Thomas Schatton studierte erst Literatur und Geschichte an der Uni Konstanz, dann Kommunikations-Design an der Merz Akademie in Stuttgart. 1998 ist er als Art Direktor zur Panama Werbeagentur gestoßen. Einige Karriere- (und Agentur-)stationen später übernahm er 2015 mit drei Kollegen die Agentur und führt Strategie und Kreation.

Thomas Schatton

Thomas Schatton, Art Direktor Panama Werbeagentur

Wie bist Du zur Kreation gekommen?

Ich bewundere Menschen, die sich gut ausdrücken können. In Textform oder Bild oder Film oder Musik. Deshalb habe ich Literatur studiert – aber immer nur Lesen ist echt ermüdend. Beim Zeichnen dagegen konnte ich die Nächte durcharbeiten. Deshalb hat ein Bekannter zu mir gesagt: Probier’ mal was mit Grafik-Design.

Auf welches Projekt bist Du besonders stolz?

Da gibt es mehrere Projekte: Interstuhl, ein Hersteller von innovativen Bürostühlen, hat uns ein komplettes System zur Möblierung unterschiedlicher Arbeitsbereiche einführen lassen, HUB genannt. Für Raum- und Büroplaner:innen ist HUB ein echter Zugewinn an kreativem Spielraum, den wir über inspirierende Workplace-Collagen transportiert haben. Das war sehr erfolgreich. Weil es um Variabilität ging, sind sehr inspirierende Collagen an die Office Planer*innen und Designer*innen rausgegangen, das war sehr erfolgreich.

Für Mercedes-Benz haben wir die Arbeitgebermarke ganz neu auf den Punkt gebracht: IN for change.

Für die Carl-Zeiss-Stiftung haben wir ein neues Logo entworfen. Da die Stiftung auch nach über 130 Jahren den Werten ihrer Gründers Ernst Abbe verpflichtet ist, wollten wir, dass das neue Zeichen buchstäblich „seine Handschrift“ trägt. Wenn man so eine gute Geschichte zu seinem Logo erzählen kann, ist das ein toller Anknüpfungspunkt für mehr.

Thomas Schatton

Mit dem Fotografen Stephan Glathe haben wir eine neue Optik gefunden, unsere Mitarbeitenden zu portraitieren, die wunderbar zu unserem farbenfrohen Corporate Design in Panama passt. Da mag ich jedes Foto – aber ich mag halt auch die Menschen, die auf den Bildern zu sehen sind.

Thomas Schatton

Thomas Schatton

Credits Stephan Glathe

Was war die schmerzhafteste Niederlage und Deine Erkenntnisse daraus?

Wir sind ja ständig gezwungen, mit kleinen und großen Enttäuschungen umzugehen. Im beruflichen Kontext habe ich mir daher abgewöhnt, den Wert und die Qualität unserer Arbeit vom Urteil anderer abhängig zu machen. Ich finde es wichtig, mir selbst und allen im Team hohe Wertschätzung für ihre Leistung entgegenzubringen, unabhängig vom wirtschaftlichen, Pitch- oder Award-Erfolg.

Wie stark beeinflusst die Corona Pandemie Deine kreative Arbeit?

Wenig bis gar nicht, wenn wir über den kreativen Prozess reden. Die Zusammenarbeit hat sich klar verändert. Aber mal ehrlich: War da was? Haben wir uns nicht alle schon längst an das ganze „Now Work“-Zeugs gewöhnt?

Woran arbeitest Du derzeit? 

Ich arbeite daran, Kreativität noch breiter in der DNA unserer Organisation zu verankern. Wie gelingt es uns, unabhängig von einzelnen Personen, Positionen oder Aufgaben, überraschend neue Ansätze für die uns gestellten Probleme zu finden? Dabei schließe ich Strategie und Planning und Beratung explizit mit ein. Denn Kreativität ist unsere gemeinsame Superkraft, der Motor, der es uns ermöglicht, Dinge anders zu machen. Und natürlich frage ich mich: Geht das überhaupt, oder ist das hier ein people’s business, das an dem Einfallsreichtum einzelner hängt?

Kreative Vorbilder – Hast Du eins?

Der Essayist Eliot Weinberger. Die Jazz-Sängerin Cassandra Wilson. Der Regisseur und Mangaka Hayao Miyazaki. Der Street Artist Conor Harrington. Der Dungeon Master Matthew Mercer. Der Maler David Hockney. Die Liste ist dynamisch.

Inspiration – Wie kommst Du auf neue Gedanken?

Ich muss mich tief in ein Thema eingraben. Dann sehe ich die Welt mit anderen Augen, und die Inspiration kommt von überall. Irgendwie banal, aber für mich funktioniert’s.

Welche Rolle soll aus Deiner Sicht Kommunikation und Design in der Gesellschaft einnehmen?

Ich sehe es so: Kein Unternehmen, kein Verband, keine Organisation kann ohne Kommunikation ihre Ziele erreichen. Keine Gesellschaft kann ohne Kommunikation zusammenleben. Wir Menschen brauchen Verständigung, Orientierung, Sinn. Überspitzt formuliert: Als Designer können wir uns entscheiden, ob wir füreinander gestalten oder für die Mappe.

Was ist aus Deiner Sicht besonders spannend an Deinem Beruf und welchen Rat gibst Du jungen Menschen mit auf den Weg?

Das spannende an unserem Beruf: Kommunikation verbindet. In dieser Branche arbeiten wir an der Schnittstelle gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, wir leisten Kulturarbeit, wir lernen täglich Neues hinzu. Ich liebe das. Trotzdem werde ich mich mit Ratschlägen an andere zurückhalten. Die Jüngeren wachsen in einer völlig veränderten, dynamischen Welt auf, in der viele unserer so sicher geglaubten „Regeln“ obsolet sind. Und wenn man ehrlich ist, dann haben wir Älteren auf diesem Planeten so viel verbockt, dass Ratschläge eher fehl am Platz wären.

 Auf was wird es künftig im Branding und Design ankommen?

Einfachheit. Gute Typografie. Motion.

Credits: Carl-Zeiss-Stiftung, panama.de

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