Wir schreiben das Jahr 2019 und die deutsche Designschule „Bauhaus“ feiert ihren 100. Geburtstag. Ihre revolutionären Ideen sind nach wie vor aktuell. So ist das Bauhaus mehr als 80 Jahre nach seiner Schließung im Jahr 1933 noch immer Inspirationsquelle für Künstler, Architekten und Designer weltweit.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums haben Designer der internationalen Kreativ-Plattform 99designs die bekanntesten Markenlogos von heute im typischen Bauhaus-Stil gestaltet. Die Entwürfe verstehen sich zum einen als respektvolle Reminiszenz an die Designschule aus Weimar. Zum anderen zeigen sie, dass die ikonische Kraft des Bauhaus-Stils auch nach 100 Jahren immer noch so lebendig ist wie eh und je.

Wegbereiter des modernen Designs

Wie hat es eine Designschule geschafft, über ein Jahrhundert lang prägend für Kreative auf der ganzen Welt und gleichzeitig so vielfältig und abwechslungsreich zu sein? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Schritt zurück zu den Ursprüngen des Bauhaus gehen, in das Jahr 1919.

Der Erste Weltkrieg war ein Jahr zuvor zu Ende gegangen und hatte die Welt nahe an den Abgrund gebracht. Doch dank neuer technischer Erfindungen sowie der Verbreitung der Elektrizität herrschte auch in Deutschland Aufbruchstimmung. Eine neue, wichtige Errungenschaft war zudem die beginnende Massenproduktion. Sie machte Produkte für Normalbürger erschwinglich, die zuvor nur wohlhabenden Menschen vorbehalten waren. Hierzu gehörten auch Möbel oder Wohnaccessoires.

Im Jahr 1919 wurde das Bauhaus als „Kunstschule“ vom deutschen Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet. Sie griff die Industrialisierung auf und verknüpfte sie mit Kunst und Ästhetik – Form und Funktion sollten miteinander verbunden werden. Pragmatismus traf auf Kreativität. Dabei entstand eine neue Kunst, die Architektur, Malerei und Plastik zu einem „Gesamtkunstwerk“ verbinden sollte. Für die Künstler der Bauhaus Kunstschule war es demnach selbstverständlich, nicht nur in der Malerei, sondern auch in der Architektur und anderen Disziplinen ausgebildet zu werden. Folglich wurden Techniken und Anschauungen immer wieder aufs Neue miteinander kombiniert.

Diese neue Kunst- und auch Weltanschauung fand fruchtbaren Boden in der kriegsmüden Weimarer Republik, die nach dem reaktionären Kaiserreich für eine liberalere Grundstimmung im Land sorgte. Nicht umsonst wird die Zeitspanne zwischen 1924 und 1929 als die „Goldenen Zwanziger“ bezeichnet, in denen Kunst, Kultur, Technik und Wirtschaft gleichermaßen florierten und Innovationen hervorbrachten. Eine der großen Innovationen in Kunst und Handwerk lieferte das Bauhaus.

Die Gruppe um Walter Gropius schuf in Weimar ab 1919 eine neue Kunstrichtung, die das Zeitalter des modernen Designs und Industriedesigns einläutete. Mit Lyonel Feininger entstanden in den Folgejahren neue Drucktechniken, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky sowie Paul Klee schufen neue Darstellungsformen in der Malerei, Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius entwarfen einen neuen Baustil. Mit Johannes Itten erweiterte und überwand ein Vertreter des Bauhaus die bis dato gültige Farbenlehre von Johann Wolfgang von Goethe.

Doch leider wurde diese Phase der Kreativität und Innovationskraft jäh durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten unterbrochen. Sie sorgten für die endgültige Schließung des Bauhauses 1933 in Berlin und diskreditierten Vertreter sowie die gesamte Kunstrichtung in der Öffentlichkeit.

Trotz dieser gewaltigen Zäsur verbreiteten sich die Ideen des Bauhaus anschließend in der ganzen Welt, sodass das Bauhaus-Design den Zweiten Weltkrieg überdauerte. 1953 wurde mit der Hochschule für Gestaltung in Ulm erstmals wieder eine Institution geschaffen, an der Bauhaus-Design gelehrt wurde.

Design-Prinzipien des Bauhaus

Bis heute sind die Einflüsse der Bauhaus-Schule in allen Bereichen von Kunst und Design lebendig. Sei es in der Typografie, die dank des Bauhaus-Stils neue Wege ging, oder im Industriedesign, das hochwertige und ästhetisch ansprechende Produkte für eine breite Masse erschwinglich machte.

Wie erfolgreich und ansprechend sich die die Gegenwart mit dem Bauhaus-Stil vereinbaren lässt, zeigt das Design-Projekt von 99designs. Sie haben ihre Designer-Community gebeten, legendäre und weltbekannte Markenlogos im Bauhaus-Stil neu zu interpretieren.

In den Ergebnissen lassen sich die fünf zentralen Bauhaus-Prinzipien erkennen:

1. Minimalismus

Alltagsprodukte, Bildsprache und Gebäude wurden beim Bauhaus-Design auf das Wesentliche reduziert. Gleichzeitig sollte deren Funktion aber nicht vernachlässigt werden. So sollten zum Beispiel noch effizientere Produkte entstehen, ganz gleich, ob Besteck, Trinkbecher oder ein Stuhl. In der bildenden Kunst entwickelte sich aus dem Minimalismus heraus der Expressionismus, der einzelne Elemente in den Vordergrund stellte und dabei deren Funktion betonte. Dieses Prinzip greift auch im Logo-Design – wenige Elemente mit großer Wirkung.

Netflix-Logo

Netflix-Logo im Bauhaus-Stil von ►ArsDesigns◄ – via 99designs

Google-Logo

Logo designt von artopelago™ – via 99designs

2. Die Form folgt der Funktion

Eng verknüpft mit dem Prinzip des Minimalismus ist die Maxime, dass die Form der Funktion folgen sollte. In gewissem Sinne nahm das Bauhaus-Design dadurch moderne Konstruktionsprinzipien der Ergonomie oder Bionik vorweg. Vor allem im Produktdesign zeichnen sich bis heute Produkte wie die „Freischwinger-Stühle“ durch ihre hohe Funktionalität aus, die gleichzeitig hohen ästhetischen Ansprüchen genügen. Grundlage für dieses Bauhaus-Prinzip ist ebenfalls, dass verschiedene Disziplinen vereint werden. Handwerk, Kunst, Druck, Buchbinderei und Malerei, sie alle werden im der Form folgenden Design miteinander verknüpft. Ein Blick auf die Logos verrät, dass die Formen auch hier der Funktion gerecht werden und somit ihre Wirkung verstärken.

Android-Logo

Googles Android-Logo neu designt von SSUK™ – via 99designs

Ferrari Logo im Bauhasstil

Das Markenlogo von Ferrari im Bauhaus-Design von Asaad™ – via 99designs

Johnnie Walker im Bauhausstil

Logo designt von gajsky – via 99designs

3. Primärfarben

In gewissem Sinne galt das Prinzip des Minimalismus auch für das Farbdesign. So wurden im Bauhaus meist Primärfarben eingesetzt und mit Schwarz oder Weiß kombiniert. Farbgebung wurde gezielt auf Effizienz und Funktionalität reduziert. Zugleich erzielten Künstler durch die Variation und Schattierung dieser Grundtöne neue Kontraste und Effekte.

Beeindruckende Beispiele dafür lieferten Paul Klee oder Lionel Feininger, die Farben gleichzeitig mit geometrischen Formen kombinierten und mit dem Gesamtkunstwerk auf diese Weise neue Bedeutungsebenen schufen. Grundlage für die Bedeutung der Farben lieferte zusätzlich Johannes Itten, der Erkenntnisse der Psychoanalyse in die Farbenlehre einbrachte. Die folgenden Markenlogos sind der beste Beweis, wie eindrucksvoll eine reduzierte Farbpalette sein kann.

Burger King Logo

Logo designt von PonomarevDmitry – via 99designs

Instagram-Logo

Logo designt von dnk_ – via 99designs

4. Revolutionäre Typografie

Typografie in der Weimarer Republik wirkte sehr schwerfällig und starr und setzte zudem auf stark dekorative Effekte. Strenge Standards und klare Regeln prägten Formen und Design. Das Bauhaus sprengte diese Beschränkungen, indem es eigene Regeln aufstellte und damit zugleich den Schriftarten neue Formen gab. Typisch für den Bauhaus-Stil in der Typografie sind das Fehlen von Serifen sowie der Verzicht auf gleichzeitig verwendete Groß- und Kleinbuchstaben. Revolutionär waren Wortfolgen in diagonaler oder vertikaler Richtung. Die neu interpretierten Logos spielen auf unverkennbare Bauhaus-Weise mit der Typografie.

Logo der BBC

Das Logo der BBC im Bauhaus-Design von yuleha – via 99designs

Markenlogo Haribo

Haribo goes Bauhaus von SenseDesign – via 99designs

Markenlogo Lego

Logo designt von scitex – via 99designs

5. Leidenschaft für Geometrie

Geometrische Grundformen prägen das Bauhaus-Design bis heute. Das gilt sowohl für das Produktdesign als auch für die Architektur, Typografie und Kunst. Eindrucksvolle Beispiele liefern die Studien Paul Klees, aber auch moderne Gebäudeentwürfe wie die Neue Nationalgalerie in Berlin, die nach Plänen Ludwig Mies van der Rohes entstanden ist. In der Kunst wurde der Hang zur Geometrie zugleich mit einer besonderen Farbgebung kombiniert, welche die geometrischen Überlegungen und Formen zusätzlich betonen. Diese minimalistischen Designentwürfe begegnen uns auch heute immer wieder und machen auch vor den weltbekannten Logos von Apple oder Whatsapp nicht halt.

Apple-Logo

Die Marke Apple im Bauhaus-Stil von Vladimir Nikolic – via 99designs

WhatsApp-Logo

WhatsApp im Bauhaus-Stil Hawnit_Studio – via 99designs

Vaio Markenlogo

Logo designt von ruizemanuel87 – via 99designs

Bauhaus und Branding

Marken und Unternehmen, die Bauhaus-Design in ihr Branding integrieren wollen, können dies auf traditionelle oder neu interpretierte Weise tun.

Wenn sich Unternehmen in vollem Umfang auf die ursprünglichen Vorgaben und Lehren der Bauhausschule einlassen, setzen sie auf Effekte mit hohem Wiedererkennungswert. Allerdings kann dieser 100-prozentige Bezug auf das Bauhaus die Gestaltungsfreiheit von Designern beschränken. Darüber hinaus kann das Bauhaus-Design den eigentlichen Markenkern überdecken. Somit werden streng nach den Vorgaben des Bauhaus gestaltete Unternehmenslogos von Konsumenten leicht wiedererkannt, doch gibt das Unternehmen dadurch einen Teil seiner Individualität auf. Aufstrebende, junge Tech-Unternehmen, die zukunftsweisend und sehr modern wirken wollen, sollten diese komplette, traditionelle Übernahme aller Designelemente deshalb eher vermeiden. Marken, die jedoch gerade diese Rückbesinnung auf eine bereits bekannte Formensprache für einen konservativen, aber zugleich modernen Markenkern ohne Experimente nutzen möchten, können sich komplett auf das traditionelle Bauhaus-Design einlassen.

Ein großer Vorteil des Bauhaus-Designs besteht in seiner Vielseitigkeit. Somit bleibt für Unternehmen immer noch die Möglichkeit, nur einzelne Elemente und Aspekte der Designrichtung zu übernehmen und neu zu interpretieren. Das können zum Beispiel streng geometrische Formen, aber auch revolutionäre Typografien sein.

Wichtig ist, dass Designer beim Gestalten von Logos die heutigen Anforderungen an das Design im Blick behalten. So müssen Logos zum Beispiel nicht nur auf gedruckten Produkten aus Papier „funktionieren“, sondern auch im Web, in Social Media oder als Autoaufkleber. Das Bauhaus-Design bietet dafür mit seiner Reduktion auf das Wesentliche und der Form, die dem Design folgt, beste Voraussetzungen für ein nachhaltiges Branding.

Fazit: Bauhaus lebt

100 Jahre Bauhaus-Design haben unsere Welt bis heute geprägt. Wir sind umgeben von Produkten, Bildern und Werbung, Gebäuden oder Schriftarten, die vom Geist des Bauhauses inspiriert wurden. Das Bauhaus hat in den letzten Jahrzehnten alle neuen Entwicklungen mitgemacht und sich immer wieder neu erfunden. Die Bauhaus-Vordenker um Walter Gropius haben somit einen Samen gesät, der immer wieder aufs Neue keimen darf und zum Beispiel in modernen Markenlogos, im Webdesign oder Produktdesign fortlebt und sich weiterentwickelt.