Als Designer hört man von Kunden oft die Antwort auf die Frage nach der Hausschrift: „Ach nehmen Sie irgendwas. Sowas wie bei diesem Flyer von XY. Das finde ich schön.“ Ja, schön ist schön – aber nicht unbedingt zielführend. An dieser Stelle sind wir Designer auch als Berater gefragt. Vielen Kunden ist oft nicht bewusst, dass man mit einem Custom Font, oder einem Corporate Font, genauso die Werte des Unternehmens vermitteln kann, wie mit einem Keyvisual oder Logo. Denn allein schon mit der Schrift lassen sich verschiedenste Charaktereigenschaften darstellen. Je nachdem ob sie zum Beispiel rund und weich oder zackig und aggressiv gezeichnet ist, vermittelt sie ganz unterschiedliche Botschaften.

Ein Keyvisual oder Bildmotiv ist in der Wirkung natürlich deutlich plakativer und kurzfristig gesehen einprägsamer. Ein gutes Logo ist für das Brandbuilding von enormer Wichtigkeit. Beides kann Emotionen bei den Betrachtern erzeugen. Jedoch kommt beides in der Kommunikation nicht ohne Text aus. Um eine Botschaft zu senden, benötigt man eine Copy. Die Wirkung der Schrift ist dabei wesentlich subtiler und vermittelt eher unterschwellig die Charaktereigenschaften und Werte eines Unternehmens. Langfristig gesehen kann die Schrift allerdings sogar komplett ohne Bild und Logo einen direkten Bezug zur Marke herstellen, und dabei sogar noch eine Botschaft senden. Als perfektes Beispiel sei hier die Headline-Variante der Mercedes-Benz Hausschrift „Corporate“ genannt, von Kurt Weidemann Ende der 1980er gezeichnet. Diese ist so einprägsam, und wurde über viele Jahre so gelernt, dass sie alleinstehend, ohne jegliche Zusätze, einen direkten Bezug zu Mercedes herstellt. Die „Corporate“ war also eine sehr langfristige und besonders effektive Investition für das Unternehmen.

Gute Typedesigner mit besonderer Custom Type Expertise gibt es im deutschsprachigen Raum einige, seien da zum Beispiel die TypeMates oder Hannes von Döhren genannt. Oder auch Ulrike Rausch, die neben Custom Type auch Custom Lettering anbietet. Custom Type bedeutet nämlich nicht, dass es nur um reine Leseschriften geht. Genauso fallen darunter auch handgeschriebene Letterings, die zum Beispiel gerne im Editorial- und Packaging Design eingesetzt werden.

Ein maßgeschneiderter Custom Font ist natürlich auch mit Kosten verbunden, die sich nicht jedes Unternehmen leisten kann. Dafür gibt es einige Anbieter von Retail-Schriften, wie zum Beispiel MyFonts und Fontspring, die auch unbekannteren Type Foundries eine Plattform bieten. Hier lassen sich ebenfalls viele, sehr unterschiedliche und qualitativ hochwertige Schriften finden, die als Hausschrift genutzt werden können. Dadurch, dass man hier nicht die Exklusivrechte erwirbt, sind die Kosten geringer. Das ergibt auch den Nachteil, dass auch andere Unternehmen diese Schriften nutzen können. Ein Nachteil, den Designer und Kunde je nach Unternehmensgröße gemeinsam abwägen müssen.

Ob maßgeschneidert oder von der Stange, eine eigene Hausschrift einzusetzen hat für alle Kunden, ob Großunternehmen oder Kleinbetrieb, also nur Vorteile. Die Bedeutung ist ihnen oft nur nicht bewusst. Es liegt an uns Designern das zu ändern.

DESIGNBOTE – Script-Fonts – Was Designer über den Umgang mit Schriften wissen sollten …