Wo hierzulande protestantischer Ernst seinen Ausdruck in nüchtern abgezirkelten Radien fand, da tobte sich dieser Sohn eines italienischen Architekten in knallfarbenen Assemblagen aus, die mehr heiteren Kunstobjekten ähnelten als dem was man anno damals gemeinhin als ‚Produkt‘ kannte. 

Ashoka, Tischlampe, 1981

Ashoka, Tischlampe, 1981 Hersteller: Memphis Foto: Jürgen Hans

Ettore Sottsass, ein Gestalter der mit Vorliebe Konventionen brach, wäre am 14. September 2017 hundert Jahre alt geworden. Mit der knallroten bzw. orangefarbenen Schreibmaschine ‚valentine‘, einem Entwurf für seinen langjährigen Kunden Olivetti, machte Sottsass 1968 – auf dem Höhepunkt der Pop-Art – Furore. In den Achtzigern schuf er als Mitglied und Spiritus Rector des Designkollektivs ‚Memphis‘ versponnen skulpturale Möbel. In den vielen Dekaden seiner Designerkarriere war er in vielen Disziplinen zu Hause und hinterließ ein Oeuvre, von dem viele Highlights im Vitra Design Museum in Weil am Rhein eine Heimat gefunden haben. Im Vitra ‚Schaudepot‘ sind zurzeit etwa 30 Möbel, Produkte, Fotografien und Schriften zu sehen.

Zeichnung für die Lampen Tahiti und Cavalieri, 1981

Zeichnung für die Lampen Tahiti und Cavalieri, 1981

Wohl am bekanntesten sind Sottsass‘ Entwürfe für die Gruppe ‚Memphis‘, die mit ihrer postmodernistischen Formensprache wegweisend waren. Inspiriert waren die bisweilen recht bizarr anmutenden Objekte von vor allem von der Pop-Art und formalen Einflüssen aus exotischen Kulturen – Impressionen, die Sottsass auf seinen Weltreisen in sich aufgesogen hatte. Die Ironie sprühte nur so aus wild und bunt assemblierten Stücken wie dem Bücherregal ‚Carlton‘ (1981), den Leuchten Ashoka (1981) bzw. Tahiti (1981), sowie dem beunruhigend verschoben wirkenden Schreibtisch ‚Tartar‘ von 1985. Sie allesamt scheinen dem ernsten Funktionalismus der Ulmer Schule lachend den Stinkefinger zu zeigen.

Ettore Sottsass, 1973

Ettore Sottsass, 1973 Fotograf unbekannt Courtesy: Studio Ettore Sottsass

Seine Wurzeln hatte der Design-Dialekt von Memphis in den Fünfzigern als Sottsass, damals noch Art-Director der Möbelfirma Poltronova, wo er Farben und Texturen brutalst möglich kombiniert hatte. In den Siebzigern provozierte das Enfant Terrible des Design den bourgeoisen Geschmack mit Objekten voller exzentrischer Poesie und bespielte 1972 – unter dem Dach der Gruppen ‚Global Tools‘ und ‚Alchimia‘ –  unter anderem das Museum of Modern Art mit der Schau ‚Italy: The New Domestic Landscape‘.

Die Ausstellung zeigt frühe Schlüsselwerke wie das Sofa ‚Califfo‘ (1964), die Kommode ‚Kubirolo‘ (1966-67) und Teile aus der neutralgrauen Möbelserie ‚Mobili Grigi‘ (1970) die er für Poltronova entworfen hatte. Raritäten wie der an einen Comic gemahnende Sessel ‚Tappeto Volante‘ (1974) verweisen auf Sottsass‘ Faible für eine Sixties inspirierte Popformel und ironisch gebrochene Hippie-Esotherik. Der Stuhl ‚Seggiolina da Pranzo‘ (welch wunderbares Wort für einen Esszimmerstuhl), den er für Alchimia entworfen hatte, kündet von der final gereiften Version einer ganz eigenen Formensprache.

Fotografien aus der Serie ‚Metafore‘ (1972-1979) dokumentieren seine Sinnsuche und geben Antworten auf drängende Gestaltungsphilosophie Fragestellungen. Außerdem sind Beispiele für Sottsass‘ poetisches Schaffen zu sehen.

Führung (auf Deutsch) am 6. September 2017, 10 Uhr
Kuratorin Heng Zhi
7,00 € pro Person

Schaudepot

Außenansicht Schaudepot, entworfen von den Architekten Herzog & de Meuron, Foto © Vitra Design Museum, Mark Niedermann

 Vitra Design Museum Weil am Rhein

Schaudepot
Noch bis 24. September 2017

http://www.design-museum.de/de/informationen.html

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