Die Ausstellung „Wilhelm Wagenfeld: Leuchten“ im Kontext des Bauhaus-Jubiläums – Interview mit Dr. Julia Bulk, Direktorin des Wilhelm Wagenfeld Hauses

Frau Dr. Bulk, im Bauhausjahr zeigen deutschlandweit zahlreiche Häuser Ausstellungen zu dieser berühmten Kunstschule. Wieso noch eine weitere Ausstellung im Wilhelm Wagenfeld Haus?

Wagenfelds Tischleuchte von 1924 steht für das Bauhaus wie kaum ein anderes Objekt. In unserem Bestand befindet sich nicht nur die Bauhausleuchte, die Wagenfeld 1924 seinen Eltern in Bremen schenkt. Wir bewahren den gesamten Nachlass des Gestalters – z.B. Zeichnungen, Modelle und Briefe. So können wir auch die Vorgeschichte dieser Design-Ikone erzählen und verfolgen, wie es nach diesem besonderen Entwurf weitergegangen ist.

Julia Bulk, Geschäftsführung, Wilhelm Wagenfeld Stiftung, Bremen

Julia Bulk, Geschäftsführung, Wilhelm Wagenfeld Stiftung, Bremen

Was ist das Besondere an Ihrer Ausstellung?

Bei uns gibt es keine Überblicksschau – kein „Best-of“ Bauhaus. Unsere zentrale Frage lautet: Wie hat sich die Bauhausidee im Werk Wagenfelds in den 1950er/60er Jahren weiterentwickelt? Dabei konzentrieren wir uns auf seine Leuchtenentwürfe. Ein Thema, zu dem es bisher noch keine eigene Ausstellung gab. Walter Gropius, der erste Direktor des Bauhauses, nannte Wagenfeld einmal den Modellfall für das, was das Bauhaus erreichen wollte.

Wilhelm Wagenfeld Stiftung

Werbeblatt mit Lindnerleuchten 1958

Was genau hat er damit gemeint? An welchen Bauhaus-Idealen hält Wagenfeld fest, inwiefern geht er später aber auch andere Wege? Also zeigen Sie eine reine Wagenfeld-Ausstellung?

Ja und nein. Wilhelm Wagenfelds Leuchten werden im Zentrum der Ausstellung stehen – er hat ja in seinem Leben fast 150 Leuchten entworfen. Aber wir zeigen auch Entwürfe anderer Designer, die seine Ideen heute weiterentwickeln.

Ihre Ausstellung konzentriert sich auf Leuchten – warum fasziniert das Thema bis heute?

In fast allen Religionen ist das Licht mit dem Göttlichen verbunden, die dunkle Nacht dagegen mit finsterem Chaos. Später gilt der Lichtstrahl als Symbol der Aufklärung. Anfang des 20. Jahrhunderts gab dann das elektrische Licht ganz neue Möglichkeiten, Räume zu gestalten. Heute können wir problemlos die Nacht zum Tag machen, doch noch immer spüren wir in der Nähe von Lichtquellen Geborgenheit und Wärme.

Blick in die Ausstellung Wilhelm Wagenfeld Stiftung

Blick in die Ausstellung Wilhelm Wagenfeld Stiftung

Das Bauhaus bestand ja nur 14 Jahre und hatte dennoch einen unglaublichen Einfluss auf die Designentwicklung. Warum ist das Interesse am Bauhaus bis heute ungebrochen?

Ich glaube, dass viele Menschen bis heute fasziniert sind vom dem unbedingten Reformwillen des Bauhauses. Man wollte die Welt neu gestalten, besser machen. Dieser soziale Aspekt von Gestaltung hat Wagenfeld übrigens sein ganzes Leben hindurch begleitet. Das Bauhaus war auch eine Antwort auf die Sinnkrise einer sich rapide ändernden Gesellschaft.

Leben wir heute in einer ähnlichen Situation?

Auf jeden Fall blicken viele mit Sehnsucht auf das „utopische Potential“ des Bauhauses.

Wilhelm Wagenfeld: Leuchten

Laufzeit: 24.5.2019 – 27.10.2019
Ort: Wilhelm Wagenfeld Haus, Am Wall 209, 28195 Bremen
www.wilhelm-wagenfeld-stiftung.de

Öffnungszeiten: Di 15 – 21 Uhr, Mi – So 10 – 18 Uhr
Führungen: So 13 Uhr und nach Vereinbarung unter T 0421 33 999 33

Förderer: NORD/LB Kulturstiftung, WFB Wirtschaftsförderung Bremen, Senator für Kultur der Freien Hansestadt Bremen

Fotos Jens Weyers
Copyright VG Bildkunst 2019