Disruptive Technologie, Taxiersatz, Innovationsschmiede, aggressives Start-up, Mobilitätsrevolutionär. Wenn es um das Ride-Sharing-Unternehmen Uber geht, mangelt es nicht an Superlativen. Uber hat weltweit eine rasante Entwicklung durchlaufen und führt jetzt nach weniger als drei Jahren bereits sein zweites Rebranding ein. Sorgte der erste Versuch, in dem das U-förmige Logo durch ein kreisförmiges Markenlogo ausgetauscht wurde, bei den Nutzern noch für Verwirrung, hat das Unternehmen nun unter neuer Führung abermals einen Richtungswechsel vorgelegt: Das neue Signet verzichtet auf eine eigenständige Bildmarke und rückt stattdessen die Wortmarke wieder in den Vordergrund. Die Website wie auch alle Apps wurden im September relauncht.
Ein Rebranding stellt eine der elegantesten Wege dar, wie ein Unternehmen die Beziehung zu seinen Kunden neu kalibrieren oder eine Richtungsänderung signalisieren kann. Wenn – wie im Falle Uber – das neue Logo sofort auf allen Geräten von Hunderten von Millionen Nutzern und 1,5 Millionen Fahrern übertragen wird, könnte das Investment in die Marke nicht besser angelegt sein.
Zudem signalisiert eine Neupositionierung idealerweise auch Vertrauen. Aber gibt es ein ungeschriebenes Gesetz darüber, wie oft ein Unternehmen sich neu erfinden kann, ohne seine Identität aufzugeben oder das Vertrauen der Verbraucher zu verlieren? Vielleicht war das in der vordigitalen Vergangenheit der Fall. Aber im „mobile-first“ Zeitalter eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten, sich schnell an veränderte Parameter anzupassen und gleichzeitig für die Nutzer erkennbar zu bleiben.
Jürgen Siebert, Marketing Director DACH von Monotype, hat einen Blick auf die bemerkenswerte Branding-Geschichte von Uber geworfen und zeigt auf, warum der Relaunch ein konsequenter richtiger Schritt ist.
Design durch Disruption
Die erste App von Uber im Jahr 2010 hieß „ubercab“, das Logo bestand aus einer Wortmarke und einer dunkel roten Kombination der fett gesetzten Buchstaben u und c, wobei das c einfach aus dem um 90° gedrehten u hergeleitet war. Das Design war repräsentativ für ein Start-up, das sich mehr auf Engineering und Logistik als auf ein klares Markendesign konzentrierte.
In den Folgejahren hat sich die Markenidentität von Uber weiter verändert: 2010 verschwand das „cab“, 2013 wurde das prägnante Uber-Logo in Großbuchstaben mit dem abgeknickten U eingeführt. Das war ein mutiger Schritt in Richtung selbstbewusster Identität, die zu einem wachstumsstarken, gut finanzierten, globalen und disruptivem Unternehmen passte.
Ubers nächster Gangwechsel erfolgte 2016. Das Geschäftsfeld des Unternehmens erstreckte sich inzwischen über den Transport von Personen bis hin zum Transport im Allgemeinen. Uber debütierte mit einem neuen „Bits & Atoms“-Icon, basierend aus einem Quadrat mit zentral eingebettetem „Lötpunk“, sowie diversen Erweiterungen für die verschiedenen Bereiche des scheinbar ständig wachsenden Geschäftsmodells.
Neue Führung, neuer Look
Das Logo von Uber hat sich mit jeder Wachstumsphase verändert. Unter der neuen Leitung von CEO Dara Khosrowshahi hat sich Uber nun erneut ein neues Logo verpasst. Die Icons von 2016 wurden beerdigt und man kehrt zur rein typografischen Lösung zurück. Hierfür hat der Ride-Sharing-Dienst einen eigenen Font namens Uber Move kreiert. Bei der Erstellung der Groteskschrift ließen sich die Designer nach eigenen Angaben von Schriftarten inspirieren, die im direkten Zusammenhang mit Mobilität stehen.
Ein neues Logo lädt den Betrachter ganz subtil dazu ein darüber nachzudenken, ob es ansprechend ist und ihm gefällt. Aber um wirklich zu beurteilen, ob Ubers neue Identität gut ist, muss man die ästhetische Beurteilung ausklammern und fünf Aspekte genauer betrachten.
1) Spiegelt das neue Branding die Unternehmenskultur wieder?
Es ist kaum nötig, Ubers turbulente letzte Jahre aufzuwärmen: Die Ernennung des neuen CEO Khosrowshahi kam einer öffentlichen Verpflichtung gleich, die Unternehmenskultur zurückzusetzen und neu zu definieren. Der neue Uber-Chef will den Fahrtenvermittler nach einer Serie von Skandalen wieder nach vorn bringen. Das neue serifenlose reduzierte Logo setzt hierfür ein deutliches Zeichen.
2) Steht das neue Logo für die Unternehmenswerte?
Als Khosrowshahi im September 2017 den Chefposten übernahm, gab er ein mutiges Statement bezüglich Ubers Zukunft ab und erklärte: “Wir müssen als Unternehmen für Sicherheit stehen.” Uber hat seitdem eine Reihe von Sicherheitsfunktionen implementiert, darunter einen Notfallknopf für Fahrer und einen Rider Check. Diesen Sicherheitsgedanken vermittelt auch die gut lesbare neue Uber-Schrift: Bei ihrer Entwicklung wurde Highway Gothic, die Schriftart, die unter anderem auf US-amerikanischen und kanadischen Autobahnschildern genutzt wird, als Vorbild herangezogen. Außerdem hat man sich auch Johnston Sans sehr genau angesehen. Diese vertrauensstiftende Schrift wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts für die Beschilderung der Londoner U-Bahn verwendet.
3) Wie sieht es beim Faktor Wiedererkennung aus?
Das neue Uber-Logo ist ab sofort auch das App-Icon der Ride-Sharing-App des Unternehmens. Ubers Rückkehr zur Wortmarke ist eine Rückkehr zur sofortigen Namenserkennung – und das kann im Mobile-Bereich ein deutlicher Wettbewerbsvorteil sein. Man denke nur daran, wie vielen Nutzern es vor allem nach einer durchzechten Nacht schwerfällt, das richtige Symbol auf ihrem überfüllten mobilen Bildschirm zu erkennen.
4) Lässt sich der Auftritt skalieren?
Uber ist in 858 Städten in 84 Ländern tätig. Durch die Investition in eine eigen Hausschrift garantiert Uber weltweit einen einheitlichen Markenauftritt. Die neue Schrift bedeutet auch die Freiheit, bei Bedarf mit nur wenigen Einschränkungen neuen Funktionen zu implementieren. Für ein Unternehmen von der Größe von Uber ist dies von unschätzbarem Wert.
5) Top oder Flop – was zeigt die Daten-Analyse?
Wie alle erfolgreichen App-Anbiete trackt Uber Installations- und Aktivierungs-Daten. Musteränderungen im Nutzerverhalten zeigen in der Analyse schnell an, ob das neue Logo bei den Verbrauchern ankommt oder floppt.
Mit der Zeit wird sich zeigen, ob Uber sich mit seinem neuen Logo verirrt hat oder ob das Branding mehr ist als ein neuer Look ist und Ausdruck einer neuen Haltung und veränderten Firmenpolitik ist. Und falls Uber im kommenden Jahr ein weiteres Makeover vorstellt, muss das nicht unbedingt bedeuten, dass das alte nicht funktioniert hat. Es zeigt nur, dass man sich ständig weiter entwickeln muss, und stehen bleiben keine Option ist.
Foto: Monotype
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