„Das Grafische Atelier Stankowski + Duschek“ – Vorweg sei gesagt, dass diese Buchrezension nicht nur objektiver Natur ist, und auch nicht sein kann. Nach meinem Studium 2006 verbrachte ich die ersten Jahre meiner beruflichen Laufbahn im Grafischen Atelier Stankowski + Duschek, bis zu dessen Schließung im Jahre 2012. Diese Jahre waren, auch rückblickend betrachtet, sehr prägend, sodass ich mich seither mit der grundlegenden Philosophie des Ateliers identifizieren kann.

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Nach der Schließung des Ateliers war es Meike Gatermann, der Ehefrau Karl Duscheks, sehr wichtig, die Hinterlassenschaften des Ateliers jemandem im Gesamten zu überlassen. Die Entscheidung fiel auf die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Es dauerte einige Jahre, bis daraus eine Sonderausstellung wurde, welche vom 13. März bis 28. Juni 2020 präsentiert werden sollte. Leider konnte sie aufgrund der aktuellen Corona-Situation nicht eröffnet werden.

Dass es einige Jahre bis zur Fertigstellung der Schau dauerte ist nicht verwunderlich, da das Werk des Ateliers im Umfang kaum zu greifen ist. Jedoch ist es der Kunstbibliothek gelungen mit dem Buch zur Ausstellung Eindrücke in die Arbeit und in das Atelier zu vermitteln. Gewährt werden tiefe Einblicke in die Entstehung bekannter und weiterhin bestehender Marken, wie die der Deutschen Bank, der Deutschen Börse, Viessmann und der Messe Frankfurt – um Einige zu nennen.

„Die Überraschung liegt im Einfachen.“ Anton Stankowski

Auch der Symbiose aus den beiden Persönlichkeiten Stankowski + Duschek wird auf den Grund gegangen, hatten sie doch beide den Ansatz, Kunst und Design nicht voneinander zu trennen, sondern zu vereinen. Kaum jemandem ist dies so gelungen, wie diesen beiden. Sie waren in der freien Kunst aktiv – Stichwort: Konkrete Kunst. Genauso entwickelten sie passgenaue Konzepte und simple, wie treffende Marken – zeitlos, sodass sie auch heute an Aktualität nichts eingebüßt haben – die Deutsche Bank Bildmarke besteht bekanntermaßen unverändert seit 1974.

Weiterhin erhält man einen Einblick in das Leben innerhalb des Ateliers durch die Berichte einiger Weggefährten und Mitarbeiter des Ateliers aus verschiedenen Zeitabschnitten. Diese schildern persönliche Erfahrungen rund um die Arbeitsweise, sowohl zwischen Kollegen, als auch in Bezug auf Stankowski + Duschek.

Eine umfassende Retrospektive zur Arbeit des Ateliers ist kaum umsetzbar. Zu groß ist der Umfang des Schaffens. Wer schon einmal Kenntnis von der Stankowski Stiftung genommen hat, wird in etwa erahnen können, was hier noch an verborgenen Schätzen archiviert ist. Ein Anblick, der mir immer in Erinnerung bleiben wird. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die mir Karl Duschek einst erzählte. Anton Stankowski versammelte gerne montags seine Mitarbeiter und Kollegen und fragte, wie sie ihr Wochenende verbracht hätten? Sie erzählten also von ihren Freizeit- und Festaktivitäten bis Stankowski an der Reihe war. Er zückte aus der Schublade Skizzen, Grafiken und Drucke – das war seine Freizeitbeschäftigung. Daraus entstand ein unerschöpfliches Archiv, das nie im Gesamten verwertet werden konnte. Von außenstehenden Designern hörte man zu meiner Zeit öfter den Vorwurf, dass das Atelier bei einer neuen Markenentwicklung doch immer ins Archiv gehe, um da einfach etwas herauszuziehen. Ich kann heute sagen, selbstverständlich taten wir das. Es war uns Ehre und Privileg auf das Archiv eines solchen Designers zurückgreifen zu können und dessen Erbe so weiterzutragen. Natürlich entwickelten wir auch eigene Marken dazu und präsentierten diese mit. Jedoch fiel nicht selten die Entscheidung letztlich auf einen Entwurf Stankowskis oder Duscheks, waren sie doch nicht ohne Grund Meister ihres Faches.

Zusammenfassend sei gesagt, dass es Christina Thomson und ihren Mitarbeiter/innen der Kunstbibliothek Berlin gelungen ist, hinter die Kulissen zu blicken und die Geschichte des Ateliers zu erzählen. Jedem Designer, der sich für Design-Geschichte, Corporate Design und Kunst interessiert, sei dieses Buch wärmstens empfohlen – denn es ist randvoll davon.

Das Buch erscheint beim Verlag Kettler und kann für gerade mal 38€ unter diesem Link bestellt werden.

DESIGNBOTE Redakteur Julien Fincker ist Art Director bei der Werbeagentur Sieber & Wolf im Stuttgarter Raum. Zuvor sammelte er verschiedenste Erfahrungen in diversen Agenturen und Design-Büros, wie zum Beispiel bei Stankowski + Duschek. Interdisziplinarität ist ihm als Designer besonders wichtig. Daher widmete er sich auch nebenberuflich schon immer verschiedenen Bereichen, wie der Fotografie, Illustration, Mode- und insbesondere dem Typedesign.