Das Umsatzvolumen des Kunstmarkts hat sich von 2002 bis 2012 glatt verdoppelt. 2014 lag der weltweite Umsatz bei über 51 Milliarden Euro und hat sich bis 2016 bei 40 Milliarden Euro eingependelt. Bezogen auf den Umsatzknick zur Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich der Markt ziemlich erfreulich entwickelt. In zinslosen Zeiten kann also das Investment in Kunst durchaus mit Immobilien, Gold und Aktien mithalten. Die FAZ lag also mit ihrer Schlagzeile „Kunst ist die neue Währung der Welt“ vom  März 2012 nicht ganz daneben.

Auch wenn der hier besprochene Band schon 2009 (noch mit viel umfangreicheren Literaturangaben und Zitaten) bei einem kleinen Schweizer Verlag erschienen ist und seine 2. bearbeitete Auflage schon 2011 erschien, so bleibt er doch auch anno 2017 eine aufschlussreiche und bisweilen sogar unterhaltsame Lektüre.

Wer wissen will, was bemalte Leinwand, seltsam deformierte Materialien oder rätselhafte Handlungen zu Kunst werden lässt, die auf wundersame Weise Marktwert zugewiesen bekommt, wird hier schnell schlauer.

Nach einem kurzen Abriss über die Geschichte des Kunsthandels seit den alten Ägyptern bis heute präsentiert der Autor, ein Jurist und Auktionsexperte, eine straffe Übersicht über klassische und neuere Absatzformen, Investmentmodelle sowie die juristischen und fiskalischen Rahmenbedingungen wie u.a. Zoll, Steuern, Kulturgutschutz und Folgerecht.

Boll teilt ein wenig seines Insiderwissens als Christie’s Geschäftsführer über Beschaffung und Absatz, kommt auf die Köderwirkung von Glitter und Glamour auf neue, neureiche Käuferschichten zu sprechen und macht klar wie sich der Kunstmarkt seit den 1970ern von einer Nische für unkonventionelle Afficionados zu einem hochdynamischen globalen Markt entwickeln konnte. Die Globalisierung hat längst potente Kundschaft aus u.a. Russland, China und vom Persischen Golf aktiviert, die auf einem Markt mit Nachschubproblemen für einiges Gedrängel gesorgt haben. Inzwischen hat China die USA als weltgrößten Kunstmarkt überholt.

Immer mehr Kunstmessen weltweit haben den Wettbewerb verschärft. Die für alle Marktteilnehmer blitzschnell verfügbaren Online-Informationen haben das Internet als konkurrierenden Absatzkanal etabliert.

Die Grenzen zwischen Primär- und Sekundärmarkt, zwischen Galerie und Auktionshaus verschwimmen zusehends, denn inzwischen dringen die großen Häuser mit eigenen Galerien in die Sphäre des Einzelhandels ein. Fast scheint es, als verfolgten sie das Ziel die klassischen Kunsthändler zu verdrängen.

 

Schließlich präzisiert der Autor auch den Warencharakter der an sich ‚ideell gemeinten‘ Kunst, bespricht dabei den Begriff der Authentizität, der ‚Marktfrische‘ und der Herkunft, wie auch die Rolle der Museen als Reservoirs arrivierter Kunst und wertsteigernden ‚Durchlauferhitzer‘.

Auch die heiklen Themen Raubkunst und Fälschungen kommen samt relevanter juristischer Aspekte zur Sprache.

In einem eigenen Kapitel wirft Boll Licht auf den immer knapperen Beschaffungsmarkt und dessen Akteure, die Auktionshäuser und den klassischen Kunsthandel.

Das Thema ‚Absatzmarkt‘, gegliedert in Handel und Auktionshäuser, beschreibt die Orte des Handels, wie Galerien, Messen, Saal- und Internetauktion und ’neue Vertriebswege‘ sowie das Ringen von Auktionshäusern und Kunsthandel um die  Marktdominanz.

Damit ist ‚Kunst ist käuflich‘ ein hoch informativer, praxisnaher Überblick über den aktuellen, weltweiten Kunstmarkt in leicht verständlicher, kompakter Form.

 

Kunst ist käuflich

Cover: Kunst ist käuflich, Autor Dirk Boll, Verlag: Hatje Cantz