Ein Leerzeichen, wo eigentlich ein Bindestrich hingehört oder sogar Zusammenschreibung möglich wäre – das ist im Volksmund ein Deppenleerzeichen. Das hört sich ganz schön überheblich an, denn schließlich kennt sich auch nicht jeder mit Kommasetzung aus und wird nicht unbedingt gleich beschimpft. Allerdings trennt das Deppenleerzeichen Wörter, die zusammengehören – und das kann den Lesefluss erheblich stören und zu Mehrdeutigkeiten führen.
Oh, du liebes Deppenleerzeichen – wo kommst du her?
Auf der Suche nach Gründen, warum Komposita (zusammengesetzte Wörter) neuerdings in ihre Einzelteile zerlegt werden, gibt es verschiedene Erklärungsversuche. Allen voran sei der Einfluss des Englischen genannt. Ja, im Englischen schreibt man Komposita getrennt. Im Englischen heißt es project manager wo es im Deutschen Projektmanager heißt. Die Regel lautet: Werden englische Wörter im Deutschen verwendet, werden sie wie deutsche Wörter behandelt und entsprechend mit anderen Wortteilen zusammengeschrieben (Designentwurf), mit Bindestrichen gekoppelt (Software-Entwicklung) oder auch gebeugt (des Store-Managers). Diese Regel kommt an ihre Grenzen, wenn alle Bestandteile des Kompositums aus dem Englischen übernommen werden. Hier muss das Sprachgefühl entscheiden, inwieweit diese Wörter bereits in die deutsche Sprache integriert wurden und entsprechend nach deutscher Rechtschreibung geschrieben oder als fremdsprachliche Wörter behandelt werden. So empfiehlt der Duden z. B. die Schreibweise Call-Center oder Callcenter, obwohl es sich um eine vollständig aus dem Englischen übernommene Benennung handelt. Bei Zusammensetzungen wie Design Review oder Screen Design, die (noch) nicht im allgemeinen Wortschatz der deutschen Sprache zu finden sind, kann man sicherlich darüber streiten, ob eine Zusammenschreibung oder Schreibung mit Bindestrich notwendig ist.
Wo es sich nicht drüber streiten lässt, ist, dass Produktnamen, die aus zusammengesetzten Substantiven bestehen, auf Verpackungen und auch auf den Websites zum Produkt häufig orthographisch falsch geschrieben werden. Gerade wenn ein Kompositum auf mehrere Zeilen umgebrochen wird, wird der Binde- bzw. Trennstrich gerne unter den Tisch gekehrt. Doch ist ein Bindestrich (oder sogar mehrere) wirklich so ein designtechnischer Fauxpas, dass man die Grammatikregeln über Bord wirft? Aber auch ohne Zeilenumbruch scheinen sich die Marketing-Experten einig zu sein, dass Leerzeichen der letzte Schrei sind. So entstehen Produktbezeichnungen wie Frühstücks Brei, Haferbrei Basis (von Alnatura), FUSS UND SCHUH DEO (von Balea) und Intensiv Wärme Balsam (von Kneipp) – siehe Beispielbilder.
Sollen zwei Wortteile mittig untereinandergeschrieben werden, wie in dem Beispielbild zum Wärme Balsam von Kneipp, stört der Binde- bzw. Trennstrich natürlich die Symmetrie, da der erste Wortteil linksbündig erscheint. Das ist aus gestalterischer Sicht verständlich, bleibt aus sprachlicher Sicht aber inkorrekt. Doch auch ohne das Problem der Symmetrie wird das Leerzeichen falsch verwendet, wie man bei dem Beispielbild zum FUSS UND SCHUH DEO von Balea sieht. Hinter dem SCHUH passt doch noch wunderbar ein – hin (gerne auch hinter dem FUSS). Würde man die Schriftgröße nur etwas verkleinern, könnte sogar noch ein SCHUHDEO in die Zeile passen. Tut auch nur ein bisschen weh, da man Abstriche in der Schriftgröße machen müsste, dafür aber mit korrekter Grammatik punktet.
Besonders gerne findet man das Leerzeichen, das keins sein sollte, in Verbindung mit Markennamen, da die Corporate Language häufig vorsieht, dass der jeweilige Markenname zur Hervorhebung alleine zu stehen hat. Dabei entstehen Sätze mit Aneinanderreihungen von Wörtern wie: Alle GROHE Produkte zeichnen sich durch außergewöhnliche Qualität aus (hier gesehen; richtig wäre GROHE-Produkte). Obwohl der Markenname durch die Großschreibung bereits hervorgehoben wird und ein Bindestrich dem keinen Abbruch tun würde, wird die Zusammengehörigkeit des Kompositums untergraben. Auch schön: Auf der Website von HP kann man sich das HP EliteBook 820 Notebook Datenblatt herunterladen. Grammatikalisch korrekt wäre das HP-EliteBook-820-Notebook-Datenblatt, wobei diese durchgekoppelte Lösung keinesfalls schöner oder übersichtlicher ist, als die falsche Schreibweise ohne Bindestriche. Welche Möglichkeiten es gibt, den Bindestrich zu umgehen oder die Anzahl der Bindestriche zumindest zu reduzieren, steht im folgenden Abschnitt.
So ist es richtig
Man kommt einfach nicht ganz um den Bindestrich herum. Auch bei der Verwendungen von Sonderzeichen wie z. B. ® und ™, werden die einzelnen Wortbestandteile durch einen Bindestrich zusammengefügt. Richtig ist demnach die Schreibweise Intel®-Core™-Prozessoren und falsch ist Intel® Core™ Prozessoren. Möchte man innerhalb einer feststehenden Bezeichnung oder innerhalb eines Markennamens, der aus mehreren Wörtern besteht, keine Bindestriche setzen, wird es zumindest akzeptiert, den zusammengehörigen Teil in Anführungszeichen zu setzen und danach mit Bindestrich zu koppeln: die „Intel® Core™“-Prozessoren.
Um Bindestriche in langen Wortzusammensetzungen zu reduzieren, löst man das Kompositum am besten (teilweise) auf. Aus dem Beispiel von HP wird so z. B. das Datenblatt zum Notebook „HP EliteBook 820“; aus dem GROHE-Beispiel werden die Produkte von GROHE.
Bei der Haferbrei Basis ist leider nicht viel zu machen: Richtig bleibt Haferbreibasis, Haferbrei-Basis oder eben die Basis für Haferbrei. Dabei würden wahrscheinlich nur Wenige auf die Idee kommen, altbekannte Komposita zu trennen à la Hafer Brei – bei neuen Wortschöpfungen ist aber man mitunter kreativ, obwohl die grammatikalische Struktur die gleiche ist.
Ist es denn wirklich so schlimm?
Es ist ein Bedeutungsunterschied, ob wir es etwas zusammen bauen oder zusammenbauen. Im ersten Beispiel bauen mehrere Menschen etwas gemeinsam, im zweiten Beispiel werden lose Teile zusammengefügt. Die Betonung ist unterschiedlich; in der gesprochenen Sprache würde es dem Gegenüber direkt auffallen, wenn die Betonung des jeweils anderen Wortes verwendet würde – und es könnte zu Verständnisschwierigkeiten kommen. In der geschriebenen Sprache ist es genauso: Der Lesefluss wird gestört, wenn da geschrieben steht: Ich kaufe mir drei Bilder Rahmen, da die Verbindung der beiden Substantive verloren geht und beide Worte gleich betont werden müssten. Ein besonders schönes Beispiel liefert der Zwiebelfisch bereits im Jahr 2004: 24 Monate ohne Grund Gebühr. Wer wählt schon einen Tarif, bei dem er grundlos eine Gebühr zahlen soll?
Zu viel des Guten
Zwar wäre es grammatikalisch korrekt, Bilder-Rahmen zu schreiben, der Bindestrich ist hier aber völlig überflüssig, denn der Bilderrahmen tut es auch. Der Software-Entwicklung tut der Bindestrich aufgrund der zwei aufeinander folgenden „e“ allerdings gut und bei der CD-Sammlung ist er sogar Pflicht. Bilder Rahmen, Software Entwicklung und CD Sammlung sind allesamt bedeppert, da das Leerzeichen hier nichts zu suchen hat.
Weder Bindestrich noch Leerzeichen stehen in der Regel, wenn Worte mit einem Fugenelement verbunden sind (z. B. durch ein Fugen-s, wie in Leistungssport). Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, vor allem wenn verschiedene Regeln aufeinandertreffen wie bei der Installations-CD. Aber auch sehr lange Komposita dürfen nach einem Fugenelement der Übersichtlichkeit halber mit einem Bindestrich gekoppelt werden, wenn es denn unbedingt sein muss (Töpfereibetriebs-Eröffnungsfeier) – obwohl eine Auflösung des Kompositums ggf. mehr Sinn macht. Der Frühstücks Brei von Alnatura könnte falscher also nicht geschrieben werden.
Schreibt zusammen, was zusammengehört!
Komposita sind ein schönes und praktisches Charakteristikum der deutschen Sprache. Mehrere Wörter können ad hoc zu einem neuen Wort verbunden werden, das in keinem Wörterbuch zu finden ist und dennoch korrekt und verständlich ist. Die Zusammengehörigkeit dieses neuen Worts spiegelt sich auch in der Schreibweise wider: Es wird zusammengeschrieben oder mit einem Bindestrich gekoppelt. Wird das Wort auf mehrere Zeilen umgebrochen, steht ein Binde- oder Trennstrich am Ende der Zeile. Ein Leerzeichen hat in der Welt der Komposita nichts zu suchen, denn es trennt, was zusammengehört, lässt den Leser stolpern und steht der Verständlichkeit im Wege.
Wer alle Regeln zum Bindestrich auf einen Blick will, schaut einfach in den Duden: http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/bindestrich
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