Das schmale Bändchen, eine Abschlussarbeit des Hamburger Künstlers Chris Drange, erschien anlässlich der Absolventenausstellung der HFBK Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Der schwarze Leatherette-Einband duftet verführerisch nach, ehem, Leder. Die sexy Titel-Prägung gemahnt geisterhaft an ein iphone 6 und damit an die populärste Bühne für den weltweit grassierenden, von östrogenbetonten Heldinnen getriebenen Instagram-Craze. Vorgestellt werden die von Millionen Followern angebeteten Social Media-Ikonen Selena Gomez, Gigi Hadid, Kilie und Kendall Jenner, Ariana Grande und – angenehm lustig und selbstironisch – Duckface Miley Cirus.
Instagram als Selfie-Showcase weiblicher Schönheits-Idole und ihrer -Ideale wie auch der Anbetungs- und Anbiederungsbemühungen ihrer Fans auf gegenüberliegenden Seiten ab. Wer das Büchlein blättert und die Fankommentare liest, schwankt zwischen hilflosen Lachattacken und verzweifelten Mitleidsanwandlungen für die armen chancenlosen Würste, die da ihr Heil in der Imitation fleischgewordener Produkte suchen. Die verheulten Augen der präsentierten Social-Media-Ikonen sind ein Mittel der Verführung, deren von den Fans willig imitierte Dackelblicke heucheln Ehrlichkeit und ködern nach dem Motto, Kleinvieh macht auch Mist, eine millionenschwere Zielgruppe für Kosmetika und trendige Outfits.
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Eventuellen Copyright-Klagen scheint RELICS-Autor Chris Drange einigermaßen gelassen entgegenzusehen und beruft sich auf den Präzedenzfall des Künstlers Richard Prince, der mit dem Copyright-Thema künstlerisch spielt, indem er in der Gagosian Gallery in New York Social-Media-Images von Unbekannten präsentierte – wofür er, indes erfolglos, verklagt wurde.
Sofie_wallace CAN I BE YOU!
Drange zeigt, wie sich das multitalentierte Smartphone – weit unter seinen schier endlosen technischen Möglichkeiten – als mobiler ‘Altar der Anbetung’ nützlich macht. Die devoten Gläubigen versuchen, leider vergeblich, ein wenig Wärme und Strahlkraft vom Heiligenschein der von ihnen angebeteten Influencerinnen einzufangen und fast scheint es als sei ihnen nicht klar, dass sie diese Strahlung mit Millionen von Glaubensgenossinnen teilen müssen.
Dieser sozial-mediale Dialog oszilliert zwischen emanzipatorischem Bewusstseinsblitzen und kühler ausbeuterischer Intention. Er generiert das massive Potenzial zur Rollenmodellierung, das Millionen junger Frauen weltweit in eine Richtung marschieren lässt und ihre Portemonnaies sturmreif schießt für die Produktsortimente ihrer Heldinnen. Muss man sich darüber Sorgen machen? Ach was. Dafür ist es längst zu spät.
rosaliess Please see meeee. Please see meeee
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