Cora von Moers blickt auf eine vielseitige Karriere zurück: Vor ihrem Einstieg bei der Digitalagentur schalk&friends vor zwei Jahren war die Diplom Designerin bei iris worldwide sowie u.a. auch bei webguerillas, Razorfish und Scholz & Friends. Für ihre Arbeit wurde von Moers schon mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Effie, dem Eyes & Ears Award sowie dem Promax / BDA Award.

Wie sind Sie zur Kreation gekommen?

Ich hatte und habe so eine Sehnsucht nach den goldenen 20iger Jahren in Berlin und außerdem schon immer ein Interesse an Kunst, Kultur und Design – vor allem aus dieser Zeit. Dies ist wohl der Grund warum ich mich dazu entschieden habe, in Dessau zu studieren – auch in der Hoffnung, dort ein wenig Bauhaus-Geist aufzunehmen. Es geht dort natürlich heute völlig anders zu als damals, aber das Konzept des integrierten Studiums hat mich in Bereiche geführt, die ich sonst wahrscheinlich gar nicht, oder erst viel später für mich entdeckt hätte. Interface- oder Motion-Design waren z.B. in dieser Zeit wenig populär, aber vielleicht gerade deswegen so aufregend und inspirierend. Für mich war das instinktiv ein ideales Medium, um Geschichten zu erzählen.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz ?

Das für mich aktuell Herausforderndste, aber auch Befriedigendste ist das Rebranding bzw. die neue Positionierung unserer eigenen Agentur-Marke. Sein eigener Kunde zu sein und hier radikal zu agieren ist eine sehr intensive Erfahrung, auf deren Ergebnis alle Beteiligten sehr stolz sind. Auch das Rebranding der Marke Dermedis, die Corporate- und Geschäftsberichts-Website von Scout24 sowie das Branding und Webdesign unseres B2B-Kunden Herchenbach waren spannende Projekte. In der Vergangenheit gehört das Redesign der BSH Siemens Home-Appliance-Seite, welche dann in über 40 Ländern ausgerollt wurde, zu meinen Lieblingsprojekten. Und die „Mein Burger“-Kampagne für McDonalds.

cora von moers

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Was war die schmerzhafteste Niederlage und was sind Ihre Erkenntnisse daraus?

Das Gefühl einer Niederlage stellt sich ja meist nur in einer Wettbewerbssituation ein.

Jeder verlorene Pitch ist erst mal eine Niederlage, vor allem als undankbarer Zweiter. Dennoch sollte man jeden Misserfolg als Chance nutzen, um sich selbstreflektiert weiter zu entwickeln. Die Erkenntnisse daraus sind sehr individuell. Persönlich bestärkt es mich immer wieder, auf meine Intuition zu vertrauen und sich durch Absagen nicht frustrieren zu lassen.

Wie stark beeinflusst die Corona Pandemie Ihre kreative Arbeit? Wie gestaltet sich die Auftragslage dadurch?

Es hat in erster Linie die Arbeitsorganisation beeinflusst, den kreativen Output zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich fast gar nicht. Ich denke aber, dass das noch kommen wird, denn Trends entstehen ja nicht adhoc, sondern erst durch die Verarbeitung der jetzigen Situation. Meine Vermutung ist, dass sich Werte verändern werden und dass es zunehmend wichtig wird, eine Haltung einzunehmen.

Was jetzt aber schon zu spüren ist: die zunehmende Wertschätzung der Digitalisierung. Von deren Notwendigkeit sind inzwischen deutlich mehr Leute überzeugt als noch vor der Pandemie. Ich glaube allerdings auch, dass nach dem aktuellen Aktionismus etwas durchgeatmet werden wird und bewusster, ohne einem Trend hinterher zu laufen, neue Ideen und inovative Konzepte gefragt sein werden.

Woran arbeiten Sie derzeit?

Es sind viele Themen und Projekte, die mich gerade umtreiben, darunter die Zusammenarbeit mit unserem Kunden Brainlab AG, mit denen wir gemeinsam ganz eng in einem integrierten Agentur-Modell zusammenarbeiten. Es ist eine sehr enge und ausgesprochen inspirierende und produktive Arbeit, die ich in der Vergangenheit bisher vergeblich gesucht habe. Und die Pitchsaison ist wieder eröffnet, es wird also nicht langweilig.

Kreative Vorbilder – haben Sie eins?

David Foster Wallace hat mich sehr beeinflusst, nicht nur beruflich, sondern meine Einstellung zur Lebenszeit. Ganz allgemein bewundere ich Menschen die eher etwas gewagt, als etwas perfektioniert haben, z.B. in der Kunst, aber nicht nur. Die sich selbst, durch das was sie geschaffen und damit ausgesagt haben, in Gefahr gebracht haben, beispielsweise der iranische Filmemacher Jafar Panahi oder auch ein Star wie Ai Weiwei. Diese Menschen bewundere ich zutiefst.

Inspiration – Wie kommen Sie auf neue Gedanken?

Immer da, wo ich sie nicht erwarte. Und häufig dann, wenn ich vor mich hin prokrastiniere.

Ich habe, um ehrlich zu sein, nicht wirklich ein Ritual, wie es einige andere Kreative haben. Es gibt da drei herrlich kurzweilige Bücher oder eher Büchlein zu diesem Thema von Mason Currey: „Für mein kreatives Pensum gehe ich unter die Dusche“ und „Am kreativsten bin ich, wenn ich bügle“. Letzteres trifft auf mich auf keinen Fall zu, da kann ich mich mit “Mein kreatives Geheimnis sind bequeme Schuhe“ schon eher identifizieren J.

Welche Rolle soll aus Ihrer Sicht Kommunikation und Design in der Gesellschaft einnehmen?

Beides spielt eine enorme Rolle und das ist vielen Gestaltern gar nicht so bewusst. Kommunikation und Design beeinflussen seit jeher die Menschen. Da z.B. die Mediennutzung so rasant angestiegen ist, steigt auch die Verantwortung von Design und Kommunikation. Design ist häufig, oder bestenfalls mit Innovation verknüpft und oft sind es die gut gestalteten Ideen, die unsere Gesellschaft verändern.

Was ist Ihrer Meinung nach besonders spannend an Ihrem Beruf und welche tollen Möglichkeiten ergeben sich hier gerade für junge Menschen? 

Es wird nie langweilig. Es sind die unterschiedlichen Themen, Projekte und Philosophien, in die man eintaucht und so ein bisschen mehr von der Welt sieht, als vielleicht andere. Oder einfach das berühmte Blatt Papier, um eine Neue Welt zu bauen.

Auf was wird es in Ihren Augen künftig im Branding und Design ankommen?

Nach wie vor auf starke kreative Ideen, die eine Strategie erlebbar machen und eine Aussage auf den Punkt bringen. Daran wird sich niemals etwas ändern. Und ich glaube, in Zukunft wird die klare Haltung eines Unternehmens noch weiter an Bedeutung zunehmen; hier gibt es auch viele spannende Aufgaben für Designer.