Teil 4: Christoph Buckstegen, Fotograf. Dipl. Des. Wolfgang Linneweber hat für DESIGNBOTE Designer und Kreative aus Europa und Nordamerika über ihre persönlichen Erfahrungen mit Corona befragt. Er erfuhr Interessantes zu Psychologie, Geschäftsentwicklung, Privatleben, Home-Office, Finanzen und vieles mehr und bekam teils erstaunliche Einblicke:

Der Blick aus dem Fenster zeigt einen Garten unter grauem Himmel. Es hat die letzten Tage endlich mal geregnet. Die dankbaren Kartoffeln im Schrebergarten bilden jetzt gleichmäßige grüne Reihen, die Bohnen werden bald blühen und die ersten Kirschen werden rot. Mir ist die Arbeit nicht ausgegangen: Der Südtiroler Hotelier hat seinen Newsletter bekommen, in dem er die Wiedereröffnung für Ende Juni ankündigt. Die Hygiene-Auflagen schildert er darin als erträglich und hofft auf genügend Buchungen. Features in Presse und Fernsehen über die Reize eines Urlaubs in Italiens zweisprachiger Nordprovinz sollten ihre Wirkung nicht verfehlen.

Für die niederländische Nachbarregion habe ich weitere PR-Aufträge erledigt. Die Botschaft: „Wir vermissen Euch, aber kommt dennoch vorläufig nicht bei uns shoppen.“ Das Medienecho war beeindruckend, es wurde sogar vor Ort gefilmt und der Bürgermeister musste deutschen TV-Sendern Interviews geben. Die Wiederöffnung der niederländischen Gastronomie ab 1. Juni 2020 kündigte sich in Form einer Speisekarte an, die jetzt auch auf Deutsch gebraucht wird.

Doch zurück nach NRW. Heute lesen wir, wie das Leben eines Kreativen etwa 70 Kilometer weiter nördlich, da wo die Himmel weit und der Niederrhein breit und träge Richtung Niederlande strömt, aussieht.  

„Ich heiße Christoph Buckstegen, bin 55 Jahre alt und lebe mit meiner Frau und zwei 15 und 19 Jahre alten Töchtern in dem kleinen Ort Haldern, bekannt durch das wunderbare Haldern Pop Festival.

Ich habe vor 25 Jahren nach dem Design-Studium angefangen, als selbstständiger Fotograf zu arbeiten, zuerst viele Jahre in Berlin und jetzt auf dem Lande mache ich das immer noch.“

christoph buckstegen

Wie sieht dein Arbeitsplatz jetzt aus? 

„Ich sitze gerade oft zu Hause in meinem kleinem Arbeitsraum mit Rechnern, Bildschirmen, im Moment sogar mit einem kleinen Aufbau, in dem ich Stillleben fotografieren kann.

Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich eine Wiese mit Kopfweiden und ich kann jederzeit in unseren Garten gehen. Besonders in den letzten Wochen eine schöne Sache.“

Wie erlebst Du persönlich die Corona-Pandemie?

Eine schreckliche Zeit mit ein paar schönen Nebenwirkungen. Ich denke jedes Jahr ein Lockdown, aber ohne Ängste, das wäre eine interessante Utopie.

Hat sich diese Krise auf dein Auftragsbuch ausgewirkt?

Ich hatte zu Anfang des Lockdowns noch einige Aufträge abzuarbeiten und weil ich in unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Fotografie (Produkt, People, Architektur, Eventfotografie) arbeite, war der Einbruch des Umsatzes noch nicht so groß. Die Anfragen sind aber schon deutlich zurückgegangen.

Bei den Veranstaltungen ist natürlich alles abgesagt worden, auch meine Aufträge für Reiseunternehmen werden wohl dieses Jahr nicht stattfinden.

Es gibt ja immer ein Auf und Ab bei der Auftragslage und ich bin in der Hinsicht Kummer gewöhnt, aber mit Fotografie Geld zu verdienen ist mit den Jahren schwieriger geworden und die Pandemie wird diese Entwicklung nicht verbessern.

Hast Du staatliche Subventionen für Designer oder kleine Einzelunternehmer beantragt? Was ging dir durch den Kopf, als du den Kontoauszug gesehen hast?

„Ich habe die Soforthilfe beantragt, was unglaublich einfach ging. Jetzt zeigt sich aber, dass der Staat das Geld nicht verschenkt hat und die Bedingungen werden klar. Vielleicht werde ich alles zurückzahlen müssen, da diese Hilfe nur die Umsatzeinbußen der ersten Monate der Pandemie auffangen soll. Die unsicheren Monate kommen für mich erst noch.“

Wie hat sich dein Privat- und Familienleben verändert? Wie fühlt sich dein Lebensumfeld jetzt für dich an? Wie sieht es in den Straßen von Haldern aus? Was vermisst du im Moment am meisten?

„Bevor es wieder die ersten Lockerungen gab, war jeder Tag im Dorf eine Stimmung wie an Karfreitag. Etwas unheimlich. Das tolle Haldern Pop Festival in unserem Dorf wird nach 36 Jahren erstmals nicht stattfinden. Ich war seit der Gründung jedes Jahr dabei und bin Teil der Gemeinschaft, die das Festival organisiert. Für mich der Höhepunkt des Jahres. Die Absage war frustrierend.

Ein ziemlicher Einschnitt war auch, dass meine 86-jährige Mutter nicht zu uns nach Hause kommen durfte. Wir haben sie sehr vermisst. Für eine Weile fühlte sich das viele Zusammensein in der Familie wie eine Ferienzeit an, aber irgendwann braucht es das Weggehen und Wiederkommen, das Zusammensein mit anderen Menschen. Schön waren aber die Ruhe, den Garten zu genießen und der streifenlose blaue Himmel. Überhaupt, hat das schöne Frühlingswetter sehr geholfen diese Corona-Zeit trotz bei aller negativer Aspekte zu genießen.“

Hast Du unter Corona neue Gewohnheiten, Strategien oder private Routinen entwickelt?

„Ich hatte mehr Zeit im Garten zu arbeiten, war öfter im Wald joggen und habe mir irgendwie für alles mehr Zeit gelassen. Sogar auch für die Jobs, die ich hatte. Für die viele Zeit habe ich wenig gemacht. Entschleunigung oder so.“

Glaubst du, dass Corona dein Leben oder sogar deine Arbeit (deine Arbeitsweise) wohl oder übel nachhaltig beeinflussen wird?

„Die Pandemie hat uns schon verändert. Wir sind vorsichtiger beim Umgang mit Menschen. Handschlag oder Umarmung sind nicht gewünscht.

Nähe ist jetzt eine Gefahr – und das im alltäglichen Leben und nicht begrenzt auf eine Region oder Land. Ich glaube, das dringt gerade in unser Unterbewusstsein ein.“

Lieber Christoph, vielen Dank für Deine Einblicke! Halte durch und bleib gesund!

www.christophbuckstegen.de