Die SPD hat gestern ihren Internetauftritt in modernisierter Form neu gestartet. Das Internet scheint nunmehr auch für die Politik an der Schwelle zum neuen Leitmedium zu stehen. Der Fähigkeit, digital zu kommunizieren, fällt damit vielleicht eine Schlüsselrolle in der politischen Kampagnenführung zu.
Mit dem Relaunch von spd.de positioniert die Partei ihre digitale Dachmarke im Internet neu und “macht den ersten Schritt, um ihrer Rolle als moderne Internetpartei zu festigen”, so eine Pressemitteilung der SPD. Weiter heißt es in der Pressemitteilung:
Mit dem neuen Seitendesign entwickelt sich spd.de zum Vorreiter nutzerfreundlicher Politik-Angebote im Internet. Die SPD integriert hier die bestehenden Kommunikationskanäle und Anwendungen des Web 2.0 und legt gleichzeitig den Grundstein für die dynamische Erweiterung der Startseite um neue Formate im »Social Web«.
Mitmach-Angebote
Zentral sind die Mitmach-Angebote, die Besucher prominent platziert auf der Startseite finden. In dieser Auswahl, die im Laufe des Wahlkampfes erweitert wird, präsentiert die SPD übersichtlich und leicht zugänglich interessante Angebote der Partei. Der Besucher kann sich beteiligen, die Partei unterstützen und in Dialog mit ihr treten.
Barrierefreiheit
Der neue Internetauftritt ist aufgrund seiner barrierefreien Struktur einem sehr großen Benutzerkreis zugänglich. Das Konzept der Multi-Content-Box auf der Startseite nutzt AJAX Technologien für eine zeitgemäße Benutzerführung. Darüber hinaus sind die Startseiteninhalte alternativ auch in einer klassischen barrierefreien Gestaltung abrufbar.
Meinung
Wirklich, der neue Auftritt ist gelungen und verliert endlich etwas von der eingestaubten Atmosphäre der politischen Angebote im Internet. Die neue Farbgebung ist überaus harmonisch (wenn auch etwas kühl), die verwendeten Fotografien hochprofessionell, der Seitenaufbau klar strukturiert.
Als besonderes Novum ist mir als erstes der dreidimensionale SPD-Würfel aufgefallen. Ein wenig weckt er bei mir Assoziationen an ein Möbelhaus oder auch den Nachrichtensender n24, dennoch stellt er ein wirklich adäquates Mittel dar, aus den bestehenden Strukturen herauszubrechen, ohne jedoch Seriosität einbüßen zu müssen.
Nach den neusten Erfahrungen des amerikanischen Wahlkampfes – man stelle sich vor, wie wahnsinnig bekannt Barack Obama in einer derart kurzen Zeit geworden ist (lese hierzu auch “Design for Barack Obama” und “Die Evolution eines Logos“) – scheint nun auch in Deutschland die Rolle des Internet zuzunehmen. Noch scheinen Obamasche-Ansätze bestenfalls geplant zu sein und alle großen Parteien hierzulande müssen wohl erst noch sondieren, wie wichtig Webauftritte, Blogs, YouTube, Flick, Twitter und wie sie alle heißen tatsächlich sind.
Ich für meinen Teil bin mir sicher: Die digitalen Medien werden im deutschen Wahlkampf noch deutlich unterschätzt. Die SPD hat mit dem neuen Auftritt sicherlich einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan, ist nun auch bei YouTube und Flickr vertreten – mal schauen, wie andere Parteien nachziehen werden.
Eine Kritik anzubringen, lasse ich mir dennoch nicht nehmen, denn eines fehlt auch hier: Eine eigene Sprache in der Darstellung zu finden, sollte doch gerade für eine Partei mehr als ein notwendiges Übel sein, oder? Das sicherlich ist der SPD mit der neuen Website nicht gelungen.
Erneut findet sich der darstellerische Einheitsbrei von zig Portalen wieder, der funktioniert, weil auch Geschmack eben einfach zu formen ist, wenn man ihn lange genug penetriert. Ich werde sicherlich nun kein Wort darüber verlieren wen oder was ich wählen werde – doch eines kann ich sicherlich sagen: Aufgrund des neuen Design erschließt sich mir kein Profil, das mir den Gang zu Wahlurne schmackhaft machen würde.
Schade, vielleicht schafft das eine andere Partei.
Nachtrag vom 27. Februar 2009
Gestern hat die CDU nun nachgezogen und Ihrerseits Ihr Angebot im Internet überarbeitet. Mehr dazu könnt ihr lesen unter »Enttäuschender CDU Relaunch«.
Hintergrund
Verantwortlich für den neuen Auftritt der SPD zeichnet A&B FACE2NET. Die Online-Kommunikationsagentur, die schon in der der Vergangenheit für die SPD arbeitete, darf derzeit zu recht behaupten: “Mit dem neuen Seitendesign entwickelt sich spd.de zum Vorreiter nutzerfreundlicher Politik-Angebote im Internet.”
Links
Die neue Website der Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Auftritt der Kommunikationsagentur A&B FACE2NET
Der YouTube-Channel der SPD
Der flickr-Channel der SPD
7 Kommentare
Adriana
Wie habe ich in der FAZ gelesen:
“Der SPD-Würfel solle symbolisieren, dass die SPD eine „Partei mit Ecken und Kanten ist“, sagte Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel. Andere mögen an das entschlossene „Alea iacta est“ (der Würfel ist gefallen) denken, das Julius Caesar gesagt haben soll, als er seine Armee über den Rubikon führte und daraufhin ganz Italien eroberte (und nebenbei einen Bürgerkrieg auslöste).” (Quelle: FAZ)
Na, wenn das mal kein schlechtes Ohmen sein sollte, wenn man 27. September 2009 zu Bundestagswahl zu Urne schreitet – zumindest ein schlechtes, wenn man Krieg im Allgemeinen für nicht förderlich hält …
Jedenfalls: Eine schlechte Assoziation für ein Logo, wie ich finde.
Viele Grüße,
Adriana
Cornelius H.
Hmmm,
Die SPD relauncht ihren Web-Auftritt und zu einem großen Teil erntet sie Lob dafür. Meine Ansichten hierzu ist so weit ab vom Mainstream, dass die Googlesuche “Spd abwärts” direkt zu mir führt.
Ich hatte zumindest gehofft, dass die Seite mehr Kontroverse erzeugt. Ich bin Anhänger und Wähler der Sozialdemokraten, den Weblaunch allerdings finde ich ziemlich mau.
Gruß aus HH
Cornelius H.
Hallo erneut, unter SPD.de Relaunch Kritiken hab ich einen Überblick an Reaktionen aus dem Internet gesammelt und verweise unter anderem auch auf deine umfangreiche Analyse zu SPD.de.
designer23
Hallo Cornelius,
vielen Dank für Deine spannende Sichtweise auf das neue Design der SPD – ich kann meinen Lesern nur empfehlen, auch deine Beiträge dazu einmal zu lesen.
Viele Grüße,
Florian