Design- und Branding im Jahr 2024 – DESIGNBOTE hat Kreativschaffende aus der Branche nach ihrer Perspektive befragt und stellt in einer Serie die richtungsweisenden Trends vor.

Felix van de Sand, Managing Director, COBE GmbH

Design- und Branding im Jahr 2024

Von Bottom-Line, Bots und Barrierefreiheit

„2024 wird kein Jahr gänzlich neuer Trends, es wird nicht über Nacht alles anders. Aber: Es gibt einige Themen, die das Jahr prägen und Trends, die sich vom letzten Jahr zu diesem Jahr noch verstärken werden.

So machen beispielsweise Konsumkrise und Kostendruck auch vor Designaufträgen nicht halt. 2024 wird weniger experimentiert werden, es herrscht ein starker Fokus auf Profitabilität. Das bedeutet einerseits weniger Innovation und andererseits einen starken Fokus auf Effizienz. In Designprozessen wird es in diesem Jahr ganz besonders darum gehen, sie möglichst schlank zu halten, Designer:innen werden für jedes Feature begründen können müssen, inwiefern es zum Return on Invest des Produkts beiträgt.

Dabei wird es entscheidend sein, bei einem weiteren Trend des Jahres 2024 keine Kompromisse einzugehen: der Barrierefreiheit. 2025 tritt das Barrierefreiheitsschutzgesetz in Kraft, das für viele Unternehmen vorschreibt, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung für möglichst viele Menschen bedienbar zu machen. Es gilt also, sich schon in diesem Jahr detailliert zu den Anforderungen zu informieren und in allen Designprozessen Barrierefreiheit mitzudenken. Das ist kein Widerspruch zu den aufkommenden Effizienzanforderungen, schließlich stellt ein barrierearmes Design sicher, dass alle Menschen das Produkt nutzen können und erweitert so den Kreis potenzieller Käufer:innen.

Beide Trends werden von den Fortschritten Künstlicher Intelligenz (KI/AI) gestützt. 2024 werden sich die Möglichkeiten und Anwendungsgebiete für KI mit steigendem Know-How der Anwendenden stetig erweitern. AI-driven Design wird im Prozess schneller und zielführender ablaufen und im Ergebnis beispielsweise stärkere Personalisierung sowie bessere Fehlerantizipation ermöglichen. Immer öfter werden auch Designaufträge für digitale Produkte schon Funktionen beinhalten, die sich nur durch KI-Features abbilden lassen. Das Jahr wird davon bestimmt sein, sich das passende Toolset zusammenzustellen, um diese Möglichkeiten bestmöglich ausnutzen zu können.

2024 erwartet uns also sowohl ein Jahr, in dem (mal wieder) neu über Design nachgedacht werden muss. Mit Kostenoptimierung bzw. Gewinnmaximierung, Bedienbarkeit und KI-Einbindung verstärken sich die Schwerpunkte in Design-Überlegungen, die sich 2023 bereits abgezeichnet haben. Die Themen, die im letzten Jahr vielleicht noch den Vorreitern der Branche überlassen werden konnten, werden 2024 die ganze Branche beschäftigen.“

COBE

Thomas Schatton, Geschäftsführender Gesellschafter bei Panama

Design- und Branding im Jahr 2024

Retro ist voll da

„Natürlich ist KI-generierte Kreation das Überthema der Zeit. Vor diesem Hintergrund werden wir 2024 die Reaktion der Community erleben, wie sie sich der KI bedient und ihr das Menschengemachte – oder eine Ikonografie dessen – gegenüberstellt.

Plus: Retro ist voll da, gerade sind es die 90er, und damals wie heute fasziniert das Unvollkommene. In einer Gegenbewegung zum „Gloss“ des Gerenderten wird wieder gekritzelt, distorted, verpixelt, verrauscht, gesprayed. Auf- und übereinander. Wider der Glätte und Konformität der AI.

Pralle Farbverläufe treffen auf 3D-Texturen treffen auf megafette Buchstaben, deren geometrische Grundkonstruktion durch handschriftlich-geschwungene Formen verbunden wurden. Viele Bestandteile, deren jeweilige Machart thematisiert wird. Ein Statement pro Individualität durch Dekonstruktion.

Mich persönlich fasziniert in diesem Spannungsfeld die Renaissance der Typografie, die wir erleben. Schrift wird expressives Stilmittel, Schrift entfaltet noch mehr Potential im Branding. Von Mikro bis Makro. Die Konformität ist over. Auch die 90er haben eine Befreiung der Typografie zelebriert. Der ultrakreative Umgang mit Typo, Satz und Layout fand damals im Print statt, heute wird er auf Bildschirmoberflächen emuliert. Denn wieder ermöglicht neue Technik neue Formen, sei es mit noch mehr Open Type Features, noch mehr Webfähigkeit, noch mehr 3D, Interaktion, Animation.“

Panama

Grafik Julien Fincker

DESIGNBOTE – Design- und Branding im Jahr 2024 – Ausblicke