… über die Herausforderungen seiner Lehrtätigkeit an der Schule für Gestaltung Zürich.
Eine gute Grundausbildung ist für den Berufs-Einstieg in die Design-Branche von enormer Bedeutung – egal ob durch eine Ausbildung oder ein Studium. Für die Entwicklung der Schüler und Schülerinnen ist es hierbei besonders wichtig von jemandem betreut zu werden, der es versteht deren Motivation und Interesse zu wecken und deren Wissen und Können zu formen – idealerweise auch mit vielen eigenen Erfahrungen aus der Praxis. Die Lehrenden stehen hierbei einer großen Verantwortung und vielen Herausforderungen gegenüber. Denn sie sind dafür verantwortlich die kommenden Generationen mit einer guten Basis aus Know-how und Leidenschaft auf ihren Weg zu bringen. Doch wie genau geht man dabei vor, und welche Hürden gibt es dabei zu meistern? Wir haben Dominique Kerber von der Schule für Gestaltung Zürich befragt. Im Gespräch mit DESIGNBOTE Redakteur Julien Fincker spricht Dominique über seine Herangehensweise und über die größten Herausforderungen, die sowohl ihm als auch seinen Schülern und Schülerinnen begegnen.
Lieber Dominique, Du unterrichtest an der Schule für Gestaltung Zürich, sowohl Auszubildende als auch Studierende. Wie bist Du dazu gekommen? Wolltest Du schon immer eine lehrende Position übernehmen?
Ins Unterrichten bin ich irgendwie reingewachsen. Rückblickend hat mein Umfeld wohl vor mir gewusst, dass dies mein Weg sein könnte, während mich selbst hauptsächlich die Freude an meinem gestalterischen Handwerk begeistert hat.
Nach meiner Berufslehre zum Schriften- und Reklamemaler habe ich während rund neun Jahren im Werbetechnik-Betrieb meines Vaters als Atelierleiter gearbeitet und dabei auch Lernende betreut. Während meiner Weiterbildung zum Typografischen Gestalter bekam ich dann einen vertieften Einblick in den Werksatz. Seit meinem Nachdiplomstudium in Schriftgestaltung/Typedesign an der Zürcher Hochschule der Künste setze ich mich intensiv und mit viel Begeisterung mit dem Thema Schrift im Allgemeinen und Typedesign im Speziellen auseinander.
Und so hat das Eine das Andere ergeben. Vor nun genau zehn Jahren habe ich eine Anstellung in einer Kommunikationsagentur angenommen und parallel dazu mit einem kleinen Pensum an der Schule für Gestaltung Zürich begonnen Lernende in meinem ursprünglichen Beruf (neu: Gestalter/in Werbetechnik) zu unterrichten. Weiter vermittle ich in zwei Lehrgängen (Visuelle Gestaltung und Interaction Design) Studierenden die Grundlagen im Bereich Typedesign.
Meine heutige Tätigkeit als Lehrer bereitet mir sehr viel Freude und ich glaube sie liegt mir.
Gib uns doch einen kurzen Einblick in Deinen Alltag. Was genau machst Du mit den Schülern und Studierenden? Und worin genau siehst Du Deine größte Herausforderung?
Zwischenzeitlich habe ich ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Zürich absolviert und als Berufsfachschullehrer abgeschlossen. So arbeite ich seit fünf Jahren als vollamtlicher Lehrer (einen Tag pro Woche bin ich zu Hause bei meinen beiden Kindern) und unterrichte nun insgesamt seit zehn Jahren Lernende und Studierende.
Während ich mit den Studierenden in der Weiterbildung ausschließlich das Thema Typedesign behandle, ist das Spektrum bei den Lernenden viel breiter. So unterrichte ich während der vierjährigen Berufslehre fast sämtliche Themen in den Bereichen Gestaltung, Berufskunde und Druckvorstufe. Ganz wichtig dabei ist die Verknüpfung mit der beruflichen Praxis. Die Lernenden besuchen ein bis zwei Tage pro Woche die Berufsschule, die restliche Zeit arbeiten sie in einem Betrieb.
Der Praxistransfer des vermittelten Stoffs ist also absolut zentral und aus meiner Sicht gleichzeitig auch die größte Herausforderung. So muss ich mir bei der Gestaltung meines Unterrichts stets überlegen, wie ich die Bedeutsamkeit der Inhalte vermitteln und diese den Lernenden verständlich machen kann. Dies gelingt nach meiner Erfahrung dann am besten, wenn mich die Lernenden als kompetente Fachperson, nicht nur in theoretischer, sondern auch in praktischer Hinsicht, anerkennen, und ich sie dadurch einfacher für die fachlichen Inhalte begeistern kann.
Was ist Dir besonders wichtig, was Du den Schülern und Studierenden vermitteln willst?
Das ist eine ganz wichtige Frage! Es ist eine Realität, dass sich die fachlichen Inhalte, die Lehrpläne sowie die methodischen und pädagogischen Rahmenbedingungen des Unterrichtes immer schneller verändern. Was kann ich als Lehrperson also vermitteln, was diese Veränderungen überdauert und tatsächlich elementar sein kann. Die Lernenden sollen ja zum „lebenslangen Lernen“ befähigt werden, was auch immer dies dann letztlich bedeuten soll. Mir ist es ein zentrales Anliegen, dass die Lernenden eine persönliche Haltung zu ihrer Arbeit und damit einhergehend einen gewissen Berufsstolz entwickeln. Wenn ich das erreiche, habe ich bereits vieles richtig gemacht.
Mit welchen besonderen Herausforderungen siehst Du die Auszubildenden und Studierenden in der heutigen Zeit konfrontiert?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir es heute im Bereich der Bildung fast zu gut machen wollen. Die Lehrpläne werden komplexer und die zu vermittelnden Inhalte noch umfangreicher. Die logische Konsequenz daraus ist, dass fachliche Fertigkeiten vermehrt nur oberflächlich behandelt werden können. Das vermittelte Wissen bleibt dabei häufig reine Theorie und lässt sich in der Praxis nicht anwenden. Und das ist noch nicht einmal das Hauptproblem. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Motivation der Lernenden, beurteile ich noch als viel einschneidender. Wir machen doch letztlich alle tendenziell das gerne, was wir auch gut können. Um anspruchsvolle Fertigkeiten gut zu beherrschen, braucht es Zeit und die fehlt leider oftmals. Die Folge ist, dass Lernende die Motivation, Neues zu lernen verlieren können.
Ich versuche dieser Problematik so zu begegnen, dass ich inhaltliche Schwerpunkte setze und diese dann vertieft behandle. Dadurch entstehen Erfolgserlebnisse, welche sich positiv auf das weitere Lernen auswirken können.
An der Schule für Gestaltung Zürich veranstaltet Ihr jährlich den „Tag der Schrift“. Durch die aktuelle Corona-Situation wurde dieser allerdings nicht abgesagt, sondern auf den 21. November 2020 verschoben. Du bist an der Organisation beteiligt und übernimmst auch die Moderation. Was erwartet uns in diesem Jahr?
Ich darf den „Tag der Schrift“ dieses Jahr bereits zum sechsten Mal organisieren. Ich habe diese Aufgabe von meinem ehemaligen Lehrer und Mentor Richi Frick übernommen, was mich durchaus ein wenig stolz macht. Mit der Übernahme der Organisation habe ich auch Einfluss auf die Form der Veranstaltung nehmen dürfen. So finden morgens jeweils Referate statt, während nachmittags Workshops angeboten werden. Nun habe ich jedes Jahr das Vergnügen, Referierende nach Zürich einzuladen, welche mich als Schrift-Begeisterten selbst interessieren. Ein Hauptanliegen ist es mir, jedes Jahr ein abwechslungsreiches und interessantes Programm zusammenzustellen, welches möglichst verschiedene Aspekte des Themas „Schrift“ beleuchtet. Daneben gestalte ich den visuellen Auftritt (Plakat, Flyer, Website etc.) der Veranstaltung und moderiere diese.
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation konnte der Anlass leider nicht wie geplant im April stattfinden. Es konnten sich aber tatsächlich alle Referierenden den Ausweichtermin vom Samstag, 21. November 2020 einrichten. Nun hoffe ich einfach fest darauf, dass die Umstände dann eine Durchführung erlauben. Ich bin überzeugt, dass wir dieses Jahr erneut ein sehr attraktives Programm zu bieten haben.
Neben Deiner Lehrtätigkeit arbeitest Du auch freiberuflich als Designer. Als Typedesigner hast Du zum Beispiel die Cast gezeichnet. Auf welche Themen legst Du freiberuflich deinen Fokus?
Durch meine aktuell recht umfangreiche Lehrtätigkeit, bleibt leider nicht allzu viel Zeit für freiberufliche Arbeiten. Ich arbeite aber konstant an Projekten im Bereich Typedesign. Die Schriftfamilie „Cast“ ist dabei sicherlich das umfangreichste Beispiel, in welches ich sehr viel Zeit und Herzblut investiert habe. Umso mehr freut es mich natürlich, welchen Weg die Schrift seit ihrer Veröffentlichung gegangen ist und hoffentlich noch weiter gehen wird. Ich durfte zuletzt auch weniger umfangreiche Kundenprojekte realisieren. Das ist etwas, was ich zukünftig gerne noch vermehrt machen möchte. Zudem arbeite ich derzeit an einer neuen Schriftfamilie, deren Fertigstellung aber noch ziemlich Zeit in Anspruch nehmen dürfte.
An den persönlichen Projekten reizt mich besonders, dass ich ohne wirtschaftlichen oder terminlichen Druck daran arbeiten kann. Und dies so lange, bis ich meine persönlichen Qualitätsansprüche komplett erfülle. Ein Privileg, dass wir in der Gestaltung sonst viel zu selten haben.
Grundsätzlich interessiert mich eigentlich fast alles, was irgendwie mit Schrift und insbesondere Typedesign zusammenhängt.
Vielen Dank für Deine Zeit, Dominique. Es freut uns zu sehen mit welchem Enthusiasmus Du die kommenden Generationen auf ihren Weg bringst. Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und viel Spaß in Deiner Lehrtätigkeit und selbstverständlich auch in Deiner freiberuflichen Tätigkeit.
Weitere Informationen zu Dominique Kerber findet Ihr hier.
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