Das Konzept Open Design stellt die bisherige Vorstellung von Design und Produkt auf den Kopf: Was in der IT als Open Source schon erfolgreich läuft, könnte ein neues Modell für die Designszene und die gesamte Produktherstellung werden: Designentwürfe – in der IT ist es Software – werden ins Internet gestellt, um sie anderen zugänglich zu machen. Die können damit (fast) machen, was sie wollen.
Der Pionier dieser Idee ist der aus Israel stammende Designer Ronen Kadushin: Er stellt seine Designentwürfe ins Internet und erlaubt es jedem, sie zu verändern oder nachzubauen. Damit verdienen lässt sich, sobald jemand die Produkte herstellen und verkaufen will – wenn also Lizenzkosten anfallen. Kadushin verfolgt mit diesem Konzept das Ziel, Designer zu ermutigen, ihre Kreativität mit anderen zu teilen.
Open Design zählt zu den interessantesten Entwicklungen in der Kreativwirtschaft, ist ein wichtiger Impulsgeber für Wirtschaft und Gesellschaft und ermöglicht eine Weiterentwicklung von traditionellen Betrieben und Wirtschaftszweigen. Nutznießer sind langfristig auch die traditionelle Wirtschaft und Unternehmen
Dr. Christian Buchmann, Landesrat für Wirtschaft, Europa und Kultur.
Das Web 2.0 zeige bereits, wie gemeinschaftliches Arbeiten und Leben funktionieren könne, betont CIS-Geschäftsführer Mag. Eberhard Schrempf: »Bei Open Design erfolgt ein Austausch der Beteiligten auf Augenhöhe und die klassischen Grenzen zwischen Produkt, Kunden und Produktion verschwinden. Die neue Rolle des Designers reicht von der strategischen Produktgestaltung über den Gestaltungsprozess bis hin zur Produkt- und Kundenkommunikation.«
Ronen Kadushin hat dieses Konzept geboren, nachdem ein großer Auftraggeber kurzfristig einen Vertrag hat platzen lassen. Kadushin ist überzeugt, dass sich mit Open Design hier einiges ändern würde. Dass es funktioniere, zeige die IT mit dem vom Prinzip her ähnlichen Modell Open Source.
In unserer marktorientierten Kultur gehen Designer den Herstellern gegenüber Verpflichtungen ein, bei denen letzte entscheiden, welche Produkte auf welche Art und Weise dem Konsumenten letztlich angeboten werden. Diese Haltung pflanzt sich schon in der Ausbildung ein. Dabei werden jedoch frische Ansätze und radikale Ansichten ins Abseits gedrängt.
Ronen Kadushin
Wenn man diese Methode diskutiere, müsse auch die rechtliche Basis mitgedacht werden, meint der Designer Gerin Trautenberger, im konkreten Fall das Urheberrecht. „Das steht einer freien, flexiblen und unkomplizierten Kommunikation im Wege und hält abgesehen davon mit der gesellschaftlich-technischen Entwicklung nicht mehr Schritt.“ Eine Möglichkeit würden hier Creative Commons-Lizenzen bieten, ein Prinzip, das 2001 in den USA entwickelt wurde, „und das es dem Schöpfer eines Werkes ermöglicht, in abgestufter Form verschiedene Lizenzmöglichkeiten seines Werkes vorab zu definieren“, erklärt Trautenberger.
Open Design ist ein Entwurf, ein Vorschlag. Analog zu den Methoden der Open-Source-Software könnte das bedeuten: Gebt Einblick in Baupläne und Konstruktionsprinzipien, damit eine neue, kollaborative Entwurfskultur entstehen kann. Darüber hinaus bedeutet Open Source auch, die Schranke zwischen Konsumenten und Produzenten abzubauen.
Was Open-Source-Programmierer motiviert, ist, dass sie die gemeinsam geschaffenen Programme auch selbst benutzen. So wird aus dem Produkt »Software« ein Prozess, an dem sich viele beteiligen – die Programmierer, aber auch Tester, Verfasser von Fehlerberichten und Handbüchern, kurz: die ganze lebendige Community. Open Design könnte in Anlehnung daran bedeuten, sich vom Gedanken des Produkts als einer fertigen, abgeschlossenen Sache zu lösen und Design als einen Prozess mit offenem Ausgang zu sehen. So soll auch eine Sammlung von hochwertigen Produkten geschaffen werden.
Die Kreativwirtschaft gilt als Vorreiter, wenn es um technologische Innovationen geht, und ist Wegbereiter für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel. Dieser ist mit Internet bereits in die Wege geleitet. Durch den einfachen Zugang zu CNC-Maschinen und der Möglichkeit, Gegenstände mit geringerem Aufwand selbst herstellen zu können, werden sich Produktentwicklung, -herstellung und -vertrieb mittel- bis langfristig grundlegend ändern. Mit Open Design haben Design und Produktion nicht nur eine Auswirkung auf die Eigenschaften des Produkts, sondern auch auf dessen Modifizierungsmöglichkeiten und potenziellen Umwandlung in andere Produkte.
Die vierte Creative Industries Convention widmete sich dem Thema Open Design. Ronen Kadushin referierte als Keynote Speaker über seine Erfahrungen und Ideen diesbezüglich. In der zur Convention entstandenen Publikation (CIS.doc #04) widmen sich unterschiedlichste Autoren mit Ihren Beiträgen dem Thema Open Design. Hier als Download zum Nachlesen: CIS.doc_OPEN DESIGN_de [PDF, 10.5 MB]
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