Über Patrick Llewellyn und 99designs:

Patrick Llewellyn ist CEO von 99designs, dem weltweit größten Online-Marktplatz für Grafikdesign. Die Plattform verbindet über 1,4 Mio. Freelance-Designer auf der ganzen Welt mit Kunden, die auf der Suche nach den unterschiedlichsten Grafikdesign-Dienstleistungen sind. Auf Basis eines Wettbewerb-Systems erstellen Kunden Briefings und arbeiten gemeinsam mit den Designern daran, das perfekte Design zu entwickeln.

99designs ermöglicht Designern, internationale Kunden zu erreichen, ihr Portfolio aufzubauen und sich einen Lebensunterhalt zu verdienen. Mittlerweile hat 99designs über 190 Mio. Dollar an Designer ausgezahlt und über 625.000 Design-Wettbewerbe durchgeführt.

 

Patrick Llewellyn, CEO von 99designs

Patrick Llewellyn, CEO von 99designs (Bildquelle: 99designs)

Sind die Gründer immer noch dabei? In welchen Funktionen?

„99designs begann ursprünglich als spielerischer Wettkampf zwischen einer Handvoll Designer im SitePoint-Forum die gegenseitig versuchten ihre Designs zu übertreffen. Die Gründer, Matt Mickiewicz und Mark Harbottle, bauten die Plattform 2008 in Melbourne aus dieser Idee heraus auf. Derzeit arbeitet Matt an seinem 2012 gegründeten Unternehmen Hired. Mark ist noch immer Teil unseres Vorstands. Nach der Gründung von 99designs zählte ich zu den ersten Mitarbeitern und habe 2009 die Rolle als CEO übernommen.“

 

Welche Rollen spielen die Kapitalgeber der ersten Stunde im aktuellen Entwicklungsstadium von 99designs? (Sind sie z.B. am Gewinn beteiligt?)

„Nachdem wir 99designs 3 Jahre lang weiterentwickelt hatten, erhielten wir 2011 35 Mio. Dollar Venture Capital von Accel Partners. Accel ist noch immer am Unternehmen beteiligt und steht uns nach wie vor als Berater zur Seite.“

 

Wie viele Büros gibt es weltweit?

„Wir haben aktuell drei Büros weltweit: unser australisches Heimatbüro in Melbourne, ein amerikanisches Büro in Oakland und ein europäisches Büro in Berlin. Wir sind ein vielsprachiges, multikulturelles Team von Designbegeisterten und können durch unsere Standorte auf 3 Kontinenten in Echtzeit für unsere Kunden und Designer da sein. Für uns kennt Design keine Grenzen und wir sind stolz darauf, dass jeder Designer auf 99designs die Chance hat, erfolgreich zu sein, egal woher er kommt.“

 

Sind alle beteiligten Designer via www.99designs.de buchbar?

„Ja, jeder Designer auf 99designs hat ein eigenes Profil, um sein Portfolio präsentieren zu können, kann an Designwettbewerben teilnehmen und von Kunden direkt zu Designprojekten eingeladen werden.“

 

Mich wundert am Wettbewerbsprinzip, dass sich so viele Designer aktivieren lassen. Ihr schreibt, dass in der Platin-Kategorie – in der Hoffnung auf den Auftrag – ca. 60 Designer Vorschläge präsentieren werden. Gibt es denn weltweit so viele Gestaltungstalente, die in diesem Augenblick Däumchen drehen und auf einen Auftrag warten?

„Wenn man bedenkt, dass unser Designer-Pool über 1,4 Millionen Designer umfasst, ist das gar nicht so verwunderlich. Viele der Designer haben ständig ein Auge darauf, welche Designwettbewerbe gestartet werden. Wenn einer dabei ist, den sie spannend finden und der zu ihrer Expertise passt, nehmen sie teil. Manche Designer füllen damit Lücken, in denen sie gerade keine anderweitigen Aufträge haben, andere sind in Vollzeit auf der Plattform unterwegs und jeden Tag online. Alle 1,5 Sekunden wird ein neues Design auf der Plattform hochgeladen und wir zahlen jeden Monat etwa 3 Millionen US-Dollar an Designer aus.“

 

Wie hoch ist die Fluktuation? Bleiben Eure Designer 99designs auch nach abgeschlossenen Projekten treu?

„Wir haben eine Menge Designer, die bereits seit Jahren dabei sind – viele darunter schon von Anfang an. Je mehr Wettbewerbe sie gewinnen, desto besser wird ihr Portfolio und desto mehr Kunden kommen immer wieder auf sie zu. Das motiviert sie natürlich der Plattform treu zu bleiben. Es gibt selbstverständlich auch einige Designer, die sich registrieren, an einem Wettbewerb teilnehmen, nicht gewinnen und dann aufgeben. Aber der Großteil der Designer nutzt 99designs zur Kundenakquise und um Designpraxis zu sammeln.“

 

Transparenz ist für den Kunden sicher nützlich. Aber drückt nicht der Wettbewerbsgedanke enorm auf das Preisniveau? Schließlich sind nicht überall auf der Welt die Betriebsnebenkosten so relativ niedrig wie in Deutschland.

„Uns ist wichtig, dass die Preise sowohl die Designer als auch die Kunden zufrieden stellen. Über unser Designer-Forum kommunizieren wir aktiv mit unseren Designern und nutzen ihr Feedback um für jede Kategorie das geeignete Preisniveau zu finden. Wir prüfen die Anzahl der Teilnehmer und Rückerstattungen durch unsere Geld-zurück-Garantie und passen die Preise so an, dass unser System funktioniert. Bisher haben wir 625.000 Wettbewerbe auf der 99designs-Plattform durchgeführt.“

 

Angenommen, ich starte eine Anfrage in der Platin-Kategorie, aus welchen Weltregionen kämen die meisten Vorschläge?

„Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Sprache des Briefings: bei einem Briefing in deutscher Sprache wird ein Großteil der Designer aus dem deutschsprachigen Raum kommen. Bei englischen Briefings wird es wohl eine bunte Mischung aus US-amerikanischen, europäischen und asiatischen Designern sein. Insgesamt kommen 25 Prozent unserer Designer aus Europa.“

 

In welcher Form darf ein Auftraggeber mit Eurer Unterstützung rechnen? (Sprache, Formulierung, Briefing, technische und ästhetische Normen…)

„Wir haben ein tolles und sehr erfahrenes Support Team, das telefonisch oder per E-Mail erreichbar ist und immer gerne Tipps gibt und hilft, Projekte zu verbessern. Für Kunden, die noch nicht genau wissen, was sie wollen, bieten wir auch eine ausführliche Designberatung an, um Kunden zu helfen, sich über ihre Designvorstellungen klar zu werden.“

 

Bei aller Globalisierung und Standardisierung: Könnt Ihr aus Eurer Erfahrung sagen, ob es eine weltweit gültige Stilsprache gibt?

„Schaut man sich die Profile der Designer an, so wird deutlich, dass jeder einzelne Designer seinen ganz eigenen Stil hat. Aber wir können eindeutig feststellen, dass sich immer wieder neue Trends und Stilrichtungen herauskristallisieren, sich wandeln und weiterentwickeln. Dennoch haben die meisten Designer durch ihr Training und ihre Erfahrung eine gemeinsame Grundlage, die ihnen eine kollektive Stilsprache ermöglicht.“

 

Kann denn in einem Paket für 1200,- € z.B. eine professionelle Fotoproduktion inbegriffen sein? Muss der Kunde eventuell mehrere Disziplinen kombinieren, um z.B. eine illustrierte Broschüre oder ein Video zu bekommen?

„Auf der Plattform können Kunden aus mehr als 45 Designkategorien wählen, Video und Fotografie sind leider nicht dabei. Allerdings haben wir auch Designer, die sich mit solchen weiterführenden Aufgaben auskennen und in 1-zu-1-Projekten gerne auch komplexe Projekte übernehmen. Viele unserer Designer sind Experten in mehr als einer Disziplin. Wenn ein Kunde ein komplexes Projekt startet, dann kommen die besten Designvorschläge von Designern mit Kenntnissen in den passenden Disziplinen.“

 

Oder anders gefragt: Funktioniert Euer Konzept auch bei umfangreicheren, interdisziplinären Projekten?

„Generell kann man sagen, je geradliniger und vergleichbarer ein Projekt ist, desto einfacher wird ein klassischer Wettbewerb ablaufen. Wir haben aber auch jede Menge Kunden, die umfangreiche Projekte über die Plattform starten. In solchen Fällen hilft unser Kundensupport ihnen am Anfang bei der Entscheidung in welche Projektteile ihr Vorhaben am besten aufgeteilt werden kann und begleitet sie bei der Durchführung. Meist raten wir ihnen, den ersten Teil als Wettbewerb zu starten und mit den besten Designern des Wettbewerbs in 1-zu-1-Projekten weiter zu arbeiten, um zusätzliche Projektteile zu gestalten.“

 

Ok. Mit einem englischen Briefing erreiche ich die meisten Designer. Wenn mir z.B. ein Entwurf für ein Kundenmagazin gefällt, wie stelle ich sicher, dass ein auf englisch gebriefter Designer aus Russland meine deutschen Texte im Layout richtig verarbeitet?

„Gerade bei Sprachbarrieren braucht es natürlich auch etwas Erklärung durch den Kunden: im Briefing sollte der Kunde möglichst beschreiben, was das Thema und die Zielgruppe des Texts sein wird, damit der Designer den passenden Stil treffen kann. Das gleiche wäre aber auch bei einem deutschsprachigen Designer hilfreich.“

 

Welche Disziplinen werden am häufigsten gebucht?

„Die beliebteste Kategorie ist bei Kunden das klassische Logo-Design, danach kommen Kategorien wie Web-, App- und Social Media-Design, aber auch künstlerische Illustrationen und Printdesigns werden oft nachgefragt.“

 

Und aus welchen Ländern kommen die meisten Anfragen?

„Die meisten unserer Kunden kommen derzeit aus den USA, Kanada, Australien und Deutschland, dicht gefolgt von Großbritannien und Frankreich.“

 

Bedienen sich auch große Player wie z.B. Agenturen der Dienste von 99designs? (Vielleicht heimlich?)

„Für Agenturen ist unsere Plattform von besonderem Interesse, denn so können sie ihren Pool an kreativen Talenten sehr einfach erweitern. Die meisten verheimlichen auch nicht, dass sie die Designelemente ihrer Projekte auf 99designs erstellen lassen, denn für ihre Endkunden zählt nur das hochwertige Endprodukt. Auch haben sich mittlerweile spezialisierte „Crowd Agencies” entwickelt, deren Konzept darauf basiert, für ihre Kunden die Kreativität von Crowdsourcing zu nutzen.“

 

Gibt es Designer, die regelmäßig durch Spitzenleistung/ Bewertung auffallen? Habt Ihr schon Designerstars hervorgebracht?

„Wir haben sogar ziemlich viele Designer, die durchweg fantastische Leistungen erbringen – wir nennen sie unsere Top-Level-Designer. Manche von ihnen sind auf der Plattform schon zu Designlegenden geworden – zum Beispiel Skilline, CalmSpark und Ludibes – andere haben ihre eigenen Grafikdesign-Firmen gegründet, wie zum Beispiel Studio Ubique.“

 

Denkt Ihr über weitere kreative Disziplinen (wie z.B. Text oder Übersetzungen) nach?

„Die Kernkompetenz unserer Designer ist und bleibt Grafikdesign, daher fokussieren wir uns nach wie vor auf Design. Aber wir sind stetig dabei, unser Angebot in diesem Bereich zu erweitern, denn in unserem Designer-Pool gibt es viele Talente mit weiterreichenden Kompetenzen. Neu ist deshalb zum Beispiel 3D-Design.“

 

Zu guter Letzt: Wer stellt die Kompetenz der 99designer sicher? Prüft die jemand im Bewerbungsverfahren ab?

„Ja, zwar darf sich jeder bei uns registrieren, doch wir begrenzen zu Anfang die Anzahl der einreichbaren Designs, bis wir die Designqualität bestätigen können. Wir haben immer ein Auge auf die Performance unserer Designer, denn wir unterteilen sie in 3 verschiedene Kategorien, in denen sie je nach Designqualität aufsteigen können: Einstiegslevel, Medium Level und Top Level Designer. Wer hochwertige Designs abliefert, kann aufsteigen und an Gold- oder Platin-Wettbewerben teilnehmen. In Platin-Wettbewerben erhalten alle Finalisten ein Preisgeld.“

 

Herzlichen Dank, Patrick