Die Künstlerische Mitarbeiterin Susann Paduch ist für Ihre Porzellanserie »Lücke Geschirr« in der Kategorie »Konzept« mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet worden. Mit ihrem Design macht die Porzellanspezialistin auf produktionsbedingte, aber hinnehmbare Mängel aufmerksam und hinterfragt damit die Qualitätsstandards in der Porzellanproduktion.

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Susann Paduch im Sommer 2019 mit einer Schüssel des preisgekrönten Lücke Geschirrs; Foto: Philipp Montenegro

Wer schon einmal den Werksverkauf eines Porzellanherstellers besucht hat, stellte sich womöglich die Frage, warum die einzelnen Stücke nicht durch die Qualitätskontrolle gelangt sind. Für die Einkäuferinnen und -käufer sind die Fehler im Material, die beim Produktionsprozess entstehen können, oftmals kaum erkennbar. Warum also landet dieses Geschirr als zweite Wahl im Werksverkauf oder wird gar entsorgt?

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Das »Lücke Geschirr« wurde mit dem Bundespreis Ecodesign in der Kategorie »Konzept« ausgezeichnet; Foto: Philipp Montenegro

Genau diesem Problem hat sich Susann Paduch gewidmet, die an der Professur Material und Umwelt im Studiengang Produktdesign an der Bauhaus-Universität Weimar lehrt und arbeitet. Als das Pop-Up-Restaurant »Die Lücke«, das den Fokus auf Nachhaltigkeit legt, im Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 erneut in Weimar Station machte, sollte ein eigenes Geschirr designt werden. Dafür suchte Paduch nach einem regionalen Partner und konnte die Kahla Porzellanmanufaktur für das Projekt gewinnen.

Da die Entwicklung einer eigenen Form zu aufwändig war, rückten ausgemusterte Exemplare bereits produzierter Porzellanstücke ins Blickfeld. Beim Betrachten der Mängel der B-Ware entstand die Idee, genau diese Fehler zu inszenieren. Paduch entwickelte zunächst ein Klassifizierungsmodell für insgesamt 15 typische »Macken« des Porzellans und entwarf ein Dekor-Design, das nachträglich in die Stücke eingebrannt wurde. Entstanden ist eine Porzellanserie, die individueller nicht sein könnte – jeder Teller und jede Schüssel ist ein echtes Unikat mit Schönheitsfehlern zum Liebgewinnen.

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Ein in Szene gesetzter Eisenfleck, die Ausblühung, die beim Brand entstehen kann; Foto: Philipp Montenegro

»Eines meiner Lieblingsphänome, das nicht selten auftritt, ist der sogenannte Eisenfleck«, beschreibt Paduch. »Manchmal bleiben nach der Reinigung der Rohstoffe winzige Eisenteilchen in der Porzellanmasse zurück. Diese Teilchen führen beim Brand dazu, dass ein dunkler Fleck, eine sogenannte Ausblühung, unter der Glasur entsteht. Ich habe mich beim Sichten am meisten über Teile mit besonders vielen dieser Phänomene gefreut. Auch habe ich beobachten können, wie die Gäste der Lücke beim Betrachten des Dekors über die vermeintlichen Fehler ins Gespräch gekommen sind und einen kleinen Einblick in die Prozesse der Porzellanproduktion erhalten haben.«

Günter Horntrich, emeritierter Professor für Ecology und Design an der Köln International School of Design, begründet die Entscheidung der Jury: »Das Dekor bewahrt fehlerhaftes Geschirr vor der Vernichtung und erzeugt zusätzlich einen semantischen Mehrwert – Produkt als Botschaft und Botschaft als Produkt. Es stellt die Frage nach der Warenästhetik des Gebrauchs an sich und der Rolle von Design bei der Prägung möglicherweise überholter Wertvorstellungen.«

Über den Bundespreis Ecodesign:

Um das Potential von Ecodesign verstärkt in den öffentlichen Fokus zu rücken und Innovationen auf diesem Gebiet zu fördern, loben Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt seit 2012 den Bundespreis Ecodesign aus. Mit dem Preis werden Produkte, Dienstleistungen und Konzepte ausgezeichnet, die eine herausragende ökologische Qualität, einen innovativen Ansatz und eine hohe Designqualität aufweisen.

Header Foto: Philipp Montenegro
Uni Weimar