Design als Exot in Hochschullehre und Weiterbildung? Das war vielleicht früher mal so. Heute hat die Designlehre das Zeug zum Vorreiter für innovative Bildung. Dass dies nicht nur ein frommer Wunsch ist, lässt sich in der Fachzeitschrift “Weiterbildung” 1/2021 nachlesen. Unter der Überschrift “Design Teaching – eine kreativ-innovative Weiterbildungsmethode” legen Ulrich und Petra Kern dar, was die Grundzüge dieses neuen Lehrformats ausmacht. Die Autoren, selbst in Designwissenschaft und -lehre sowie Bildungswissenschaft zuhause, skizzieren Design Teaching als didaktische Antwort, wenn es um die Entwicklung von Persönlichkeit und Professionalität in einem offenen Lern- und Kreativprozess geht.
Die Kraft der Kreativität in den Köpfen entfesseln
Dafür muss die Designlehre aber fortentwickelt werden – ihre kreativ-subjektive Ausrichtung verbindet sich im Design Teaching mit dem Prinzip des Forschenden Lernens auf strukturierter Projektbasis. So entsteht ein Lehrformat, das Merkmale der klassischen Designlehre aufgreift, aber über das konkret-materielle Gestalten hinausgeht. Der Schwerpunkt liegt beim intellektuellen Modellieren, orientiert auf die Lösung eines relevanten Problems. Das designtypische implizit-singuläre Lernen wird zu einem explizit-strukturierten Problemlösungsprozess im Team weiterentwickelt. So weitet sich der individuelle Entwicklungskorridor des Einzelnen und eine innovative Vielfalt von Learning Outcomes kann entstehen. Denkblockaden werden aufgelöst und die Kraft der Kreativität in den Köpfen entfesselt.
Expedition ins Ungewisse
Design Teaching ist aber immer auch Wagnis. Offenes Gelände, eine “Terra Incognita”, wird erkundet, mit neuen Denkoptionen experimentiert. Daher kommt den Lehrenden die Rolle des Expeditionsleiters zu. Sie unterstützen den hermeneutischen Zugang, etwa durch die Vermittlung neuer Wissensbestände. Sie führen in noch unbekannte Methoden und Heuristiken der Problemlösung ein und konfrontieren mit vernetzten Problemsichten – nicht nur aus Wissenschaft und Gesellschaft, sondern auch aus Kunst und Kultur. Denn gerade solche Reibungspunkte erzeugen kreative Prozesse und aktivieren die unentdeckten Potenziale der Teilnehmenden. Dabei stellen die Lehrenden – trotz aller (produktiven) Umwege – die grundsätzliche Ausrichtung auf das Projektziel sicher.
Schlüsselkompetenzen als sekundäre Lerneffekte
Design Teaching als neues Lehrformat führt nicht nur zu kreativen Ergebnissen und Lösungsvarietäten. Neben diesen primären Lerneffekten sind besonders die sekundären Effekte hervorzuheben: die Entwicklung wichtiger Schlüsselkompetenzen – wie soziale Kompetenz, Kritik- und Argumentationsfähigkeit und Handlungsflexibilität. Design Teaching ist damit die Antwort auf die Anforderungen der Wissensgesellschaft und ihrer strukturell gewandelten Arbeitswelt. Die Lehrinnovation bietet großes Potenzial nicht nur in der Hochschulbildung, sondern gerade auch in der akademischen und unternehmerischen Weiterbildung – dort, wo multiperspektivische Problemlösungskompetenz für neuartige komplexe Herausforderungen mehr denn je gefragt ist. Denn die Gesellschaft steht vor riesigen Transformationsaufgaben. Die aktuelle Pandemie gibt einen Vorgeschmack auf den ökologischen, sozialen und ökonomischen Reformierungsbedarf …
Zu den Autoren: Prof. Dr. Ulrich Kern, Hochschullehrer für Design und Management.
Dr. Petra Kern, Bildungswissenschaftlerin und Kommunikationsexpertin. Beide sind mit ihrem Büro für Kreativität und Innovation im Wissenschaftsbetrieb tätig.
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