Im April 2019 lädt der Rat für Formgebung anlässlich des Salone del Mobile den Designnachwuchs nach Mailand ein. Im Tortona Viertel – einem internationalen Treffpunkt für Design und Fashion – werden die Gewinner des Newcomer-Wettbewerbs „ein&zwanzig“ prämiert. 21 Projekte erhalten die Auszeichnung und werden im Rahmen der Tortona Design Week vom 9. bis zum 14. April 2019 ausgestellt. Die höchste Prämierung erhält den Titel „Best of Best“. Informationen sind erhältlich unter: www.ein-und-zwanzig.de.

Frische Ideen und kreative Produkte

Die international besetzte Jury hält Ausschau nach Projekten, die individuell und nachhaltig sind, aber gleichzeitig authentisch wirken. Im Jahr 2018 zeigte sich eine junge Generation von Gestaltern, die den Wettbewerb mit großem Selbstbewusstsein als Aktionsfeld nutzen, um neue Narrative zu eröffnen. Die Ausstellung versammelte Positionen mit konzeptueller Designsprache, die sich mit komplexen Problemlagen der Gegenwart wie Postkolonialismus oder dystopischen Zukunftsszenarien auseinandersetzen. „Die Arbeiten, die mich wirklich angesprochen haben, sind in schlichter Weise innovativ und haben traditionelle Techniken weiterentwickelt zu einzigartigen, neuen Konzepten mit Verkaufspotenzial“, so der Designer Stephen Burks, der 2018 Mitglied der ein&zwanzig Jury war.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Produktentwurf der „Best-of-Best“-Gewinnerin von 2018 Sofia Souidi: der Lichtprojektor Gradient. Ihre Leuchte projiziert den Lauf der Sonne von Aufgang bis Untergang in den Innenraum und möchte damit eine Verbindung von „Draußen“ und „Drinnen“ herstellen. Visuell spektakulär, hinterfragt der Entwurf einer simulierten Sonne zugleich eindrücklich die Folgen moderner Technologien: Er thematisiert den Mangel an Tageslicht, unter dem viele Menschen leiden werden, die in naher Zukunft in Mega-Cities wohnen. Wie wird der menschliche Körper auf die zunehmende Künstlichkeit reagieren?

Gradient, © Sofia Soudi

Gradient, © Sofia Soudi

Auch Preisträger Jan Christian Schulz kombinierte eine alte Kulturtechnik seiner Heimat mit dem Einsatz von modernen Produktionsmaschinen und entwickelte daraus sein einzigartiges Produkt moorwerk. Für seine Bachelorarbeit tauchte er Möbel aus Eichenholz in Moorwasser. Durch die Reaktion der Gerbsäure des Wassers mit dem eisenhaltigen Holz färben sich die Möbel tiefschwarz. Die Form der Möbel bezieht sich auf die alten, für seine Heimatregion typischen Rundpfostenstühle. Das besondere Material und die stilistische Ausrichtung, die sich an den alten Möbeln der Moorregion orientiert, nehmen Bezug auf die vorherrschende Landschaft der Gegend und ihre vergessene Kultur. moorwerk repräsentiert somit die einzigartige Geschichte des Moorlandes und dient als Identitätsanker für die Weiterentwicklung des norddeutschen Kulturbewusstseins.

moorwerk, © Jan Christian Schulz

Wie politisch Design sein kann, zeigt die Koreanerin Aram Lee mit ihrer ausgezeichneten Arbeit Dutch Wife. Das textile Projekt, ein körpergroßes Schlafpolster, findet seinen Ursprung in der niederländischen Kolonie Indonesien. Die Holländer verbanden ihre handwerklichen Webtechniken geschickt mit den vor Ort verfügbaren Ressourcen und erfanden damit Matten aus Bambusgewebe, die Abkühlung vor der tropischen Hitze versprachen. In den Niederlanden selbst inzwischen vergessen, ist die Tradition des Dutch Wife in Indonesien bis heute präsent. Durch den geschichtlichen Hintergrund erhält das Produkt nicht nur eine besondere Bedeutung, sondern verändert sich auch in seinem Wesen, wie Aram Lee erklärt: „Mit diesem Projekt untersuchte ich das Thema ‚Bedeutungsverlust’ in einer globalisierten Welt, in der verschiedene kulturelle Identitäten (die der Kolonisierten und der Kolonisatoren) in einem einzigen Objekt interagieren, welches sich aber gleichzeitig in einem neuen Kontext entfaltet.“

Dutch Wife, © Aram Lee

Ein Wettbewerb mit viel Platz für Mut und Kreativität

Für die Entwicklung eines Produkts braucht man unterschiedlichste Inspirationsquellen. Trotzdem ist es wichtig, dass die Jungdesigner dabei eigene, einmalige Ideen entwickeln. Um sich von anderen zu unterscheiden, muss man oft andere Wege gehen. Der Designer Marcel Besau vom Studio Besau-Marguerre hat folgenden Rat an junge Designabsolventen: „Sei offen. Gehe Deinen eigenen Weg. Versuche, mit allen Dingen zu experimentieren, die du machen willst.“

Der Gestaltungsraum des ein&zwanzig Awards ist weitgefasst: Innovative Arbeiten aus den Bereichen Möbel, Wohnaccessoires, Leuchten, Bodenbeläge, Tapeten, Textilien und Lifestyle können eingereicht werden. Die jungen Teilnehmer werden aufgefordert, mit ihrer Kreativität zu experimentieren sowie Hintergründe und Ursprünge der Dinge kritisch zu reflektieren. Es sind also nicht nur Können und Wissen nötig, sondern auch der Mut, Dinge auszuprobieren und eine andere, vielleicht auch ungewöhnliche Richtung einzuschlagen. Dadurch erfindet sich Design als diskursives Medium neu. Dass sich Positionen mit Engagement erfolgreich behaupten können, zeigten die diesjährigen ein&zwanzig-Gewinner, so auch Andrej Kupetz, Geschäftsführer des Rat für Formgebung: „Der soziale Anspruch von vielen Entwürfen hat mich beeindruckt. Die Energie und Leidenschaft, die die Nachwuchsdesignerinnen und -designer an den Tag legen, ist einzigartig. Ihre Entwürfe zeugen von einem raffinierten Witz, aber auch von hohem technischen Können und gestalterischer Souveränität.“

Interviews und Impressionen von der Preisverleihung 2018 finden Sie im Video.

Eine Starthilfe für die Karriere von Nachwuchsdesignern

Ein interessantes Produkt präsentiert und vermarktet sich nicht von alleine. Vielen Newcomern fehlt eine geeignete Plattform, um die nötige öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit dem ein&zwanzig Award wird den Teilnehmern die Chance geboten, die eigene Arbeit einem internationalen Publikum zu präsentieren. Diese öffentliche Art der Beurteilung betrachten viele Teilnehmer als Motivation, sich weiterzuentwickeln und über sich selbst hinauszuwachsen. Das Feedback der Jury und der Besucher zum eigenen Designansatz regt dazu an, Designprozesse weiterzuentwickeln und in anderen Ideen umzusetzen. Der ein&zwanzig Award bietet die Möglichkeit, sich mit anderen jungen Designern auszutauschen. Begegnungen mit anderen Preisträgern erweisen sich oft als wertvolle Inspirationsquelle. Aus Gesprächen mit neuen Kontakten ergeben sich mögliche Kooperationen oder sogar Aufträge. So dient der Award als Starthilfe für die Vernetzung mit der Industrie. Einige der ausgezeichneten Produkte sind bereits im Handel erhältlich. Preisträger Jan Christian Schulz schildert seine Erfahrungen: „Durch Mailand hat sich auch die Verbindung zu einem Hersteller ergeben, mit dem ich gerade die eventuellen nächsten Schritte für ein kleines Produkt plane, was ich mit dem Moorschlammverfahren veredeln kann. Vor ein paar Tagen habe ich dann noch eine Mail erhalten und wurde gefragt, ob ich Interesse hätte, an einer Ausstellung in Berlin teilzunehmen.“

ein&zwanzig Award 2018

Der ein&zwanzig Award

Der internationale ein&zwanzig Award wird an Designstudenten und Absolventen aus aller Welt vergeben, die ihre innovativen Ideen aus den Bereichen Interior Design und Lifestyle einreichen. Eine international besetzte Jury wählt unter den eingereichten Produkten die 21 interessantesten Ideen aus. Eine herausragende Arbeit erhält zudem die Auszeichnung Best of Best. Die Teilnahme am Wettbewerb ist für die Jungdesigner kostenlos, zudem übernimmt der Rat für Formgebung sämtliche Transport- und Reisekosten. Dass sich der Wettbewerb international etabliert hat, zeigt sich auch an der Zahl der Einreichungen: Im Vergleich zum Vorjahr haben sich für den Award von 2018 rund 30 Prozent mehr Jungdesigner beworben. Die 736 Arbeiten wurden von Studenten und Absolventen aus 60 verschiedenen Ländern eingereicht.

ein&zwanzig Award Gewinner 2018