Bestimmt ist ein gutes Portfolio der wichtigste Türöffner für eine Mitarbeit bei Designschmieden und Werbeagenturen. Aber kaum sitzt man vor dieser Aufgabe, dauert es nicht lange bis zu der Erkenntnis, dass es doch gar nicht so einfach ist, die Vielfältigkeit der eigenen Kreativität und des eigenen Ideenreichtums auf wenige Seiten zu komprimieren. Denn darum geht es ja: Du bist kreativ, Dein Ideenreichtum ist ungezügelt und Deine Motivation ist unschlagbar. Genau dies soll die ganze Welt wissen. Und wenn schon nicht die ganze Welt, dann doch wenigstens die besten Auftrags- und Arbeitgeber. Wer jetzt nicht aufpasst, gelangt in ein Hamsterrad. Manche Agenturen klagen über die Einsendung kaum zu überblickender Portfolios. Manche sind schlecht aufbereitet, lieblos und handwerklich so unzureichend aufbereitet, dass sie gleich aussortiert werden. Andere gleichen in ihrer Fülle fast dem Katalog eines schwedischen Möbelhauses und überfordern die Empfänger in den Agenturen nicht nur, sondern machen es fast unmöglich, den Menschen hinter dem Portfolio zu entdecken.

Zielgerechte Ansprache
Nur wenige Bewerber schaffen es, sich auf genau die Arbeiten zu konzentrieren, hinter denen sie voll und ganz als Designer aber auch als Mensch stehen. Wer sich bei einer Agentur bewirbt, hat gerade als kreativer Mensch schon mit dem Wunsch, dort zu arbeiten, eine persönliche Verbindung mit diesem Unternehmen aufgenommen. Dann ist es schon fast selbstverständlich, dass auch ein Portfolio, dass die Persönlichkeit des Bewerbers zeigt, keine zu allgemeine Bewerbung, sondern eine zielgerechte Ansprache wird. Dadurch lässt sich schon einer der gängigen Fehler bei der Erstellung des Portfolios vermeiden: Das zu allgemeine Portfolio ohne Abstimmung auf die Agentur.

Interessante Dramaturgie
Ja, auch ein gutes Portfolio soll auf einer Dramaturgie stehen. Auch hier steht alles unter der Frage, welchen Rahmen man dem eigenen Portfolio geben will. Hier kann man sich auf ein ganz bestimmtes Produktfeld konzentrieren, ob nur Prospekte, Websites oder Verpackungen, auf die ganze Palette, die man einmal für einen Kunden oder für ein Projekt entworfen hat, oder man schreibt mit dem Portfolio eine Art eigener Entwicklungsgeschichte. Sicherlich haben kreative Menschen hier noch viel mehr Ideen. Wichtig ist nur, dass das Portfolio „rund“ wird und dabei einem einmal aufgenommenen roten Faden folgt. Einem roten Faden, der nur zu einem führen konnte: Der Bewerbung bei der Agentur, die dieses Portfolio erhält.

Der Weg ist das Ziel:
Allzu oft werden in Portfolios lediglich die Endergebnisse dargestellt. Der Prozess, der zu diesen Ergebnissen führte, wird nicht gezeigt. Dabei sind die Skizzen und die Gedanken, auf denen diese Skizzen beruhen, mindestens so wichtig, wie das Resultat. Wir kennen das fast alle noch aus der Schule. Ohne Rechenweg war die Aufgabe nur halb so gut zu bewerten. Und auch wenn die Lösung richtig war, der Gedankengang und somit auch der kreative Prozess blieb unsichtbar. Genau so unsichtbar blieb dann auch der Mensch. Wer möchte das? Wer möchte sich unsichtbar bewerben? Und welcher Arbeitgeber stellt Resultate ein, welcher Auftraggeber lässt sich mit Endergebnissen auf einen kreativen Prozess ein?

Wer ist das nochmal?
Bei aller Kreativität sollte das Selbstverständliche natürlich nicht vergessen werden: Der eigene Name. Dabei ist es gar keine Übertreibung, den eigenen Namen auf jeder Seite des Portfolios zu veröffentlichen. Das ist umso wichtiger bei den vielen Online-Portfolios.  Oft werden in den Agenturen Screenshots von nur einer Seite gemacht und zur weiteren Beurteilung verteilt. Wenn dann der Name fehlt, kann es schnell zu Verwechslungen kommen. Und selbstverständlich dient es auch der eigenen Sicherheit. Es gibt keine sicheren Netze. Und niemand sollte es in eigenem Interesse anderen zu leicht machen, Ideen zu stehlen.

Kontakt
Kaum zu glauben, aber wahr. Oft fallen der ganzen Kreativität und dem Enthusiasmus andere wichtige Dinge zum Opfer, die fast trivial sind. An wen sollen sich die Agenturen wenden? Es schwirren zahlreiche Portfolios im Netz herum, liegen genau so viele gedruckte Mappen in Schreibtischschubladen, auf denen einfach nur die Kontaktdaten der Designer fehlen. Also bitte daran denken und vor dem Senden oder dem Upload noch einmal checken, ob die eigenen Kontaktdaten deutlich lesbar vorhanden sind. Es wäre sonst wirklich schade um die ganze Arbeit und die vielen Hoffnungen.

Online oder PDF?
Um die Antwort gleich einmal vorwegzunehmen: Eine PDF-Datei hat sich als sehr viel praktikabler erwiesen, als der Upload des eigenen Portfolios auf einen Online-Dienst oder den eigenen Server. Doch das eine soll das andere niemals ausschließen.  Eine E-Mail Bewerbung mit angehängtem Portfolio im PDF-Format hat noch etwas persönliches. Zudem können die Empfänger ohne viele Klicks und Verzweigungen das schnell sehen, worauf es ankommt. Sachbearbeiterinnen und Chefs mögen das.  Zudem liegt diese Datei so ohne Ablenkungen vor ihren Augen. Keine Werbebanner oder auch noch so kleine Einblendungen stören den Blick. Doch auch der Upload auf ein Portal hat seine Vorteile. Die Datei liegt wie eine Datensicherung auf einem anderen Server. Das ist schon mal beruhigend, denn es kann immer mal etwas passieren. Auch kann bei Rückfragen schnell einmal auf diesen Link verwiesen werden, ohne noch einmal eine PDF versenden zu müssen. Der Vorschlag: Beides machen. Der E-Mail eine PDF anhängen und zusätzlich das perfekte Portfolio auf einer Plattform veröffentlichen.

Korrektur lesen!
Es ist ein leidiges Thema, aber niemand, nicht einmal die Autoren des Duden, sind gefeit vor Rechtschreibfehlern. Diese Dinger schleichen sich einfach ein. Hinterhältig entziehen sie sich erst unseren Blicken und plötzlich prangt in der ersten Zeile des Anschreibens ein „Sehr gehrte“, obwohl niemand schräg geschnitten werden soll. Tatsächlich übersehen wir alle schnell irgendwelche Tippfehler. Vor allem die eigenen. Es ist also wichtig, alle Texte im Portfolio, aber auch das Anschreiben Korrektur lesen zu lassen. Dies ist natürlich auch online möglich. Eine gute Rechtschreibprüfung bietet zum Beispiel der Online-Duden. Wenn es nicht unbedingt sein muss, sollte auch auf zu komplizierte grammatikalische Finessen verzichtet werden.

Sei stark!
Jeder hat Stärken und alle haben irgendwo Schwächen. In ein Portfolio gehören selbstverständlich die Stärken. Auch wer ein Portfolio unter Berücksichtigung der vorangegangenen Punkte zusammengestellt hat, steht am Ende vor der Frage: War da nicht noch etwas? Habe ich etwas vergessen? Bei so wichtigen Dingen ist das eine völlig verständliche Frage. So ähnlich wie die Frage während der Urlaubsreise: „Habe ich das Bügeleisen ausgestellt?“ Jetzt besteht die Gefahr, nachträglich Dinge in das Portfolio zu setzen, die dort nicht unbedingt hingehören. Diese Arbeiten, zu denen man nicht voll und ganz steht. Also sollte man sich noch einmal ganz entspannt zurücksetzen und ruhig Seite für Seite durchgehen, ob die Stärken des eigenen Schaffens gut verdeutlicht werden und auch authentisch sind. Wer authentisch ist, also in sich ruht, wird sich auch von der Frage nach dem ausgeschalteten Bügeleisen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er weiß ja, dass die Fahrt sonst noch nicht begonnen hätte. Also ruhig Blut und alles wird gut!

Ausbildung
Es schmerzt, aber leider muss es erwähnt werden: Ausbildung ist nicht gleich Ausbildung. Sehr viele Hochschulen und Universitäten, aber auch private Einrichtungen konzentrieren sich sehr stark auf die Bildung und Förderung von Kreativität sowie Neu- und Querdenken. Oft wird die Ausbildung in den handwerklichen Bereichen vernachlässigt. Fächer wie Fotografie und Typografie werden meistens nur noch angerissen. Und mit ihnen auch andere essenzielle Fächer, wie Farbenlehre, Optik oder Materialkunde. Stattdessen gerät der Fokus immer mehr in die Richtung Marketing und Kommunikationspsychologie, was beides keine unwichtigen Fächer sind, jedoch das Handwerk zu stark ignorieren. Genau in dem Handwerk zeigt sich aber die Leidenschaft. Über das Handwerk können Menschen leicht den ihnen wichtigen Schwerpunkt ihrer Arbeit kennen lernen. Und genau die Leidenschaft ist es, die einem Portfolio Charakter verleihen kann. Vor der Erstellung eines wirklich guten Portfolios sollte man sich also auch einmal die Zeit dafür nehmen, die eigene Leidenschaft zu erkunden, die einen richtig gut macht in diesem Beruf.