Eine Markenentwicklung zu betreuen gehört wohl für jeden Designer zu den spannendsten Projekten. Insbesondere wenn man das Branding eines Start-ups von Anfang an konzipieren darf. Im Vergleich zu einem Rebranding einer bestehenden Marke werden die Markenkerne nicht nur definiert, sondern von Grund auf neu erforscht und erarbeitet. Auch auf persönlicher Ebene lernt man als Designer bei Branding-Projekten dazu. Man taucht in neue Themen ein und lernt neue Sichtweisen kennen. Michael Frick vom Studio Pona war beim Branding von „Repure“, einer App für modernes Ayurveda, vom Thema so begeistert, dass er nicht nur die gestalterischen Fäden zog, sondern direkt als Gründungsmitglied mit eingestiegen ist. Warum er diesen Schritt gemacht hat, welche Vorteile es mit sich bringt, und warum das Branding eines Start-ups besonders herausfordernd ist, hat er uns im Gespräch mit DESIGNBOTE Redakteur Julien Fincker erzählt.
Lieber Michael, du betreust mit dem Studio Pona und als Gründungsmitglied das Branding für die Repure App, welche direkt sehr erfolgreich als eine der Apple Lieblingsapps des Monats gestartet ist. Worum geht es bei der Repure App?
Repure steht für modernes Ayurveda. Ohne dogmatisches Denken wollen wir unseren Nutzern die gesundheitsfördernde ayurvedische Lebensweise näherbringen. Denn das Schöne an Ayurveda ist seine Einfachheit. Ayurveda bedeutet übersetzt das Wissen vom Leben. Und genau hierum geht es: seinen eigenen Körper kennenzulernen und seine Bedürfnisse zu verstehen. So wollen wir unsere Nutzer täglich begleiten ein gesundes und glückliches Leben zu führen.
Zu welchem Zeitpunkt in der Entstehung des Start-up bist du dazugestoßen?
Zum Glück ganz am Anfang! So konnte ich von Beginn an meine Perspektive, Ideen und Know How einbringen. Aus meiner Sicht ist es gerade für Start-ups sehr wichtig, vom Start weg eine klare Sprache zu sprechen und mit einem einheitlichen Erscheinungsbild zu kommunizieren. Dies ist als Start-up vielleicht sogar noch essenzieller als für gewachsene Unternehmen. Junge Unternehmen und Start-ups haben oftmals eine überschaubare Anzahl an Kontaktpunkten mit ihrer Zielgruppe. Über diese wenigen Kontakte hinweg ein homogenes Markenbild zu vermitteln, sollte von Anfang an das Ziel sein. Man darf nicht vergessen: Jeder Klick auf der Website, jeder Besuch auf dem Instagram-Profil, jede E-Mail, jede Visitenkarte hinterlässt Eindrücke beim Gegenüber. Schaffe ich es, auch als Start-up hier konsistent wahrgenommen zu werden, bildet sich nach und nach ein Markenbild heraus, das über jeden weiteren Kontakt gefestigt wird. Leider wird dies bei Start-ups oftmals vernachlässigt und sich ausschließlich auf das Produkt konzentriert. Ich habe schon sehr oft Start-ups erlebt, deren Produkt ausgereift war, das Erscheinungsbild jedoch noch nach Anfangsstadium aussah. Idealerweise gehen diese beiden Entwicklungsstränge Hand in Hand, um ein einheitliches Markenbild zu erzeugen, und es nicht schon in einem frühen Stadium durch ein nötiges Rebranding neu verankern zu müssen.
Wie seid Ihr bei der Konzeption vorgegangen? Was waren Eure anfänglichen Schritte und wie hast Du Dein Team zusammengestellt?
Meine Kundin, und jetzige Geschäftspartnerin Karin, kam mit einer Idee auf mich zu: Das wertvolle Ayurveda-Wissen ihres langjährigen Freundes und international anerkannten Ayurveda Arztes Prathmesh Vyas möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. In welcher Form war damals noch vollkommen offen. In verschiedenen Workshops, in denen wir uns die Fragen zur Grundintention unseres Vorhabens, unseren Zielen und unserer Vorgehensweise stellten, haben wir Ideen und Möglichkeiten diskutiert. Schnell war aber klar, dass eine App der aktuell beste Weg sein würde, möglichst viele Menschen täglich mit dem wertvollen Ayurveda Wissen zu begleiten. Unser Team, das bis jetzt unverändert ist, stand glücklicherweise kurz nach den ersten Gesprächen. Jeder Partner bringt sein Netzwerk ein und so konnte für jeden Bedarf schnell die perfekte Lösung gefunden werden: Von der Videoproduktion bis hin zur App-Programmierung haben wir langjährige Partner aus anderen Projekten, mit denen wir zusammenarbeiten. So können wir flexibel und schnell fachspezifisches Know How ins Projekt holen, wenn wir es benötigen.
Wie du schon angesprochen hast, waren Workshops ein wesentlicher Bestandteil der Findungsphase. Wie habt Ihr diese gestaltet und was waren Eure wichtigsten Learnings daraus?
Wir haben uns zu Beginn ganz bewusst mit unseren Werten und unserer Grund-Intention auseinandergesetzt. Daraus abgeleitet haben wir die Art und Weise unserer Ansprache festgelegt. Das Schöne bei Repure: Jeder hat Ideen eingebracht, wir haben von Anfang an an einem Strang gezogen und haben die Themen für uns fixiert. Spannend wurde es, als wir unsere Arbeit mit Startup Coach Leo Widrich begannen. Leo war mit der Anwendung „Buffer“ im Silicon Valley sehr erfolgreich und ist seit seinem bewussten Ausstieg dort als Coach für Führungskräfte und ausgewählte Startups tätig. Wir sind nach wie vor sehr froh, dass wir ihn von unserer Idee überzeugen konnten und haben von seinem Wissen und seiner Expertise sehr profitiert. Gerade was die Organisation des Teams sowie die Abstimmungsprozesse betrifft, haben wir alle sehr viel aus den Workshops mit ihm mitgenommen. Als Team, das Remote von München, Innsbruck, Salzburg, Indien und Passau aus arbeitet, braucht es andere Mechaniken, um als Team zu funktionieren. Mit seiner Hilfe konnten wir uns so aufstellen, dass wir auch ohne täglichen Kontakt im Office hervorragend zusammenarbeiten können.
Habt Ihr verschiedene Konzeptansätze entwickelt, oder habt Ihr Euch auf ein ganzheitliches Konzept fokussiert und deine Teammitglieder damit überzeugt?
Im Repure-Team herrscht ein großes Vertrauen in die Fähigkeiten der jeweiligen Teammitglieder. Bei meinen Kompetenzthemen visueller Auftritt, Tonalität und UI-Designs der App haben mir meine Partner voll und ganz vertraut. So ist unter meiner Leitung der Repure Auftritt gewachsen, der sich bewusst von unseren Wettbewerbern abhebt. Wir setzen auf Klarheit und Ruhe. In der Ansprache versuchen wir die teils komplexen Zusammenhänge und Wirkungen im menschlichen Körper so verständlich wie möglich aufzubereiten. So können sowohl Einsteiger als auch erfahrene Repure Nutzer vom wertvollen Wissen profitieren. Wir erhalten sehr viel positives Feedback nicht nur auf inhaltliche Themen, sondern auch auf das Design – was mich im Speziellen selbstverständlich freut und bestärkt. Die Kombination der Inhalte, der User Experience sowie des User Interface Designs vermitteln genau die Werte und den Anspruch, die wir für uns definiert haben.
Ihr bietet mit dem Studio Pona auch die Namensentwicklung an. Dies war sicher von Vorteil beim Naming von Repure. Wie seid Ihr im Endeffekt auf Repure gekommen und was sagt es aus?
Schon früh im Projekt hatten wir das Glück, auch unseren indischen Ayurveda Arzt Dr. Vyas vor Ort zu haben und uns mit ihm auszutauschen. Ein Satz der bei mir tiefen Eindruck hinterließ war: „We have to go back to purity“. Wir müssen zurück zum Einfachen, zum Reinen. Je besser ich meinen Körper verstehe, je natürlicher die Nahrung ist, die ich ihm zuführe, desto gesünder werde ich leben. Das war die Basis für den von uns entwickelten Namen „Repure“. Nach intensiver Recherche in den Markenregistern und in Rücksprache mit unserem Markenrechtsanwalt haben wir uns den Namen auch auf europäischer Ebene schützen lassen.
Ist Ayurveda ein Thema, das Dich im Vorfeld schon interessiert hatte, oder bist Du in dieses Thema komplett neu eingetaucht?
Wie den allermeisten war Ayurveda für mich vor der Beschäftigung damit ein diffuser Begriff. Ich hatte schon einige Bücher dazu in den Regalen der Buchhandlungen stehen sehen, hatte schon von den Kuren auf Sri Lanka gehört. Welch geniales und gleichzeitig einfaches Wissen sich dahinter verbirgt, wusste ich allerdings damals noch nicht. In der näheren Beschäftigung damit wurde mir aber sehr schnell klar, dass es sich hier nicht um „verstaubtes“, kompliziertes oder gar unzeitgemäßes Wissen handelt. Es ist schlicht die ganzheitliche Philosophie die alle Bereiche des Lebens beinhaltet und auch beeinflusst. Mittlerweile bin ich großer Fan und probiere die Empfehlungen aus unserer App mit großer Freude aus. Ich kann es jedem nur ans Herz legen sich damit zu beschäftigen und sich besser kennenzulernen. Unser Körper belohnt uns mit Gesundheit!
Ihr beschreibt euch als „modernes Ayurveda“. Was unterscheidet Repure von allen bisherigen Anbietern?
Unser Ayurveda Arzt und Teammitglied Dr. Vyas ist in fünfter Generation Ayurveda Arzt. Seine Vorfahren haben unter anderem auch das indische Königshaus betreut. Damit greifen wir auf einen Wissenschatz zurück, wie es wenige andere können. Zudem wollten wir das Look & Feel von Ayurveda neu definieren und sind bewusst sehr reduziert, klar und designorientiert im Auftritt. Deshalb der Begriff „modernes Ayurveda“. Wir wollen unseren Nutzern das jahrhundertealte Wissen klar verständlich und zeitgemäß in unserer Designsprache gestaltet zur Verfügung stellen. Die vielfachen, positiven Rückmeldungen unserer Nutzer hierzu bestärken uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch zeigt es wieder, dass Inhalt und Präsentation Hand in Hand gehen müssen um die Menschen zu überzeugen.
Was macht die Markenentwicklung eines Start-ups für Dich besonders reizvoll? Wo liegen hier die größten Herausforderungen?
Zu Beginn ist noch alles möglich, alles ist offen. Gründer zu unterstützen, ihnen eine visuelle und teils auch inhaltliche Identität zu verleihen, aktiv von Beginn an mitzugestalten, zu sehen wie sich ein Unternehmen entwickelt, erste Erfolge erzielt und wächst – das macht für mich den ganz besonderen Reiz bei der Betreuung von Start-ups aus. Selten hat man in Unternehmen so viel Raum für Gestaltung wie zu Beginn. Gleichzeitig sind das aber oftmals auch einer der größten Herausforderungen: Der Fokus liegt oftmals nicht auf dem Auftritt, sondern auf dem Produkt. Gründer hier zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen wie wichtig es ist, die Aufmerksamkeit auch auf Markenbildung zu legen, ist ein Prozess den ich aber jedes Mal aufs Neue sehr gerne annehme.
Was sind für dich die größten Learnings aus dem Projekt bisher?
Aus persönlicher Sicht profitiere ich täglich vom Ayurveda-Wissen das wir in der App zur Verfügung stellen. Aus geschäftlicher Sicht bringt mir der Perspektivenwechsel vom Beratungs- und Umsetzungspartner hin zum Inhaber der Marke enormen Erkenntnisgewinn. Beide Bereiche befruchten sich hier wechselseitig. Als externer Partner kann man nur bis zu einem gewissen Grad im Unternehmen wirken. Glücklicherweise habe ich mit vielen unserer Kunden ein sehr partnerschaftliches Verhältnis und das Vertrauen ist groß, wodurch wir tiefere Einblicke und Handlungsoptionen erhalten. Dennoch liegen viele Dinge in der täglichen Umsetzung beim Unternehmen und sind unserem Einfluss entzogen. Bei Repure ist dies anders: Hier bringt jeder aus dem Team seine Erfahrungen ein und wir lösen Aufgabenstellungen. Konkret reicht das von der Wahl der richtigen Arbeitstools bis hin zu den Partnern, mit denen wir zusammenarbeiten. Der große Vorteil hier ist auch, dass wir unser Arbeitsumfeld und unsere Prozesse nach unseren Bedürfnissen frei gestalten können. Wir testen viel und verabschieden uns auch gerne von Tools oder Abläufen, sofern diese keinen Mehrwert mehr für uns bieten.
Ich kann jedem, der sich mit der Markenentwicklung beschäftigt, diesen Perspektivenwechsel sehr ans Herz legen. Je besser man seine Kunden und dessen Sichtweisen begreift, seine Prozesse versteht, umso anwendungsorientierter und realitätsnäher kann man seine Kunden betreuen.
Vielen Dank für die sehr spannenden Einblicke in die Entwicklung der Repure App. Wir wünschen Euch weiterhin viel Erfolg und freuen uns schon auf Eure nächsten Projekte.
Weitere Informationen über Michael Frick, Studio Pona und die Repure App findet man unter: https://www.studiopona.de/
Bildquelle Michael Frick
Das Interview führte unser freier DESIGNBOTE-Redakteur Julien Fincker, der immer auf der Suche nach interessanten Projekten und Persönlichkeiten ist. Hast Du ein spannendes Projekt oder Thema über das Du gerne sprechen möchtest? Dann melde Dich gerne unter redaktion@designbote.com
DESIGNBOTE – Branding – Wie funktioniert das eigentlich?
0 Kommentare