Design aus Berlin hat viele Gesichter.

An dieser Stelle präsentiert DESIGNBOTE eine exemplarische Auswahl Berliner Designer, die kontinuierlich erweitert werden soll. Die Redaktion freut sich über Eure Tipps, Ergänzungen und Anregungen an redaktion@designbote.com

Carsten Gollnick (1966, Berlin)

Ausgesprochen funktional, formal attraktiv und gefühlsgeladen: Wie sinnlich Design sein kann, das beweisen die Produkte des an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig ausgebildeten Berliners.

Die für Anta entworfene Schreibtischleuchte ‚Gaspare‘, Aufbewahrungsboxen für Ligne Roset Sitzkissen- und Tablett-Serie ‚Conmoto‘ sprechen nicht nur durch die Harmonie ihres formalen Idioms zu uns, sondern auch durch ihre distinguierte Materialität. Massive Eiche, amerikanischer Nussbaum, Edelstahl, Porzellan, Leder und fein lackierte Innenflächen vermitteln zurückhaltende Eleganz und Wertigkeit, bisweilen mit einem japanischen Touch.

Gollnik stimuliert die Sinne mit originellen Kombinationen: Dicke Filzsockel verleihen eleganten Gläsern Standfestigkeit, technische Produkte, wie zum Beispiel eine Espressomühle für Mahlkönig, verströmen kühlen industriellen Charme; eine Pfeffermühle kombiniert Textil und mattierten Edelstahl, verwirrend sinnlich und haptisch interessant.

Bis 1997 war sein Studio in Hamburg beheimatet, doch 2002 zog es Gollnick wieder in seine Geburtsstadt Berlin. Der Designer konnte sich schon einige renommierte Auszeichnungen aufs Kaminsims stellen: Mehrere iF Awards, Red Dot Awards, German Design Awards, Interior Innovation Awards u.v.m.

www.gollnick-design.de

 

Tassilo von Grolman (1942, Iserlohn)

Zunächst ab 1975 in Frankfurt selbstständig, verlegt er sein Studio 1981 nach Oberursel. 1990 Grolman Mitgründer des Deutschen Designer Club (DDC) und bleibt bis 1997 dessen Präsident. Seit 2011 lebt und wirkt der Designer in Berlin.

Grolman gestaltete viele Produkte, Verpackungen und Corporate Designs renommierter Marken. Thermoskannen für Alfi, Porzellan für Rosenthal, eine Teekannen-Ikone für Mono, Verpackungen und komplette Firmenauftritte. Das Rüstzeug zum Alrounder erwarb er sich als Designer mit einer Lehre als  Schlosser bei AEG in Oldenburg, einem Maschinenbaustudium in Lage/Lippe und Berlin, und einem Jahr auf See. Die Krönung seines Werdeganges war ein Industrial Design-Studium an der Hochschule für Gestaltung in Kassel. Nach eigenem Bekunden ‚erlernte‘ er dort neben Design, auch Kenntnisse in Marketing, (Innen-)Architektur und – für ihn am wichtigsten – Stilsicherheit. Seinem Lehrer, dem documenta-Gründer Arnold Bode, verdankt Grolman einen „wirklich guten Geschmack“, ohne den gutes Design schlicht nicht denkbar sei.

tassilo-von-grolman.de

 

Axel Kufus (1958, Essen)

In den 80er-Jahren sorgte die Strömung des Neuen Deutschen Designs kurzzeitig für fröhlich anarchistischen Wirbel. Und genau da landetet Kufus einen Designdauerbrenner mit dem aufs Minimum reduzierten Systemregal FNP, sein zeittypisch ironisches Kürzel für ‚Flächennutzungsplan‘.

Ein paar Stunden reichten, um aus rohen MDF-Platten und alles verbindendem Aluminiumprofil neuen Stauraum für sein Büro zu schaffen. Die zugrunde liegende Idee war, auch typisch für die wilde Epoche, höchst emanzipatorisch: Geh zu deinem Tischler und lass dir das Gebilde zuschneiden, aufbauen kannst du’s ja selbst.

FNP und seine Variationen wurde zum alle Zeiten überdauernden Bestseller des Design-Anbieters Nils Holger Moormann. Kufus hat seit 2004 eine Professur an der Berliner Universität der Künste inne und beweist mit Ringen, Armbändern und Colliers für Biegel Contemporary Jewelry eine spielerischere Facette seines Schaffens. Auch die LUX Armbanduhr für Glashütte spricht dieses klare stilistische Idiom, das Kufus mit seinem ebenso geradlinigen wie edlen ‚SideBoard‘ in zeitloses Möbeldesign übersetzt.

www.kufus.de

Peter Raacke (1928, Hanau)

Sein Name wird fast automatisch mit Pappmöbeln assoziiert, denn Raacke machte dieses Material aus Papiermasché quasi salonfähig, und das schon vor über vier Dekaden, in den grauen öden Sechzigern.

Raackes leichte, farbenfrohe und materialbedingt relativ ‚billige‘ Möbel brachen mit Tabus und ebneten dem damals aufkeimenden Wunsch nach unkonventioneller Mobilität den Weg. Raacke gestaltete im Übrigen auch das bekannte Besteck ‚Mono‘, mit einer Formensprache in der Tradition des Bauhauses. Die kurvenreiche Karriere des gelernten Gold- und Silberschmiedes verlief über mehrere Fachschulen, bevor er 1947 die Leitung der Tübinger Bernsteinmanufaktur übernahm. Er war Dozent an den Hochschulen für Gestaltung in Darmstadt, Saarbrücken, Kassel und Ulm. 1958 war er Mitbegründer des Verband der deutschen Industriedesigner. 1966 startete er sein Designbüro in Hanau, 1972 eines in Hamburg. Seit 1990 lebt und arbeitet Raacke in Berlin.

raacke.com

 

Tom Schlotfeldt (1954, Hamburg)

Das Gestaltungsprinzip des Lichtdesigners ist straight wie der Lichtstrahl.  Ganz Hanseat verließ er die Perle an der Elbe nur für ein Studium an der Berliner Universität der Künste (UdK).

Schlodtfeld verhilft seitdem Licht und Lichtquellen aller Formen und Formate zur idealen Gestalt. Sein Oeuvre umfasst Lichtschalter für den Hersteller Berker, hoch funktionale Stehleuchten für prestigeträchtige Marken wie Zumtobel, iGuzzini oder Artemide und sogar die Stadionbeleuchtung des Frankfurter Waldstadions. Ganz groß gedacht ist sein totales Lichtkonzept für die Reißbrettstadt Lingang New City in China, unter Federführung des Hamburger Architekturbüros GMP. Schlotfeldt wurde vielfach, u.a. mit dem Design Plus Award und dem Red Dot Award ausgezeichnet. Seit 2000 wirkt der Designer auch in einem zweiten Büro in Berlin.

schlotfeldtlicht.de

 

Elisa Strozyk (1982, Berlin)

Innovativer Materialeinsatz ist das Markenzeichen der gebürtigen Berlinerin. Strozyk sorgte genau damit schon 2009 beim D3 Contest der Kölner Möbelmesse mit ihrer Kollektion ‚Wooden Carpet‘ für Aufsehen.

Nach langem Experimentieren gelang es Strozyk nämlich, Holz in Form hauchdünner Furnierplättchen in eine textile Anmutungsqualität zu transformieren. Vielfarbige lasergeschnittene Dreiecke werden, einem Quilt nicht unähnlich, planvoll auf einem textilen Untergrund fixiert. Das Changieren der verschieden verlaufenden Maserungen und Farbigkeiten verleiht dem an sich flachen Medium die Illusion von Dreidimensionalität wie man sie von Intarsienarbeiten kennt.

Beim ‚Accordeon Cabinet‘, einer Kooperation mit dem Künstler Sebastian Neeb, geht sie einen Schritt weiter in Richtung Funktionalität. Die Türen der Kommode lassen sich nämlich wie ein Akkordeon zur Seite auffalten. Für ihre unkonventionellen Ansätze wurde die Designerin mehrfach, u.a. auch mit dem Nachwuchs-Designpreis der BRD 2010 ausgezeichnet.

elisastrozyk.de

 

Masayo Ave (1962, Tokyo)

Professorin Masayo Ave ist Gründerin des Designstudios MasayoAve Creation und des SED.Lab, einem Labor für sensorische Designforschung in Berlin. Die Japanerin verschmilzt Kultur mit Wissenschaft und nutzt ihre Kenntnisse zum Entwurf innovativer, an das sinnliche Erleben appellierender Projekte.

Nach einem Abschluss in Architektur an der Hosei University startete Ave in den frühen Neunzigern ihre Karriere in Mailand. Mit ihrem Fokus auf Rohstoffforschung und experimentelles Design erntete Ave Kritikerlob und zahlreiche Design Awards.

Seit den frühen 2000er Jahren begann Masayo Ave sich auf dem Feld der Designausbildung zu engagieren und bekleidete Professuren an der Universität der Künste in Berlin an der Estländischen Kunstakademie und an der Berlin International University of Applied Sciences. Als Designerin und Lehrerin engagiert sie sich zudem für die Entwicklung einer neuartigen Designausbildung für Kinder und Jugendliche, bei denen unter anderem auch Sensorik eine wichtige Rolle spielt.

https://www.masayoavecreation.org/masayoave

 

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