DESIGNBOTE sprach mit Katrin Menne, Head of Brand Management bei Merck und
John Bache, Geschäftsführer Deutschland der VIM Group zum Merck Rebranding

Katrin Menne hat als leitende Projektmanagerin den Wandel der Marke Merck seit 2014 entscheidend mit begleitet. Heute verantwortet sie als Head of Brand Management die Bereiche Brand Communication und Brand Design bei Merck.

Der gebürtige Neuseeländer John Bache leitet die auf Brand Implementation spezialisierte VIM Group mit den deutschen Standorten Frankfurt und München. Bache unterstützte mit seinem Team den deutschen Wissenschafts- und Technologiekonzern Merck bei seinem umfassenden globalen Rebranding.

Die ‚European Association of Communication Directors‘ (EACD) griff bei ihrem letzten Coaching Day mit der VIM Group zum Thema „Future Proof Your Brand“ den Case des Merck-Rebrandings auf.

Am Montag des 23. April 2018 konnten sich im Merck Innovation Center in Darmstadt Mitglieder des EACD über die (Hinter-)Gründe des radikalen Rebrandings von Merck sowie die Herausforderungen bei der Umsetzung des 2015 eingeführten Markenauftritts informieren.

Zum Merck Rebranding sprachen aus verschiedenen Perspektiven:

  • Axel Löber, Head of Branding & Strategic Projects, Merck
  • Marc Cloosterman, CEO VIM Group & Autor von „Future Proof Your Business“
  • John Bache, Geschäftsführer der VIM Group Deutschland
  • Katrin Menne, Head of Brand Management, Merck
  • Hans Meier-Kortwig, Geschäftsführender Gesellschafter der GMK Markenberatung, Herausgeber des „Deutschen Markenmonitor“
Merck Rebranding Fleet

Merck Rebranding Fleet

DESIGNBOTE Redakteur Wolfgang Linneweber sprach mit Katrin Menne und John Bache:

Wie kommt es, dass die EACD die neue Corporate Identity von Merck aufgreift? Hat es als ‚Case‘ Modellcharakter?

JB: Weltweit finden jedes Jahr mehrere Rebrandings statt, aber ganz selten gibt es größere Projekte, die so radikal sind. Dass ein 350 Jahre altes deutsches Unternehmen sich so etwas zugetraut hat, ist an sich schon sehr beeindruckend. Am spannendsten ist bei Merck jedoch, dass es zeigt, was passiert, wenn eine Unternehmensführung das Thema Marke begreift. Viele deutsche Unternehmen beschäftigen sich derzeit mit der digitalen Transformation, die sicherlich wichtig ist. Aber noch bedeutender ist die Markentransformation – wie kann sich ein Unternehmen durch die Fokussierung auf das Thema Marke verändern?

Katrin Menne, Head of Brand Management bei Merck

Katrin Menne, Head of Brand Management bei Merck

Frau Menne, das Rebranding der Marke Merck hatte – weniger im Stil seiner Durchführung als in seinen Effekten – Züge eines Umsturzes. Warum diese Radikalität?

KM: Manchmal ist es leichter, Dinge zu revolutionieren, als lediglich evolutionäre Anpassungen vorzunehmen. Denn eine deutliche und grundlegende Veränderung setzt ein sichtbares und klar verständliches Zeichen. Danach kann niemand mehr zum alten Status zurückkehren. Im Gegensatz dazu hält sich das Interesse für die Abwandlung eines Farbtons meist doch sehr in Grenzen.

In unserem Fall hatte es mit der Markenstrategie zu tun. Im Entwicklungsprozess der Marke haben wir uns die Frage gestellt: Wenn Wissenschaft und Technologie so interessant und spannend sind, warum sehen die meisten Unternehmen in diesen Bereichen eigentlich so langweilig aus? Von diesen gewöhnlichen einheitlich-fahlen Erscheinungsbildern wollten wir uns als Marke abheben und unterscheiden. Unser neues Erscheinungsbild ist genauso bunt und vielfältig wie unser Unternehmen. Die Formen sind aus der Wissenschaft abgeleitet und so macht das Design uns auf den ersten Blick wiedererkennbar und kommuniziert, wofür wir nach rund einem Jahrzehnt der geschäftlichen Transformation heute stehen: nämlich für lebendige und faszinierende Wissenschaft und Technologie.

Waren Widerstände zu managen und aus welchen Richtungen wehte Gegenwind?

KM: Ein Wandel bringt immer auch Herausforderungen mit sich. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine solch fundamentale Veränderung erklärungsbedürftig ist. Die Veränderung unserer Marke liegt in der strategischen Ausrichtung unseres Unternehmens begründet. Merck richtet sich stark auf Wissenschaft und Technologie aus, das Corporate Design ist deshalb von der Farb- und Formwelt der Mikroskopie inspiriert. Wenn auch nicht allen die bunten Farben auf Anhieb gefallen haben – die strategische Begründung wird nachvollzogen.

Lässt sich die Kooperation der merckschen Inhouse-Instanzen mit der VIM-Group in kurzen Worten beschreiben?

JB: Um die Auswirkungen des Rebrandings vorab abschätzen zu können, beauftragte das Unternehmen 2014 zunächst eine Impact Analyse, in deren Zuge VIM Group eine Kostenübersicht aufstellte und mehrere Rollout-Szenarien entwickelte, die vom schnellen und aufsehenerregenden „Big Bang“ bis zu natürlichen Austausch-Zyklen reichten.

Nach Festlegen des genauen Kurses durch die Projektleitung bei Merck ging das Projekt 2015 schließlich in die Implementierungsphase über. Zur Unterstützung errichtete VIM Group ein Projektmanagement Office, von dem aus die einzelnen Workstreams koordiniert und kontrolliert wurden. Während der Großteil der Maßnahmen von Merck-Mitarbeitern durchgeführt wurde, unterstützte VIM Group das komplette Rebranding der deutschen Merck-Fahrzeugflotte sowie die Implementierung der weltweiten Gebäudebeschilderung.

John Bache, Geschäftsführer Deutschland der VIM Group

John Bache, Geschäftsführer Deutschland der VIM Group

Welche Rolle spielt der Deutsche Marken Monitor bzw. was schreibt er zum Case Merck?

JB: Der Deutsche Markenmonitor ist die größte Entscheiderstudie zu Trends und Entwicklungen in der deutschen Markenführung. Er richtet sich an alle Markenverantwortlichen und -interessierte, an Unternehmen, Agenturen und Beratungen – und liefert mit seinen Ergebnissen Ansatzpunkte für die Markenarbeit. Daher beleuchtet der Markenmonitor keine individuellen Markencases. Mit seinem theoretischen Ansatz fanden wir ihn jedoch inhaltlich sehr passend für den Coaching Day, um die Praxisbeispiele in einen größeren Kontext einzuordnen. Aber inoffiziell habe ich erfahren, dass er Merck für ein sehr gelungenes Beispiel hält – wie man ein Rebranding verwenden kann, um sich internationaler zu positionieren und für die Zukunft vorzubereiten.

Merck Rebranding Fleet

Merck Rebranding Fleet

Wie beurteilen Sie die Marken-Wahrnehmung seit dem Relaunch 2015? Sind die letzten Kritiker verstummt?

KM: Zu Beginn gab es wie erwartet Zweifler. Natürlich auch intern. Selbst unter unseren Top-Managern gibt es einige, die zugeben, dass sie anfänglich gefremdelt haben. Heute ist die Skepsis dagegen komplett verschwunden.

Insgesamt hat sich vor allem die deutsche Design-Community mit dem Erscheinungsbild schwer getan, wohingegen die internationalen Reaktionen sehr viel positiver waren. Mittlerweile haben wir jedoch weltweit mehr als 25 renommierte Auszeichnungen für die erfolgreiche Veränderung und Kommunikation unserer Marke gewonnen. Es zeigt sich: Diese mutige Neupositionierung war erfolgreich.

Welche Herausforderungen gab es in Bezug auf die Umsetzung einer global einheitlichen Gebäudebeschilderung zu meistern?

KM: Wir verstehen unsere Gebäudebeschilderung als Ausdruck unserer Marke. In allen Standorten weltweit soll ein einheitlicher Look and Feel der Marke existieren. Um unseren Anspruch an lebendige Wissenschaft und Technologie zu verwirklichen, haben wir eine komplett eigene Schilderfamilie entwickelt, die sich nicht an gängigen Standards bedient. Von der Entwicklung bis zur Implementierung war es ein langer Prozess, aber 2019 sollten die letzten Schilder hängen.

JB: Für die Umsetzung waren diese Vorgaben natürlich eine große Herausforderung. Diese Schilder mussten entwickelt und ihre Funktionalitäten getestet werden z.B. auf Statik, auch bei Wind und Wetter, oder Materialbeständigkeit. Hinzu kam die Umsetzung der leuchtenden Farben und außergewöhnlichen Materialien. Weltweit gibt es außerdem ganz unterschiedliche regulatorische Anforderungen.

Mir gefällt die Brille, die Sie auf Ihrem Profilfoto tragen, Herr Bache. Ist es eine FUNK?

JB: Vielen Dank! Ich habe erst mit ca. 28 Jahren ein Brillenrezept bekommen und gleich unter dem Motto „wenn schon, denn schon“ eine Kombi aus Nerdbrille und Elvis Sonnenbrille von Diesel aufgesetzt. Diese Brille habe ich leider innerhalb von 12 Monaten kaputt gemacht und danach war mir klar – da ich auch viel Actionsport betreibe – ich brauche eine robuste Brille, die schon den ein oder anderen Sturz und Schläge ins Gesicht aushalten kann. Dementsprechend wurde die Diesel Brille durch einer Bollé Brille ersetzt, das aktuelle Modell ist eine RayBan, die seit ca. 6 Jahren tapfer einiges ausgehalten hat.

 

Frau Menne, Herr Bache, vielen Dank für Ihre Zeit!