Diesel-Pfusch, Kumpelei zwischen Politik und der deutschen Schlüsselindustrie, Betrug am Autokäufer, der zu allem Überfluss noch aus den Innenstädten ausgesperrt werden soll… Der Verbrennungsmotor und speziell der so effiziente Diesel ist in Verschiss geraten. Um den Diesel zu retten locken die großen deutschen Hersteller die Kunden mit bis zu fünfstelligen Preisnachlässen.
Der teure Tesla als prominentestes Beispiel für ein luxuriöses Elektroautomobil gibt derweil medienwirksam ‘Gas’ und wirft zugleich Fragen auf – und das sowohl formal, wie auch zum Beispiel in Sachen Umweltbilanz. Die Deutsche Post fand keinen Hersteller und baut ihren Elektrolieferwagen jetzt erfolgreich in Eigenregie.
Sie alle haben keinen Auspuff, ihre Motoren funktionieren völlig anders, sie kommen ohne Getriebe aus und am tiefsten Punkt drücken tonnenschwere Batteriepacks auf die Straße. Dennoch fällt auf, dass E-Mobile meist in Karosserien erscheinen wie man sie von Automobilen mit Verbrennungsmotoren kennt.
Auch der jüngst von dem jungen Start-Up SONO MOTORS in München präsentierte Kompaktstromer SION wirkt immer noch ziemlich ‘klassisch’ und unterstreicht über seine Formensprache nur wenig seine Andersartigkeit.
DESIGNBOTE-Redakteur Wolfgang Linneweber sprach mit Navina Pernsteiner über formale wie technische Aspekte von E-Mobilen und den SONO SION.
Würde nicht individuelle E-Mobilität eine ganz neue, ganz andere äußere Erscheinung möglich machen, ja, verlangen?
“Nein und Ja. Die Elektromobilität markiert ja erst den Startpunkt einer neuen Ära der Fortbewegung, weshalb sich die Modelle von den ursprünglichen, bewährten Erscheinungsformen anfangs nur wenig unterscheiden. Die Formgebung der Autos wurde in Sachen Aerodynamik und Raumkonzeptionen seit Jahrzehnten diversifiziert und optimiert, weshalb die OEMs natürlich auf ihr bereits vorhandenes Repertoire und Wissen zurückgreifen. Der Hersteller soll ja schließlich anhand des Designs erkannt werden.”
Verstehen die Konsumenten denn nur die Formsprache der Verbrenner?
“Ich denke, dass erst im Zuge einer vollkommenen autonomen Fortbewegungsweise eine neue Tür geöffnet und sich das Erscheinungsbild der E-Mobilität signifikant verändern wird. Die Konsumenten sind offenbar zufrieden mit dem was ihnen momentan geboten wird, weshalb die Formen nicht maßgeblich verändert werden.”
Visualisierte Aggression ist einer der Stilaspekte von Automobilen der Oberklasse. Sie kommt zum Ausdruck in einem ‘Gesicht’ mit gierig aufgerissenen Lufteinlässen und imposanten, oft visuell vergrößerten und mit Chrom inszenierten Auspuffrohren. Braucht ein Stromer eigentlich Kühlluft, die einen klassischen, prägenden ‘Kühlergrill’ notwendig macht?
“Ein Kühlergrill ist nicht mehr nötig. Der Motor sowie die Batterie werden meist mit einem flüssigem Kühlungsmittel wie z.B. Wasser, gekühlt.”
Beim Sion prägt u.a. der Bedarf an Oberfläche für die allseitig angebrachten 330 Solarzellen die Optik. Wie würden Sie die Gestaltsprache des SION definieren und wie haben Sie zu ihr gefunden?
“Mit den Solarzellen im Exterieur haben wir sinnvolle Extravaganz in eine normale Formgebung gebracht. Ziel war es hier, so viele Solarzellen wie möglich in die zur Verfügung stehenden Flächen zu integrieren und gleichzeitig eine maximale Effizienz der verschiedenen PV- Module zu gewährleisten. Wir mussten also einen Kompromiss zwischen den sinnvollen Maßen eines Stadtautos und Effizienz der PV- Flächen finden.”
Prägt das hohe Gewicht von fast anderthalb Tonnen die äußere Erscheinung mit?
“Nein, tut es nicht. Die im Boden verstaute Batterie hat maßgeblichen Einfluss auf das hohe Gewicht nicht jedoch auf die Erscheinung des SION.”
Kooperieren Sie mit einem Partner aus der konventionellen Automobilbranche? Von vorne sieht der Sion ein wenig nach Turin aus.
“Die Strategie der Sono Motors GmbH ist möglichst viele Carry-Over Parts in den SION zu verbauen. Der Sinn dahinter ist, Kosten in der Eigenentwicklung zu sparen und so ein erschwingliches Elektroauto auf den Markt zu bringen. Deshalb arbeiten wir auch mit vielen etablierten Zulieferern der Automobilbranche zusammen.”
Wurden aus Gewichtsgründen mehr Kunststoffe verbaut?
“Der Prototyp besteht größtenteils aus CFK und Aluminium die beide korrosionsbeständiger sind als andere Materialien. Dennoch werden beide grundiert und somit gecoatet und sind vor Witterung und Feuchtigkeit geschützt. Ferner sind die Prototypen foliert, die ebenfalls den Grundbau des Autos vor äußeren Einflüssen schützt.
Insgesamt stellen die Prototypen den aktuellen Entwicklungsstand dar und für die Serie können sich noch Kleinigkeiten ändern. Dennoch das gesamte Design und die Grundausstattung soll die gleiche sein wie in den Prototypen.”
Bei der Produktion der Teslabatterie werden so viele Schadstoffe emittiert, dass man einen Tesla acht Jahre fahren muss, um das zu kompensieren. Da steht der SION im Vergleich besser da. Erläutern Sie uns, was ihn so anders macht?
“Grund ist hier vor allem unser viSONO- System. Nach etwa zwei Jahren sollte mit den PV-Zellen bereits so viel Energie generiert worden sein, dass die CO2-Bilanz der Solarzellenproduktion auf Null ist. Jeder weitere gefahrene Kilometer ist ein Plus in unserer Bilanz.”
Wie kam es zu dem Projekt, das Sie jetzt schon seit drei Jahren so hartnäckig verfolgen?
“Wie viele junge Leute sind auch wir Zeit unseres Lebens von der Mobilität und den Möglichkeiten die sie eröffnet fasziniert. Gleichzeitig war uns aber auch bewusst, dass sich die Art wie wir uns fortbewegen gravierend ändern muss um unseren Planeten zu schützen. Also haben wir uns schon während der Schulzeit zusammengesetzt und ausgiebig über Lösungsansätze diskutiert. Sobald wir unseren Schulabschluss in der Tasche hatten, haben wir uns dran gemacht unsere Vision in die Tat umzusetzen.”
Haben die SONO-Initiatoren automobil geprägte Biografien?
“Als Menschen unter 28 kann man hier noch nicht von großen Biografien sprechen :). Aber wenn man betrachtet, dass wir uns schon mit 16 Jahren den Kopf über die Automobilindustrie zerbrochen haben, so kann man wohl von einer entsprechenden Biografie sprechen.”
Wie sind die Rollen verteilt?
“In einem jungen Unternehmen setzen sich eigentlich alle mit jeder Sparte der Firma auseinander. Aber man kann sagen, dass wir die Rollen schon etwas verteilt haben.
Laurin übernimmt den strategischen Führungspart. Jona kümmert sich um die Technikabteilung. Ich selbst zeichne für Öffentlichkeitsarbeit und Markendesign verantwortlich.”
Wie gestaltet sich der Absatz? Werden Sie Ihr selbstgestecktes Ziel von X Vorbestellungen erreichen? Wann steht der SION in den Showrooms?
“Insgesamt sind wir mehr als zufrieden was die aktuelle Anzahl der Reservierungen angeht und sich sehr zuversichtlich, dass wir unser Ziel von 5000 Reservierungen erreichen werden um in Serienproduktion gehen zu können. Zur finalen Auslieferung wird es 2019 kommen.”
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