HELLO LUCKY KITTY, TEACH ME SOME IT!

Eine Winkekatze macht begreifbar, wie programmieren funktioniert

Winkekatzen & IT

Ob „Grumpy Cat”, „Keyboard Cat” oder „Simon the Cat” – die großen Stars des Internets sind Katzen. Die japanische Winkekatze „maneki-neko“ kannte man bisher allerdings eher aus dem echten Leben: ob in Asia-Restaurants, Hotel­lobbys oder beim Späti – als Glücksbringer ist die winkende Katze mittlerweile zur weltweiten Kultfigur geworden. Aber maneki-neko kann noch viel mehr, als nur Glück und Wohlstand zu verbreiten: die Berliner Kreativagentur Ar­chimedes Exhibitions hat die Glückskatze in enger Zusammenarbeit mit dem größten Computermuseum der Welt, dem Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn, zu einem interaktiven Ausstellungsobjekt gemacht, das Schülerinnen und Schülern anschaulich zeigen kann, wie Programmieren funktioniert.

Katzen per Befehl zum Tanzen bringen

Die Aufgabe war es, für eine Dauerausstellung zum Thema “Digitalisierung” im Heinz Nixdorf MuseumsForum Grundzüge der Programmierung spielerisch zu vermitteln – das allerdings ohne den Einsatz eines Screens oder Displays, dafür aber als große Installation mit Fernwirkung. Am besten möglichst “gender-offen”! Gemeinsam mit dem Museumsteam um Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff und Kuratorin Kirsten Heyn hat Archimedes daraufhin ein Exponat mit 49 Winkekatzen konzipiert und anschließend auch produziert. Durch verschiedene Program­mierbausteine können die Besucher Befehlsketten legen, mit denen die Katzen zum Winken und Drehen gebracht werden. Die Programmieranweisungen werden sensorisch erfasst und auf richtige Syntax geprüft – ist die Befehlskette korrekt, führen die Katzen das gewünschte Programm aus und beginnen zu “tanzen”: Die Ergebnisse sind direkt hör-, fühl- und natürlich sichtbar. Die ausgefeilten Choreographien sorgen dafür, dass die Besucher ein unmittelbares Feedback erhalten, wie sich ihre Programmieranweisungen auswirken. So gewinnen sie ein direktes Verständnis für die Funktionsweise von Programmierung!

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Popkultur trifft Wissenschaft

Insbesondere für Schülerinnen und Schüler ist die Winkekatze als Kultfigur ein attraktiver Gegenstand, der interaktiv grundlegende Programmier-Syntax vermittelt und zum Eintauchen in die digitale Welt einlädt. Ein popkulturelles Symbol wird so zum pädagogisch wertvollen Objekt. Und tatsächlich bildeten sich Warteschlangen an Jugendlichen vor den Winkekatzen im Heinz Nixdorf MuseumsForum, die sich gegenseitig das Programmieren erklären wollten. Das Feedback war so positiv, dass das Winkekatzen-Exponat bereits vom nächsten Museum angefragt wurde: Weitere IT-vermittelnde Katzen stehen nun auch im TECHNOSEUM Mannheim. Anke Keller, eine der Kuratorinnen des Museums, sagt zu dem Winkekatzen-Exponat: “Schnell hat sich gezeigt, dass sich die Katzen bei Jung und Alt großer Beliebtheit erfreuen. Toll ist, dass die Station auf einfache und gleichzeitig anschauliche Weise die Grundprinzipien des Programmierens erklärt. Sie ist sicher eins der interaktiven Highlights der Ausstellung.”

Dieser Erfolg zeigt: Auch über ihre Ursprungsausstellung hinaus hat die Winkekatze mit ihrer Ästhetik das Potential, die MINT-Fächer zu stärken und junge Menschen fit für die digitale Zukunft zu machen.

Von der Idee zum Produkt

Aber wie genau hat die Winkekatze eigentlich ihren Weg in das Computermuseum gefunden? Wie ist die Idee entstanden, aus einer Popkulturfigur ein IT-Lehrobjekt zu machen? Und welche Herausforderungen gab es bei der Produktion eines interaktiven und so komplexen Exponats? Dazu haben wir die Macher der Archimedes-Winkekatze befragt: die Interaktionsdesignerin Katharina Loderstädt und die Software- und Systementwickler Henrik Thoms und Marco Fagiolini. Im Interview “Behind the Scenes” erzählen die drei, wie eine japanische Glückskatze zur IT-Lehrerin wurde.

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BEHIND THE SCENES:

DAS MAKING-OF DER WINKEKATZE

Von der Idee zum Produkt

Als Kreativagentur für Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur erstellen wir bei Archimedes Exhibitions nicht nur Ausstellungen, Installationen, Apps und Exponate, sondern forschen immer auch an neuen Möglichkeiten, um wissenschaftliche Phänomene und gesellschaftliche Themen besser versteh- und erfahrbar zu machen. Die Winkekatze ist eines unserer Highlight-Exponate, weil sie einen komplexen Themenbereich – Programmierung – auf spielerische und kreative Weise zugänglich macht.

Aber wie kam die Winkekatze überhaupt zu uns? Wie die Idee entstanden ist, Programmiergrundlagen mit einer winkenden Glückskatze begreifbar zu machen und wie ein solches Exponat produziert werden konnte – das erklären am besten die Macher hinter dem Exponat.

DIE INTERAKTIONSDESIGNERIN: KATHARINA LODERSTÄDT

Frage: Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, eine Winkekatze mit dem Thema “Programmierung” zu verbinden?

Katharina Loderstädt: Die Idee ist in enger Zusammenarbeit mit unserem Kunden bei einem Workshop für die Ausstellung „Code Lab“ mit dem Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn entstanden. In der Ausstellung sollte es um das Thema Programmierung gehen. Grundgedanke war, die Thematik für jedermann verständlich und attraktiv zu machen.

Und warum dann gerade eine japanische Glückskatze, um IT verstehbar zu machen?

Katharina: Ehrlich gesagt: Die Winkekatze war ein spontaner Einfall. Es gab einen intensiven Abstimmungsprozess zwischen uns und dem Museum, bei dem die Winkekatzen-Idee immer mehr Liebhaber gefunden und sich folglich durchgesetzt hat. Wir wollten ein Objekt, das man durch einfache Programmierbefehle kontrollieren kann. Anfangs hatten wir über Roboter für Kinder nachgedacht, die sich bewegen, in einem Parcours fahren, Hindernisse oder andere Roboter erkennen können. Aber das war alles viel zu komplex! Die Aufmerksamkeit der Besucher wäre auf die Roboter ausgerichtet gewesen und hätte nicht das Wesentliche – nämlich die Programmierung – ins Zentrum gestellt. Die Winkekatze hat den Vorteil, dass sie gar nicht so viel kann, das aber sehr charmant: Winken.

Gab es auch Schwierigkeiten, die mit dem Exponat verbunden waren?

Katharina: Eine besondere Herausforderung war: Wir arbeiten gegen die Zeit. Im Museumskontext begegnet uns diese Schwierigkeit fast immer, weil die Besucher im Durchschnitt nur ein paar Minuten an einem Exponat verbleiben. Basis-Programmierkenntnisse, die ja normalerweise in der Schule, in Kursen oder spielerisch durch Spielzeuge für Kinder vermittelt werden, setzen aber eine gewisse Lernzeit und Wiederholung voraus. Das ist im Museum natürlich nicht möglich. Das heißt: Wir mussten ein sehr komplexes Thema so einfach umsetzen, dass die Besucher sofort einen Lerneffekt haben.

Und, hat es funktioniert? Hast du Feedback zum Exponat bekommen?

Katharina: Ja, das Feedback war sehr gut, besonders bei Besucherinnen! Viele haben gesagt: “Das ist ja auch mal was für Mädchen.”

Was ist aus deiner Sicht als Interaktionsdesignerin das Besondere an der Winkekatze?

Katharina: Ich denke, das Besondere ist die Übersetzung von “Code in Katze” und von “Tasten in Spielsteine”. Das Exponat besteht aus zwei Komponenten, die beide wichtig sind. Natürlich sind die Winkekatzen auch ein starker visueller Reiz, sie sind lustig und fallen sofort auf. Streng genommen sind sie aber nur der Output, das „Display“. Die Steuerung der Katzen erfolgt durch die Chips, auf denen jeweils ein Stück Programmcode steht. Ein Chip ist zum Beispiel “Drehen”, ein anderer Chip ist “Stop” und so weiter. Die Chips sind mit sogenannten RFID-Sensoren ausgestattet und die gelegte Syntax wird dann in die Bewegung der Katzen übersetzt. Die richtige Syntax für Programmierbefehle muss vom Besucher selbst gelegt werden. Von der Handhabung erinnert das ein bisschen an Scrabble. Das kennt und mag jeder!

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DIE ENTWICKLER: HENRIK THOMS UND MARCO FAGIOLINI

Frage: Eine Winkekatze, die Programmier-Grundkenntnisse vermittelt – welche Idee steckt dahinter?

Henrik Thoms: Die Ursprungsidee war es, nicht einfach nur eine Installation zum Thema “Programmierung” zu entwerfen, sondern den Besuchern die Möglichkeit zu geben, selbst visuell zu programmieren. Dafür haben wir eine Programmiersprache entwickelt, die so simpel sein musste, dass Nutzerinnen und Nutzer sie auf Anhieb verstehen können.

Marco Fagiolini: Wir wollten weg von Installationen, die man nur digital auf dem Bildschirm sieht, hin zu sogenannten “Hands-on Exponaten”. Der Besucher soll selbst eine Erfahrung machen. Die Winkekatze fasst man zwar nicht mit den Händen an, aber man bekommt unmittelbares Feedback in dem Moment, in dem man etwas mit den Programmierbausteinen macht.

Habt ihr vorher schon mal an ähnlichen Projekten wie der Winkekatze gearbeitet?

Marco: Wir hatten einige Projekte, die nach derselben Logik funktionieren. Von der Steuerung extrem leistungsstarker Pumpen bis hin zum Entwurf von spezifischen elektronischen Komponenten. Zum Beispiel, um mit Sand Figuren in die Luft zu zeichnen oder Klangmuster mit einem programmierbaren Glockenspiel generieren zu können.

War es schwierig, die Hard- und Software für so ein Exponat zu entwickeln?

Marco: Eine Herausforderung war es, die Schnittstelle zwischen Hard- und Software zu finden, weil wir beides zunächst unabhängig voneinander entwickelt haben. Wir hatten also zwei individuelle Systeme: eins für die Programmlogik und Interpretation der Programmbausteine und eins für die Steuerung der mechanischen Komponenten, das die notwendigen Verhaltensmuster auslöst.

Henrik: Die Systeme haben wir am Ende über ein Netzwerk miteinander verknüpft, es ist somit ein verteiltes System. Mehrere separate und möglicherweise räumlich getrennte Systeme werden zu einem Exponat zusammengefasst. Diese Herangehensweise hat sich bei komplexen mechatronischen Projekten bewährt und wird auch zukünftig fester Bestandteil unserer Arbeit sein.

Bilder: Copyright Michael Feser / Archimedes Exhibitions

https://www.archimedes-exhibitions.de/