Wer erinnert sich nicht an seine erste Ausfahrt mit dem ersten eigenen Auto? Unvergessen sind romantische Momente, Urlaubsreisen, Blechschäden. Was da mit “Ahh” anfängt und mit “Ohh” endet, hat seiner Erfindung Ende des 19. Jahrhunderts die Gemüter und die Welt bewegt, wie kaum eine andere Erfindung.

Auch wenn anno Jetzt das Ende der automobilen Entwicklung in Sicht ist, ein Blick zurück lohnt sich und kann sehr unterhaltsam sein. Das Automobil hat, so nützlich es sich auch machen mag, einen hohen Symbolgehalt und starken Fetischaspekt. Was anfangs grenzenlose Mobilität verhieß, zum Motor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung wurde, das taugte auch zu allen Zeiten als künstlerisches Motiv.

Die ersten AutomobilistInnen wurden in Radierungen und Karikaturen zugleich bespöttelt wie bewundert. Im jungen 20. Jahrhundert fand der geschwindigkeitsbegeisterte italienische ‘Futurismo’ Bilder voller Dynamik für Flugzeuge, die Eisenbahn und natürlich auch das Automobil. Die Hochstimmung von New Deal und Wirtschaftswunder formte die abenteuerlichsten Karossen und fand ihren Widerhall in kritischen Kunstäußerungen wie auch stylischen Auto-Ads in Hochglanzmagazinen.

Der legendäre VW Käfer wurde in Werbeanzeigen, Skizzen und Installationen gewürdigt. Happening und Fluxus übersetzten bzw. demontierten schließlich Ende der Sechziger den automobilen Fortschritt in kritische und ironische, bisweilen absurde Statements. Op- und Pop-Art fanden psychedelisch oszillierende Bilder für die vergötterten Vehikel und Warhol nahm die Siebdruck-Massenproduktion von Käfermotiven auf. Thomas Gursky photographiert das aufgekratzte Gewimmel einer Automobilmesse und das hoch konzentrierte Werkeln am Pit-Stop in hoch aufgelösten Totalen. Besonders anrührend fühlen sich die Erinnerungen des Fotografen Stefan Erfurt von einem Road-Trip anno 1987 an der US-Westküste: Sein VW Bully posiert im orange getönten Abendlicht, geparkt unter einer Laterne oder ganz winzig, auf der Golden Gate-Bridge.

Das Buch mit Katalogcharakter erscheint parallel zu einer Ausstellung die vom 15. Juli bis 5. November 2017 in der Kunsthalle Emden stattfindet. Über 100 Exponate von Künstlern wie August Sander, Gerhard Richter, Andy Warhol, Andreas Gursky, Wolf Vostell, Konrad Klapheck, Marcel Odenbach und viele mehr kommentieren den Mythos Automobil quer durch die Kunstepochen der letzten 13 Dekaden.

Hg. Annette Vogel und Katharina Henkel
Mit Beiträgen von Annette Vogel, Walter Grasskamp und Thomas Wagner

192 Seiten
135 farbige und 20 s/w Abbildungen
24 x 28 cm
Gebunden 36,-€

Wienand Verlag, Köln