Der geniale, lichtgestützte Venensucher der Düsseldorfer Designerin Tina Zimmer wurde schon Ende 2015 mit dem Red Dot Award ausgezeichnet. 2017 konnte sie sich als erste Deutsche über den dritten Platz des internationalen James Dyson Awards und etwa 6.000 Euro freuen. Was ist inzwischen aus der Idee geworden?

Die Suche nach einer Vene um intravenös Medikamente zu verabreichen gehört in Arztpraxen, in der Klinik und bei Notfallbehandlungen zum Standardrepertoire. Doch nicht immer gestaltet sie sich einfach. Bei immerhin jedem dritten Patienten ist mehr als ein Versuch nötig um den Venenzugang zu legen. Weil fatalerweise mit jedem Versuch auch das Infektionsrisiko steigt, muss alles getan werden um mit nur einem Einstich erfolgreich zu sein.

Das batteriegespeiste ‚TwistLight‘ erleichtert die oftmals stressige Arbeit von Rettungspersonal, Ärzten und medizinischem Personal weil der Venensucher mit nur einer Hand bedient werden kann. Die Kanüle ist nämlich integriert und die Einstichzone wird mit einem geeigneten Lichtspektrum so ausgeleuchtet, das die Vene deutlich erkennbar wird. Das transparente, die Vene fixierende Bauteil leitet das Licht zur Einstichstelle. So ist gewährleistet, dass die Vene auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen sicher gefunden und getroffen wird.

TwistLight findet die Vene

DESIGNBOTE Redakteur Wolfgang Linneweber sprach mit Tina Zimmer.

Sie haben ‚TwistLight‘ noch während Ihres Studiums an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln entwickelt. Ist das Produkt inzwischen in Serie gegangen?

TwistLight ist eine Applikationshilfe für Venenkatheter. Das Konzept ist parallel zu meinem Studium an der ecosign entstanden. Seitdem hat sich viel getan: Die Auszeichnungen und positive Resonanz auf TwistLight haben mir sehr dabei geholfen, geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Unter anderem bekundet ein führender Anbieter für Medizintechnik großes Interesse an dem Device. Es ist zwar noch nicht in Serie gegangen, aber auf einem guten Weg dorthin.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen? 

Die Idee, eine Applikationshilfe zu entwickeln, entstand aus (Leidens-)Erfahrung im persönlichen Umfeld. Im Bereich der Punktion besteht – allen großartigen Produktentwicklungen zum Trotz – noch Handlungsbedarf. Obwohl es sich um eine invasive Tätigkeit handelt, ist die Fehlerquote hier weitaus höher als die, die wir in anderen Bereichen akzeptieren. Den Ursachen dafür wollte ich auf den Grund gehen und ich habe mich intensiver mit dem Thema beschäftigt.

Haben Sie einen medizinischen Background? Sie hatten bereits zwei Universitätsabschlüsse und tragen einen Doktortitel.

Dass ich eine Dr. phil. und keine Dr. med. bin, war eher hilfreich als hinderlich: als Fachfremde habe ich grundsätzlich eine beobachtende Perspektive. Mir fallen Dinge auf, die für jemanden, dem die Handgriffe schon in Fleisch und Blut übergegangen sind, selbstverständlich sind.

Inwiefern beeinflussen Ihre Vorausbildungen Ihr Denken und Handeln als Designerin?

Sicher hat mich mein geisteswissenschaftliches Studium geprägt. Weniger durch konkrete Inhalte, als durch die Entwicklung einer Sichtweise. Geisteswissenschaftler beschäftigen sich mit dem Menschen, genauso wie Designer. Im ‚Design-Thinking‘ oder im ‚User-Centred Design‘ steht der Mensch im Mittelpunkt – als Nutzer. Mich interessiert darüber hinaus auch immer der kulturgeschichtliche Zusammenhang. Also die Frage, warum etwas heute so ist, wie es ist. Bei der Sinnfrage schlägt das geisteswissenschaftliche Erbe durch.

Ich, als Kölner, kannte die ecosign-Akademie nicht. Was hat Sie bei der Wahl der Hochschule geleitet?

‚Hauptargument’ für die ecosign war ehrlich gesagt mein Bauchgefühl. Unter dem Nachhaltigkeitsansatz der Akademie konnte ich mir zu wenig vorstellen, als dass er ausschlaggebend gewesen wäre. Diese Qualität der ecosign habe ich erst im Laufe des Studiums schätzen gelernt. Ich habe mich hier einfach vom ersten Moment an wohl gefühlt. Die ecosign ist das genaue Gegenteil eines anonymen Hochschulbetriebes. Hier finden Sie sehr engagierte Dozenten, die jederzeit ansprechbar sind und die Studierenden intensiv betreuen.

Konnten Sie noch für andere Ihrer Entwürfe Produzenten finden?

TwistLight hat auch nach meinem Abschluss noch einen großen Raum eingenommen. Wie aus einer Idee ein Produkt wird, lernt man nicht im Studium. Patentierung, Recherche und der Aufbau des entsprechenden Netzwerkes mit der nötigen Expertise sind zeitintensiv. Darüber hinaus habe ich für verschiedene Auftraggeber gearbeitet. Für die Suche nach Produzenten und die Vermarktung anderer Entwürfe war da wenig Zeit.

Sie konnten schon als Studentin einige Preise auf Ihr Kaminsims stellen. Wie ist Ihre berufliche Karriere nach dem Examen weiter verlaufen? Wo ist Tina Zimmer 2020?

Nach meinem Abschluss bin ich gereist und habe einige Designworkshops besucht. Dabei konnte ich interessante Kontakte mit anderen Gestaltern knüpfen. Daraus sind nicht nur Freundschaften entstanden, sondern auch Überlegungen, wie man über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten könnte. Das ist eines meiner nächsten Ziele: Projektkooperationen. In drei Jahren um diese Zeit würde ich gern eine Weihnachtsfeier organisieren – für das Team, das sich bis dahin hoffentlich zusammengefunden hat.

Ohne Betriebsgeheimnisse ausbaldowern zu wollen: Darf man fragen, was Sie aktuell beschäftigt?

Aktuell arbeite ich mit einer Hochschule an einem Forschungsprojekt zum Thema Raumluftqualität und Energieeffizienz zusammen. Ein sehr spannendes Projekt, das möglicherweise weiterentwickelt und in Serie gehen wird. Zusätzlich entwickle ich an einer Möbelserie, die unsere sich rasch verändernden Wohngewohnheiten reflektiert. Schon in meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit der Zukunft des Wohnens auseinandergesetzt. Hier gibt es schon sehr interessante Ansätze, aber noch viel Raum für neue Ideen.

 

Tina Zimmer

Bildquelle: Tina Zimmer / http://tinazimmer.de/