation der Marke an. Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Digital Branding besteht in der Einheitlichkeit der Markenpräsenz. Sprache, Kommunikationsformen und Bilder müssen ideal zur Corporate Identity passen. Weil auf Social-Media-Plattformen nur wenig individuelle Gestaltungsmöglichkeiten in Sachen Farben, Schriften und Formen vorgesehen sind, muss besonders an dieser Stelle die Kommunikation im Fokus stehen.
Wo es möglich ist, sollte ein Digital Styleguide eingehalten werden. So können Bilder, die in sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, stets die Farbgebung des Corporate Designs aufweisen oder das Logo des Unternehmens integriert haben. Dasselbe gilt natürlich auch für E-Mails oder jede andere Form von Korrespondenzen im Unternehmen.
Content Marketing
In Zeiten von Social Media genügt es nicht, rein werbliche Inhalte online wie offline zu verbreiten. Heute möchte der Kunde einen Mehrwert. Hier ist Storytelling gefragt. Der User möchte sich angesprochen fühlen, teilhaben und im Idealfall sogar mitwirken. Ein Beispiel für gelungenes Content Marketing ist eine Kampagne von Coca-Cola aus dem Jahr 2013.
Im deutschsprachigen Raum war die Kampagne unter „Trink ‘ne Cola mit“ bekannt. International hieß sie „Share a Coke“. Coca-Cola bedruckte seinerzeit seine Etiketten nicht mehr mit dem weltweit bekannten weiß-roten Logo, sondern mit 150 Namen und Kosenamen. Auf der Website des Konzerns konnten die Kunden sogar Etiketten personalisieren, mit dem Wunschnamen bedrucken und zu sich nach Hause schicken lassen. Auf Facebook war das Teilen der virtuellen Cola möglich. Die Kampagne wurde weltweit zum Erfolg und erhielt ein Jahr später den Effie, der als Oscar der Werbebranche gilt.
Die Kunst des Content Marketings ist die Emotionalisierung der Inhalte. Dass ein Produkt verfügbar ist, gehört heute für digitale User zum Alltag. Deshalb besteht die eigentliche Herausforderung darin, dass Interesse des Users zu wecken, ihn emotional anzusprechen und darüber zu binden. Sicherlich keine einfache Aufgabe, denn auch in diesem Falle ist das Wissen über die eigene Zielgruppe die Basis zum Erfolg.
Crossmediale Vernetzung und Multi-Channel-Kampagnen
Digital Branding bedeutet Sichtbarkeit auf Kanälen, die zur Marke passen. Dabei beginnt die Sichtbarkeit auch heute noch im Offline-Bereich. Je nach Angebot sollte ein Produkt natürlich auch offline verfügbar sein. Auch Werbemaßnahmen in geeigneten Print-Magazinen können ebenso zur Sichtbarkeit beitragen wie die Präsentation mit markengerechtem Exhibition Design auf Veranstaltungen und Messen.
Multi-Chanel-Kampagnen sorgen für die konsistente Wahrnehmung der Marke. Wer die passenden Kanäle wählt, erreicht eine weit gefächerte Aufmerksamkeit der jeweiligen Untergruppen seiner Zielgruppe. Doch auch hier gilt es, die Marke online wie offline konsistent und glaubwürdig zu präsentieren. Die kanalübergreifende Markenkonsistenz ist entscheidend im Digital Branding und generellen Branding-Prozess.
Digital Branding: User Experience wird zur Brand Experience
Das Digital Branding bedeutet weit mehr als die Sichtbarkeit einer Marke im Netz. Der User von heute möchte teilhaben und mitreden. So sind Kontaktformulare auf Websites und in Online-Shops ebenso wichtig wie die direkte Ansprache über geeignete Social-Media-Kanäle. Doch nicht nur die Verfügbarkeit solcher Dienste und Möglichkeiten beeinflussen die User Experience unmittelbar.
Sobald ein Kontaktformular genutzt oder eine Anfrage gestellt wird, muss diese auch umgehend bearbeitet und der Kontakt zum Kunden aufgenommen werden. Andernfalls schlägt die Digital Branding Maßnahme im Handumdrehen ins Gegenteil um. Wer als Kunde keine Antwort auf eine Anfrage erhält, ist rasch frustriert. Und Emotionen sind im Digital Branding Erfolgsfaktor Nummer eins.
Wer es allerdings schafft, sein Digital Branding im wahrsten Sinne zum Interactive Branding werden zu lassen, wird die Vertrauenswürdigkeit seiner Marke langfristig steigern können. Eine Marke muss heute erlebbar sein und darüber hinaus positive Emotionen und Assoziationen wecken können. Das Digital Branding birgt einige Stolperfallen. Richtig angewendet und konsistent wie konsequent umgesetzt, erhöht es jedoch das Vertrauen der User und erreicht im besten Falle eine ganz eigene, einzigartige Brand Experience.Stock Photos
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1 Kommentare
Hildesheimer
Schöner und ausführlicher Artikel. Aus meiner Erfahrung heraus sind es vor allem “Zielgruppenanalyse und Emotionalisierung” die langfristig dafür sorgen eine Beziehung zwischen dem Nutzer und der Marke aufzubauen. Das im gesamten Mediamix natürlich noch andere Faktoren dazu kommen ist klar, den Grundstein kann man nur legen wenn man seine Zielgruppe kennt und weiß wie man sie emotional anspricht.