Die irakisch-stämmige Britin Zaha Hadid war eine der wenigen Frauen, die sich in einer männlich dominierten Branche durchsetzen und zur Marke werden konnte. Sie war in 167 Jahren die erste, die mit der Goldmedaille des Royal Institute of British Architects ausgezeichnet wurde und erhielt gleich zwei Mal den begehrten Stirling-Preis.

Der charakteristische Duktus der von ihr entworfenen Gebäude und Produkte mit ihren markanten, organischen Kurven und dynamischen Schrägen ist unverwechselbar. Mit dem Olympischen Schwimmstadion in London, dem Zentrum für darstellende Kunst in Abu Dhabi oder dem Nationalmuseum für moderne Kunst in Rom hat Zaha Hadid in vielen Metropolen der Welt unübersehbare architektonische Marken gesetzt.

Zaha Hadid kam 1950 in Bagdad als Tochter des Geschäftsmanns und Politikers Muhammad Hadid zur Welt und besuchte eine katholische Schule. Hadid studierte an der American University in Beirut Mathematik, ging aber nach dem Ausbruch des Krieges 1972 nach London um an der Architectural Association School of Architecture zu studieren. Dort fiel sie den Lehrkräften schon bald durch ihre von dem russischen Konstruktivisten Kasimir Malewitsch inspirierten Entwürfe mit den für sie typischen kippenden Flächen, an Scherben gemahnenden Wänden und wild wogenden Dächern auf. So reihte sich Hadid in eine avantgardistische, aber schwer vermittelbare Tradition ein, mit prominenten Vertretern wie Frank O. Gehry, Daniel Libeskind oder Peter Eisenman.

Der charakteristische, kühne Stil von Zaha Hadid sorgte schon beim Start ihrer Karriere für Aufsehen, als sie ihr berühmt gewordenes Konzept für The Peak in Hong Kong zeichnete. Dieser horizontal interpretierte Skyscraper ließ in der Welt der Architektur die Augenbrauen hochschnellen. Doch blieb der Entwurf, wie so manch andere der jungen Architektin, unrealisiert. Genau wie ihre Ideen zum Berliner Kurfürstendamm oder dem Medienhafen in Düsseldorf waren sie zu avantgardistisch, galten als bautechnisch unrealistisch und wurden nie Wirklichkeit. Hadid galt damals noch als ‚paper architect‘, deren Ideen niemals das Reißbrett verlassen würden. Doch schließlich bezwang sie als ‚Queen of the curve‘ mit ihren dynamisch-spannungsreichen Formen die versteinerten Konventionen der Baukunst und wertete internationale Metropolen mit architektonischen Landmarken auf.

Eine Feuerwache gilt als das erste realisierte Werk von von Zaha Hadid. Für andere Quellen ist es aber ein eher unscheinbares Wohnhaus, das 1987 in Berlin-Kreuzberg errichtet wurde. Weil seine Stilistik aber angeblich von den Baubehörden ‚zensiert‘ worden war, fand es sich später nicht in der Liste von Zaha Hadids Referenzen.

Hadids Karriere nahm international Fahrt auf, als ihr Entwurf für das Center for Contemporary Art in Cincinnati, Ohio verwirklicht wurde und weltweite Anerkennung fand. 1980 gründete sie in London ihr eigenes Architektur-Studio, das Mitte der 2000er Jahre schon etwa 150 Mitarbeiter beschäftigte. Hadid konnte kaum noch die vielen neuen Aufträge abarbeiten, die auf sie zukamen, aber dafür bot sich ihr jetzt die Chance, die Architekturlandschaft weltweit mitzugestalten. Inzwischen hat das Büro über 400 MitarbeiterInnen und über 1000 Projekte in 44 Ländern realisiert.

So nachhaltig und unbeirrbar wie sich eine Frau, zudem aus dem arabischen Kulturraum, in einem maskulin dominierten Geschäftsfeld durchsetzte, das rang so manchem Kollegen Respekt ab. Als Hadid 2004 als jüngste und erste Frau den renommierten Pritzker-Preis entgegennehmen durfte, quasi der Nobelpreis für Architektur, da verglich die Jury sie mit Oscar Niemeyer, dem Schöpfer der sinnlichen Architektur von Brasilia und für Frank O. Gehry war sie gar eine „Naturgewalt“. 2012 wurde Hadid von Queen Elizabeth zu ‚Dame Hadid‘ geadelt.

Hadid hatte inzwischen Kubismus und Futurismus hinter sich gelassen und wandte sich sinnlich gerundeten Unikaten zu, die in ihrer schieren Exzentrik den Atem verschlugen. In Baku, Abu Dhabi und Peking schmeichelten ihre von Geschichte, Plan und den Bedürfnissen ihrer gebauten Umgebung entkoppelte glamouröse ‚Signature Buildings‘ der Eitelkeit ihrer potenten Kunden. Kritiker geißelten ihre Blasiertheit, die sie auf dem Gipfel ihres Ruhms zu Beton gerinnen ließ. Ihre am Computer kalkulierte Extravaganz gebar eben auch extravagante Nachtmare an der Grenze des statisch Machbaren, wie das London Aquatic Centre oder auch Museen an deren gerundeten Wänden Bilderrahmen im Leeren baumelten.

Mit dem Tod von Zaha Hadid im März 2016 hat die Welt von Architektur und Design eine außergewöhnliche Architektin und eine ihrer stilprägendsten Gestalten verloren

Bei aller Kritik, wird anhand exemplarischer Bauten in Hadids unverkennbarer Handschrift dennoch der Rang und Einfluss der leider viel zu früh verstorbenen Pritzker-Preisträgerin deutlich.

Zaha Hadid – Vitra ‚Feuerwache‘, Weil am Rhein

Wie eine versteinerte Detonation behauptet sich die Feuerwache in Weil am Rhein gegenüber den umliegenden gesichtslosen Hallen. Ihre verkanteten Betonflächen fluchten in Richtung Haupteingang. Auch im Inneren keine Farbe, keine rechten Winkel. Die phantasievoll dekonstruktivistische Funktionsarchitektur wird heute von Vitra für Veranstaltungen genutzt.

Die Feuerwache des Vitra-Campus, Weil am Rhein von Zaha Hadid.

Die Feuerwache des Vitra-Campus, Weil am Rhein von Zaha Hadid.

Deutschland sollte sich für die junge Architektin zu einem wichtigen Markt entwickeln. Unter anderem künden davon das Phaeno in Wolfsburg und ein BMW-Werk in Leipzig.

MAXXI Museum in Rom

MAXXI, oder auch Museo nazionale delle arti del XXI secolo (Nationales Museum der Kunst des 21. Jahrhunderts) ist ein genreübergreifender Raum für Ausstellungen und Aufführungen.

Das Museum würdigt die Art und Weise wie in der Ewigen Stadt schon seit Urzeiten und allenthalben der Werkstoff Beton eingesetzt worden war. Aber ihr Entwurf huldigt auch dem Minnarett von Samarra und Bernini’s Säulen auf dem Petersplatz des Vatikans. Nach zehnjähriger Bauzeit wurde das Museum 2010 eröffnet.

Heydar Aliyev Center, Baku

Das Kulturzentrum mit der Anmutung einer Landschaft entsprang 2007 einem Wettbewerb. Das 2012 eröffnete skulpturale Heydar Aliyev Center beherbergt seit seiner Eröffnung in 2012 unter anderem das Nationalmuseum von Aserbaidschan, eine Bibliothek sowie mehrere Konzert- und Konferenzsäle, und bricht bewusst mit der Formensprache der benachbarten Architektur. Die bautechnische Herausforderung der wogenden, gewölbten und gefalteten Konstruktion wurde mit einem stützenden, räumlichen Fachwerk gemeistert, dessen Gitterrahmen mit glasfaserverstärkten Beton- bzw. Kunststoffplatten bekleidet wurde. Die reflektierende Hülle verändert ihre Optik je nach Tageszeit und Blickwinkel und erlaubt in der Dunkelheit den Blick ins erleuchtete Innere.

Riverside Museum, Glasgow

Das Riverside Museum of Transport im schottischen Glasgow, 2011 als Hadids erstes Bauwerk in Großbritannien realisiert, scheint viskos in die Stadt zu fließen, endet an den Ufern von Clyde und Kelvin in zackigen, verglasten Giebelsilhouetten. Das an einen gefalteten Lavastrom erinnernde Profil der Dachkonstruktion präsentiert sich, je nach Blickwinkel, mal schroff gezackt oder sanft gewellt.

One Thousand Museum, Miami

Einer der jüngsten Bauten von Zaha Hadid und ihr erster Skyscraper auf der Westhalbkugel ist das One Thousand Museum in Miami. Trotz des irreführenden Namens steht die gewagte, 210 Meter hohe Struktur aber nicht im Dienste der Kultur sondern huldigt einzig und allein dem Luxus seiner finanzkräftigen Bewohner. Die exklusive Appartementanlage am Biscayne Boulevard Nr. 1000 wird von einem gerippten Außenskelett in Form gehalten, das an einen Skorpion erinnert. Die zurückspringende Glasfront schafft Raum für die Balkone der 83 Luxus-Appartments. Gekrönt wird der Nobelturm von einem Helikopterlandeplatz und einer Poollandschaft.

OPPO Headquarters, Shenzhen

Zaha Hadid Architects hat den ersten Platz in einem Wettbewerb für den Entwurf des Hauptsitzes des Smartphone-Herstellers OPPO in Shenzhen, China, gewonnen. Die vier miteinander verbundenen Türme, von 200 m (42 Stockwerke) Höhe und 185.000 qm bestehen aus zwei durch eine 20-stöckige vertikale Lobby verbundene Türme sowie zwei Servicetürme, die eine vertikale Luftzirkulation ermöglichen. Der neue urbane Raum wird von einem öffentlichen Fußweg durchquert und umfasst einen begrünten Platz, eine Kunstgalerie, Geschäfte, Restaurants und eine Anbindung an eine U-Bahnstation. Die organisch geformten Türme erlauben ein tolles Panorama über die Bucht von Shenzhen. Die Sky Plaza im zehnten Stockwerk bietet den Bewohnern, Besuchern und OPPO-Mitarbeitern Restaurants, Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten, das öffentlich zugängliche Sky Lab soll eine spektakuläre Aussicht über eine der dynamischsten Städte der Welt bieten.

Das Gebäude erreicht die LEED-Gold-Zertifizierung des US Green Building Councils und wurde mit 3D-Gebäudeinformationsmodellierung und Energiemanagementsystemen geplant. Seine Fertigstellung ist für Anfang 2025 geplant.

Messner Mountain Museum MMM Corones

Beim Messner Mountain Museum MMM Corones, auf dem 2.275 Meter hoch gelegenen Gipfelplateau des Kronplatz zwischen Gadertal, Olang und Pustertal, erzählt sein Gründer Reinhold Messner vom traditionellen Alpinismus. Weit schweift aus den markanten Fensteröffnungen und einer zungenartig auskragenden Terrasse der Blick über die Dolomitengipfel und Alpen und wird zu einem Element der Ausstellung. Man sieht die Lienzer Dolomiten im Osten und den Ortler im Westen, die Marmolata im Süden und die Zillertaler Alpen im Norden.

Der Kronplatz im Winter ein lebhaftes Skigebiet, lockt im Sommer kaum Menschen auf den Berg. Mit der Aussichtsplattform und dem Museum ist das Plateau auch im Sommer ein attraktives Ausflugsziel. Die Architektur von Zaha Hadid macht es zu einem Ort der Entschleunigung, einem Gegenentwurf zu den allgegenwärtigen Alpen als Sportgerät. Dank Zaha Hadid wurde der Ski- und Wandergipfel, der Berg der Drachen- und Gleitschirmflieger zu einem markanten Museumsberg.

DESIGNBOTE – Superscape 2020 – Der Architekturkonzeptpreis geht in die vierte Runde

 

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Titelbild: Pollock „Number 31“: Elnur / Shutterstock.com
Feuerwache des Vitra-Campus: Peeradontax / Shutterstock.com