Bei der Erstellung von formellen Texten wie akademischen Arbeiten, Bewerbungsschreiben oder journalistischen Berichten zählt meist nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form. Bewusst oder unterbewusst erwarten wir als Leser eines seriösen Textes gewisse typografische Eigenschaften, die Rückschlüsse auf die Quelle und die Textintention zulassen. Die Gestaltung eines Textes wirkt sich direkt auf die Rezeptionssituation aus und sollte deshalb nie vernachlässigt werden. Welche Punkte besonders wichtig für hochwertige Typografie in akademischen und kommerziellen Texten sind, zeigt eine kurze Checkliste der grundlegendsten Merkmale.

1. Unterschiedliche Adressaten brauchen unterschiedliche Typografie

Die Typografie kann als Beeinflussung der Rezeptionssituation zwischen Leser und Text verstanden werden. Autoren und Grafikdesigner sollten sich zunächst bewusst machen, welches Ziel der zu bearbeitende Text verfolgt – ein Text, der Aufmerksamkeit generieren soll, stellt andere Anforderungen an die Typografie, als ein rein informeller Text oder Bericht. Nicht nur bei der Erstellung, auch bei der Gestaltung von Texten steht die Frage im Mittelpunkt: Wie nimmt der Adressat den Text wahr? Je klarer das Ziel des Textes im Voraus formuliert wird, desto leichter wird also die Entscheidung für ein bestimmtes Layout fallen. Für bestimmte Textformen gelten klare No-gos, die Herausgeber vor der Publikation oder Abgabe eines Textes unbedingt recherchieren sollten. Kleiner Tipp: Orientieren Sie sich vor der Layout-Gestaltung Ihres Textes an vergleichbaren Artikeln und Produkten, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie Ihr Text herausstechen könnte. Sowohl auf der Makro- als auch auf der Mikro-Ebene herrschen in jedem typografischen Arbeitsbereich bestimmte Trends und Normen vor, die unterschiedlich viel Spielraum in der Gestaltung lassen.

2. Neue Medien, neue Mittel

Neben der Textbotschaft und dem Adressaten ist für eine professionelle Typografie vorallem das Medium bestimmend. Für gedruckte Texte gelten andere typografische Regeln als für Texte, die auf digitalen Medien gelesen werden. Die meisten Online-Artikel werden deshalb in unterschiedlichen Ausführungen designt. Auf dem Smartphone lassen sich kurze Textabschnitte mit vielen Silbentrennungen am besten lesen, während dunkle Hintergrundfarben und helle Schrift für Leser an Computer- und TV-Bildschirmen am angenehmsten wirken. Ähnliche Unterschiede bestehen bei gedruckten Büchern und E-Books. Bei Druckartikeln kann das Layout außerdem maßgebend für die Herstellungspreise sein. Jedes neue Medium verlangt also auch nach einem neuen Layout. Durch manuelle Testläufe vor der Veröffentlichung stellen Sie sicher, dass Ihr Text auf jedem Medium lesbar ist und ansprechend wirkt. Das Layout älterer Artikel sollten Sie regelmäßig an bestehende Templates und die gängige Technik anpassen, um eine einheitliche Optik zu schaffen.

3. Aufmerksamkeit generieren und Inhalt vermitteln

Ein Ziel haben alle publizierten Texte gemeinsam: Sie sollen gelesen werden. In unserer digitalisierten und schnelllebigen Gesellschaft wird es deshalb immer wichtiger, die Botschaft eines Textes unkompliziert zu vermitteln. Aussagekräftige Überschriften, abgesetzte Zusammenfassungen und ein gut lesbares Schriftbild sind die Grundvoraussetzungen für leicht verständliche Texte. Kleine Veränderungen an der Schriftgröße, der Absatzstruktur und dem Satz können die Lesbarkeit eines Textes dabei deutlich erleichtern oder erschweren. Journalistische Artikel und Blogeinträge sollten in möglichst kurzen Einheiten gestaltet werden. Grafiken und Bilder lockern das Schriftbild weiter auf. In akademischen Texten und literarischen Narrationen wirken diese Elemente eher ablenkend. Hier kommt es darauf an, sinnvolle Leseeinheiten zu schaffen, die das Tempo beim Lesen vorgeben.

4. Die Typografie bestimmt das Image

Die Gestaltung einer Homepage oder eines Druckprodukts ist entscheidend für das Image des Herausgebers. Über das Layout kann ein Autor oder ein Unternehmen eine Vielzahl von Eindrücken vermitteln. Wiederkehrende Farben und Grafiken unterstützen die Markenbildung und lassen den Leser auf den ersten Blick erahnen, um welche Art von Text es sich handelt und worauf er sich thematisch einzustellen hat. Plagiatisten und Trittbrettfahrer machen gern Gebrauch von diesem Effekt und gestalten ihre Artikel identisch zum Layout erfolgreicher Konkurrenten. Sobald Herausgeber einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben, sollten sie sich deshalb über Markenschutz und Patentierung informieren.

5. Die eigene Schrift als Erkennungsmerkmal

Ein eigenes Schriftbild ist das stärkste Wiedererkennungsmerkmal für Herausgeber und Autoren. Wenn Sie regelmäßig Artikel verfassen und Druckprodukte herausgeben, ist es sinnvoll, eine durchgängige Schriftart zu wählen und diese beizubehalten. Allzu dekorative Schriftarten sollten Sie nur im Titel oder im Untertitel verwenden – für längere Textpassagen sind Standard-Schriftarten wie Times New Roman und Arial die Norm. Durch leichte Variationen in der Breite und dem Abstand der Buchstaben können Autoren auch genormte Texte leicht individualisieren. Beim Erstellen einer eigenen Schriftart sollten Designer auf Schreibschrift-Elemente verzichten und stattdessen eine saubere Druckschrift wählen. In formellen Anschreiben und akademischen Arbeiten vermittelt ein sauberes Schriftbild Professionalität und Sorgfalt, während ein Standard-Blocksatz für werbende Artikel und persönliche Reviews zu streng scheint.

6. Optimieren Sie den Lesefluss

In einem professionell gesetzten Text sollte der Leser keine Auffälligkeiten finden, die auf die Herstellung zurückzuführen sind. Die Abstände zwischen den Wörtern sollten überall etwa gleich groß sein, sodass ein gleichmäßiges Raster entsteht. Bei Texten mit besonders langen Wörtern ist das oft gar nicht so leicht. Durch Silbentrennung können Lücken im Text behoben werden. Zusätzlich zur automatischen Silbentrennung prüfen erfahrene Typographen jeden Textblock genau und passen die Silben gegebenenfalls manuell an, um das Textraster zu optimieren. Allzu viele Silbentrennungen unterbrechen den Lesefluss wiederum – achten Sie darauf, dass maximal zwei aufeinanderfolgende Zeilen mit Silbentrennungen enden. Ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal ist die Vermeidung von alleinstehenden Zeilen am Seitenanfang oder Seitenende. Die sogenannte Hurenkindregelung kann mit den meisten Textprogrammen automatisch angewendet werden, professionelle Texter sollten aber auch hier manuell prüfen, ob das Absatzverhältnis stimmig erscheint. Bei einem 1,5-fachen Zeilenabstand lassen sich auch klein gedruckte Texte flüssig lesen, ohne dass der Leser mit den Augen zwischen den Zeilen verrutscht.

7. Trends und Inspirationen finden

Fällt Ihnen ein Text positiv ins Auge, können Sie viel aus einer kleinen Strukturanalyse lernen. In jeder Branche herrschen andere Trends und Normen – Abschauen ist also ausdrücklich erlaubt. Designer setzen bei der Erstellung von Layouts meist auf einfache wahrnehmungspsychologische Phänomene – Rot dient zum Beispiel als universelle Warnfarbe, während Pastelltöne und weiche Kontraste das Auge entspannen. Weniger ist mehr! Durch kleine Raffinessen wirkt ein Text meist deutlich ansprechender als durch auffällige Hingucker.

 

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