Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube, McDonalds hat 2003 mit seinem Slogan »Ich liebe es.« den Stein erst so richtig ins Rollen gebracht. Seitdem sind nicht wenige Unternehmen in Deutschland dem Beispiel gefolgt, und wollen vom Verbraucher für seine Produkte geliebt werden. Jüngstes Beispiel hierfür ist das quietsch-rosane »Ei love Rosa.« des allseits bekannten Eierproduzenten Ferrero, der es mit dem neuen Kuschel-Slogan, der überall von Plakatwänden schreit, vor allem auf junge Mädchen abgesehen hat, bei denen Rosa und Plüsch allein durch die gängige Sozialisierung zur allgemeinen Begeisterung beiträgt.
»Liebe« als Schlagwort scheint zu funktionieren, spricht die Gemüter besonders an. Ich möchte einen kleinen Auszug an Slogans mitgeben, die ich bei meinen Recherchen gefunden habe:
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Zuviel der Liebe
Langt mir für’s Erste, das ist zuviel der Liebe. Jedenfalls für mich. Und auch zu viel, weshalb ich dem ein oder anderen Unternehmen in der Tat seine Glaubwürdigkeit abspreche. Auch wenn ich Fußball selbst nicht sehr viel abgewinnen kann, so ist hier der Umgang mit dem Begriff »Liebe« vielleicht noch verständlich. Und auch die Farbe Rosa zu lieben, vermag ich noch zu verstehen. Aber Lebensmittel? Im weitesten Sinne? Oder einen Reiseveranstalter? Und einem Hund kann ich meine Liebe nicht besser zeigen, als mit dem Futter, das ich ihm reiche? Nein, nein: Es IST sogar die richtige Portion Liebe! So zumindest die Werbung.
Saturn ist inzwischen wieder davon abgerückt, mit der Liebe um die Konsumentengunst zu buhlen. Alpro Soya meint seit 2010 mit dem neuen Slogan »Denn wir haben jede Menge vor.«, mehr Kunden anziehen zu können. Vitakraft hingegen hat den Slogan geändert, mit Ausnahme des Wörtchens »Liebe«. Scheinbar durfte der emotionale Effekt dieser Floskel – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht angetastet werden. Und recht aktuell hat sich doch tatsächlich Pfanni mit Hilfe von Jung von Matt/Alster erst im letzten Jahr zur Kartoffelliebe bekannt. Ich musste mehr als nur ein bisschen Schmunzeln, als mich meine Recherchen auf den Slogan der Kartoffelstampferei stießen ließen. Und das ist tatsächlich der neue Slogan. Zuletzt noch hieß es: »Liebe, die man schmeckt.«
Sicherlich gehöre ich zu den rund 10% der kritischen Markenbindungstypen, denen der Versuch auffällt, an ihren tiefsitzenden Emotionsquellen zu rühren. Die Werbung will mich, unbedingt, möchte am Liebsten, dass ich mir – wie so viele andere – ein T-Shirt ‘meiner’ Marke umhänge oder sogar soweit gehe, mir ein Tattoo mit dem Firmenemblem stechen zu lassen. Doch das schafft Harley Davidson auch heute noch bei vielen Motorradbegeisterten, ohne das Wörtchen »Liebe« verbrauchen zu müssen. Vielleicht aber auch gerade deshalb?
Zur Floskel degradiert
Das nicht zuletzt ist wohl, was mir so sehr aufstößt: Das Verbrauchen und Banalisieren eines Wortes, das wir alle doch so gerne hören möchten. Und zwar nicht geheuchelt, nicht in irgendeiner Form inszeniert, sondern aus einem tiefen Gefühl heraus. Zur Floskel degradiert wird kein Unternehmen mit seiner Liebe überzeugend sein, egal, ob den Dingen oder gar dem Unternehmen selbst gegenüber. Und auch McDonalds sollte doch inzwischen mal darüber nachdenken, ob es nicht an der Zeit ist, die Haltung zu verändern. Von Pfanni’s Kartoffelliebe gar nicht zu sprechen.
»In der Werbung, im Verkaufsgespräch und in der politischen Propaganda wird oft mit Lügen und Täuschungen gearbeitet.«, so ist es Wikipedia unter dem Suchbegriff »Lüge« zu entnehmen. Allgemein bekannt. Dabei darf in einer Werbebotschaft nicht wortwörtlich gelogen werden, natürlich, da sie sonst irreführend wäre – und abgemahnt werden könnte. Doch das Werbung in großen Teilen (und Budgets) mit einer Verzerrung der Wirklichkeit einhergeht, sollte Jedermann klar sein. Geht es dabei um unseren ureigensten Angelegenheiten, um Fremdenhass, Tierquälerei oder eben um unsere Emotionen, dann ist es besonders geschmacklos.
Nur wenig Worte wurde in den letzten Jahren so sehr als Claim missbraucht, wie das Wörtchen »Liebe«. Und so hat auch »Ei love Rosa« trotz allem Verständnis für Rosa-Liebhaber, sowie der dürftigen Verfremdung des Begriffs »Liebe« als Anglizismus einen für mich schalen Beigeschmack. Na ja, demnächst ist dann vielleicht das Wörtchen »Treue« dran? Oder nein, ist es ja schon, oder um Wondergirl zu zitieren: “Treue? Ach das Zeug, das man bei Tengelmann gegen Messer eintauschen kann”.
1 Kommentare
Briefschreiber.name
Schön. Der Beitrag gefällt mir. Vielleicht interessant: Ich habe letztes Jahr zu diesem Thema ebenso einen Post verfasst. Der Titel lautet “PR-Instrument Liebesbrief: So kommt ein kreativer Dialog in Gang.” Vom Ansatz her ähnlich, nur mit anderen Beispielen.
Viele Grüße nach Köln
K.B.