Das Pop- und Kulturfestival Open Source Festival, das am Samstag 14. Juli 2018 zum 13. Mal stattfindet, wurde um einen internationalen interdisziplinären Kongress für Vordenker erweitert, der am Freitag 13. Juli seine Premiere feiert.

Als intellektuelle Einstimmung auf den Freiluft-Festival-Groove am Samstag präsentiert der Open Source Festival Congress (kurz OSFC) Gestalterinnen wie Banz & Bowinkel, Julius Wiedemann, Erica Dorn, Nils Holger Moormann.

Branchenübergreifend interdisziplinär wird das Billing unter anderem mit dem Philosophen Richard David Precht, der zur Arbeit der Zukunft sprechen wird, dem Psychologen Michal Kosinski (dessen Algorithmus Cambridge Analytica im Trump-Wahlkampf eingesetzt hatte) und Peter Verstrate vom niederländischen Kunstfleischer MosaMeat.

Einen Tag vor dem eigentlichen Musikfestival geht es, immer die Zukunft im Blick, um Design, Philosophie, Politik, Digitalisierung, Architektur, Biologie und vieles mehr.

Den zahlreichen Kreativschaffenden unter den Stammgästen des Open Source Festivals versprechen die Veranstalter „Gespräche auf Augenhöhe, an der frischen Luft, per Keynote, Workshop oder in der Design Experience.“ So wird das Festivalgelände, die Düsseldorfer Trabrennbahn, zu einem Ort „wo Begegnungen inspirieren und Freundschaften entstehen“, davon ist Kurator Philipp Maiburg überzeugt. Da ist es nur logisch, dass das (auf 500 Stück limitierte) Kongresstickets auch für das Festival gilt.

Open Source Festival Congress (kurz OSFC)
Freitag, 13. Juli 2018 (am Vortag des Musik-Festivals)
Uhrzeit: 10-22 Uhr, Einlass 9 Uhr
Ort: Galopprennbahn Grafenberg | Rennbahnstraße 20, 40629 Düsseldorf

Tickets: Regulär: 199€, Junior: 110€ limitiert auf 500 Personen

Alle bestätigten Sprecher hier: https://www.congress.open-source-festival.de/speaker/ 

DESIGNBOTE Redakteur Wolfgang Linneweber sprach mit Philipp Maiburg, dem Gründer und künstlerischen Leiter des Open Source Festivals

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Gründer und künstlerischer Leiter des Open Source Festivals: Philipp Maiburg

Dieses Jahr hat Euer ‚Congress‘ Premiere. Was war zuerst da, die Idee für den Kongress oder Impulse aus Politik und Wirtschaft?

Die Kongress-Idee schwirrte schon länger in unseren Köpfen rum. Um den Mut zu fassen, diesen völlig außerhalb der Musikwirtschaft zu denken und unseren über die Jahre ausgebildeten interdisziplinären Ansatz zu vertiefen, brauchte es den Impuls von außen – von einem unserer Stammgäste, der selber in der Kreativwirtschaft zu Hause ist.

Warum findet Ihr, war der Kongress notwendig, was hat Euch zu dieser ‚kreativ-ökonomischen Diskursarena‘ mit intellektueller Druckbetankung  ermutigt? (hey, die Timetable ist ziemlich ambitioniert)

Die heutigen Fragestellungen sind sehr komplex und können nicht nur themenspezifisch gedacht werden. Es fehlt an Formaten, die einen größeren Bogen spannen um Visionen von verschiedenen Seiten auszuleuchten und Schnittmengen suchen. Die Programmvielfalt soll den Besucher jedoch nicht stressen, sondern ihm ermöglichen, die für ihn relevanten Formate auszusuchen.

Der schöne Precht, ein NL-Limburgischer Fooddesigner (typisch Nederlands) und LinYee Yuan von Mold, der TASCHEN-Mann für Design und Pop, ein Daten-Psychologe, eine VR-Regisseurin, the one and only Erica Dorn, die Neuropsychologin Anna Abraham (die ja auch über Ayahuasca schrieb) …

Wo früher mal süßer Rauch aufstieg, da wird heute die (zeitgenössische Perzeption der) Wirklichkeit in ihren vielen Facetten diskutiert …? Was hat Euch bei der Auswahl der Themen und Sprecher geleitet? Lassen sich eine große Kontextklammer und ein Kommunikationsziel benennen?

Wir haben ein Soundingboard mit zwölf Mitgliedern aus unterschiedlichsten Bereichen einberufen und unsere Idee vorgestellt. Alle lieferten gemäß ihren Themenfeldern und Kompetenzen vielfältigen Input – im Kernteam wurde dann der rote Faden gesponnen. Hier war allen Beteiligten besonders wichtig, dass die vertretenen Positionen zeitgemäß und relevant sind. Ob dieses Experiment glückt, werden wir am 13. Juli wissen.

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Die britische Neuropsychologin Anna Abraham

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‚Pop-Philosoph‘ Richard David Precht

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Michal Kosinski – Algorithmus-Prophet

Wie bildet sich die kreative Wirtschaft ab? Gibt es Stände? Erlebniszonen? Brand Spaces? (Ukulele zupfende Agentur-CEOs im Vorprogramm?)

Haha! Nein – bitte nicht! Der OSFC soll „neutral“ wahrgenommen werden. Nicht durch Agenturen gefärbt. Wir haben bewusst vermieden, die örtlichen Agenturen zum Inhaltsgeber zu machen.

Es gibt auf dem Festival mit den ‚Open Squares‘ 20 kreativwirtschaftliche Ideen aus NRW zu „erleben“. Zudem werden die jungen Künstler der Kunsthochschule für Medien Köln vor Ort sein, um ihre Arbeiten – die sie auf der Galopprennbahn verteilt installiert haben – persönlich vorzustellen. Kooperationen dieser Art haben wir in den letzten Jahren fest etabliert im Programm.

Werdet Ihr mit den hoffentlich zahlreichen Kongressbesuchern ein neues, zusätzliches Publikum für das Musikfestival erschließen? (Oder, wer weiß, inzwischen auch andersrum?)

Wir sehen es eher so: der OSFC richtet sich an den Teil des Publikums, das unser Festivalprogramm bereits für seine Diversität lieben gelernt hat und als Inspiration für die eigene kreative Tätigkeit sieht. Wir erhalten in den letzten Jahren vermehrt Anfragen aus der Agenturlandschaft, die ihren Mitarbeitern Festivaltickets zur Verfügung stellen. Das heißt: ein Großteil der OSFC-Zielgruppe ist bereits mit dem Festival vertraut. Mal schauen, ob wir sie auch für das neue Format begeistern können!

Eure deutschsprachige Website für den Congress ist nur ganz unauffällig mit der Festivalseite verlinkt …  Kommt noch eine englische Version? Ich könnte mir z.B. gut vorstellen, dass Niederländer und Flamen kommen würden …

Here we go: https://www.congress.open-source-festival.de/en/
Wir werden im Zeitplan die englischsprachigen Beiträge noch markieren.

Wenn ich mich nicht irre, liegen Eure Wurzeln in der Elektronika, oder sogar in der Düsseldorfer Elektro-Tradition … Woher der Impetus, das Konzept zunehmend auch dem Gitarrenpop, Hiphop und neueren hybriden Musikformen und Produktionsmethoden zu öffnen?

Wir tragen den Wunsch zur Weiterentwicklung des Formates ja bereits im Namen. Das nehmen wir auch ernst: keine Ausgabe soll so sein wie die vorhergegangene. Die Inhalte sollen immer wieder überraschen. Ich sehe das aber im Übrigen gar nicht so, dass wir ein rein elektronisches Format waren. Natürlich war und ist „elektronische Musik“ ein Fokus – schließlich gilt Düsseldorf als Mississippi-Delta dieses Genres – aber schon in den ersten drei Jahren haben bei uns Bands wie Zoot Woman, The Whitest Boy Alive, WhoMadeWho oder Kinderzimmer Productions und TY live gespielt.

Was ist idealerweise freitags in einem Kongressbesucher ‚mindsetmäßig‘ passiert, der am Samstag das ebenso vielseitige Musikfestival erlebt?

Freitags hat er /sie durch die zahlreichen Keynotes, Talks, Panels und Experiences tiefe, meist theoretische Einblicke aus verschiedenen Perspektiven in Themenfelder und Zusammenhänge bekommen, die ihn oder sie beruflich, gesellschaftlich und privat beschäftigen (werden). Samstag ist dann so was wie der „best practice“-Tag. Wie wirkt der Transgender-Hip Hop-Act Mykki Blanco live vor dem Publikum? Welche Themen bewegt die Amerikanerin Joan As Police Woman? Wie klingt es, wenn sich der junge elektronische Produzent Henry Wu nun als Kamaal Williams live dem altgedienten Genre Jazz widmet? Zugezogen Maskulin werden ihre gesellschaftlichen Fragen vermutlich auch deutlich formulieren. Aber eben ohne Charts an die Wand zu werfen. Und nicht zu vergessen: Tocotronic mit ihrem autobiografischen Album „Die Unendlichkeit“, welches sicherlich Parallelen aufweist zu den Erinnerungen an die Jungend einiger Festivalbesucher und der Suche zu den Parallelen in der Gegenwart. Vielleicht klingt es etwas weit hergeholt: Aber es werden zum Teil ähnlich kritische Blicke auf das Gestern, Heute und Morgen geworfen – nur eben auf völlig andere Art und Weise. Interessant ist, dass die meisten Kongresse angefangen haben „Entertainment“ ins Programm zu buchen, da sie merken, dass ihnen sonst nach drei Tagen Keynotes etwas fehlt.

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Joan Wasser aka ‚Joan as Policewoman‘

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Tocotronic – Diskurspop, matured to perfection

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Zwei Events: Open Source Festival und Open Source Festival Congress – ein Ort: Die Düsseldorfer Rennbahn

Euer Musikprogramm gefällt sicher auch vielen DESIGNBOTE.com-Nutzern, die mitten im bunten Leben stehen. Kompliment. Wer war Kurator?

Danke! Seit der ersten Ausgabe des Open Source Festivals bin ich hauptverantwortlich für alle Inhalte.

Ich persönlich bin besonders dankbar für ‚Cigarettes after Sex‘, ‚Joan as a Policewoman‘ und ‚Kamaal Williams‘. Und natürlich ‚Laurel Halo‘. Und ich bin dankbar dafür, dass bei euch Polyrhythmik eine reelle Chance bekommt. 8)

Auch hier wüsste ich gerne, was Euch beim Booking geleitet hat und hätte gerne einen winzigen Wink zu den Inspirationsquellen eines Billings, das eine Menge Entdeckungen verspricht.

Viele Kollegen, Freunde und Künstler helfen mir mit Hinweisen auf neue Acts und besonders gute Live-Performer, die sie gesehen haben. Professionelle Hilfe habe ich dann von der Düsseldorfer Booking Agentur Emerged – von hier werden alle offiziellen Anfragen gesteuert. Sicherlich hilft mir auch mein eigentlicher Job: Hauptberuflich bin ich tätig als Head of Music Global im Marketing-Team der Modemarke Carhartt WIP. Aber viele Inhalte – wie z.B. die sipgate Young Talent Stage oder auch die Teilnehmer der Open Squares – werden mittlerweile von Fachjurys ausgewählt.

 

Philipp, vielen Dank dass Du Zeit für designbote.com hattest!

 

Open Source Festival Congress

13.7.2018 \ 9-22 Uhr
Galopprennbahn Düsseldorf

Tickets: 199/110€* (incl. alkoholfreie Getränke unlimitiert, 2x Kaffee, 2x Food vom Foodtruck, 2x Bier/Wein und incl. Festivaleintritt am 14.7.2018)

Oder: 179€/90€* Congress only (incl. alkoholfreie Getränke unlimitiert, 2x Kaffee, 2x Food vom Foodtruck, 2x Bier/Wein)

https://www.congress.open-source-festival.de/

* Studenten, Auszubildende, Trainees mit Ausweis

Die MacherInnen des Open Source Festival Congress:
Alicia Holthausen, Jens Müller, Katharina Sussek, Katrin Petry, Philipp Maiburg und Steffen Dietz

Bildquelle: Open Scource Festival