“Haptik in Zeiten der Digitalisierung” – Computertechnik fordert Augen und Ohren, alle anderen Sinne liegen brach. Vieles wird heute über das Netz eingekauft. Dennoch fallen nahezu 60 Prozent aller Kaufentscheidungen am Point of Sale. 56 Prozent der europäischen Verbraucher entdecken neue Produkte unmittelbar in den Stores, während nur 45 Prozent Werbespots im TV oder im Netz als beste Informationsquelle anpreisen.
Für die Thematik des Packaging Design bedeutet dies vor allem Abstand von ähnlich anmutenden und mit Information überladenen Verpackungen zu nehmen, und eine Bewegung hin zu einem individuellen Verpackungsdesign zu vollziehen.
Hin zu einem Design das als Bestandteil der Marke im Vordergrund steht und die Marke in der Hinsicht unterstützt, die Verpackung zu einem Erlebnis werden zu lassen. Im Fokus stehen dabei insbesondere die jungen Konsumenten, jedoch auch die älter werdenden Hipster der Generation X.
Die Haptik als Verkaufsargument nutzen
Gerade die Haptik, also das Anfassen und Berühren stehen im Fokus. Gleichwohl ist uns der Stellenwert des Berührens im Alltag nur wenig bewusst, und wird heutzutage, vorzugsweise in den westlichen Kulturen, wenig bis gar nicht hinterfragt und reflektiert. Dies mag wohl daran liegen, dass
bei der Haptik vieles unterbewusst abläuft. Wir erschließen uns den ästhetischen Wert von Kunst- und Alltagsgegenständen durch Anfassen, so auch die Qualität von Textilien oder Nahrungsmitteln um nur einige Beispiele zu nennen.
Denn gerade die Wirkung haptischer Reize verstärkt sich in Verbindung mit der visuellen Wahrnehmung. Wirken beide Sinne miteinander, so folgen hieraus bessere Wahrnehmungsleistungen. Das gilt insbesondere, wenn das Auge eine Berührung der Hand verfolgt. Stellt man sich etwa vor, wie
rau sich natürliche, unbehandelte Baumrinde anfühlt, so hat man neben haptischen auch optische Vorstellungen von den über die Rinde tastenden Fingern vor dem inneren Auge. Ähnliche Zusammenhänge sind bspw. für das Zusammenwirken von Sehen, Berühren und Riechen zu erkennen.
Die Erlebniswirkung, das Wohlbefinden und die Sinnlichkeit nehmen zu, wenn ein angenehmer Duft zusätzlich von passenden Farben und Formen untermauert wird.
Praktische Anwendung haptischer Codes in der Kommunikation einer Marke
Haptische Codes lassen sich in zahlreichen Variationen im Rahmen der Markenkommunikation einsetzen. Von Produktverpackung, über klassische Werbung und New Media, bis zum Store-Design und zur Life-Kommunikation. Der Elektronikriese Apple aus den Vereinigten Staaten liefert hier
sicher ein sehr interessantes Beispiel im Bereich des Packaging: So zeichnen sich Apple Produkte durch ein sehr klares Design und eine sehr hochwertige, minimalistische Verarbeitung aus. Selbiges findet sich auch im Packaging Design wieder. Eine klare Formsprache, 100% funktional, schlicht aber dennoch auffällig. Apple verzichtet auf aufdringliche und zu groß geratene Schriftzüge und besinnt sich auf das Wesentliche. Auch aus haptischer Perspektive spiegeln Apple Produktverpackungen das altbekannte Nutzerversprechen wieder, fühlen sie sich doch sehr hochwertig und stabil an.
Und tatsächlich gewinnen haptische Gesichtspunkte im Bereich des Packaging Design zunehmend an Bedeutung. „Wir erleben seit Jahren einen stetigen Trend hin zu individuellen Fertigungen hochwertiger Produktverpackungen mit dem Hang zum Minimalistischen. Im Fokus stehen dabei
insbesondere extravagante Einbandmaterialien und fühlbare Veredelungen, wie bspw. Prägungen Lackierungen oder Gravuren. Unternehmen erkennen, dass sich durch ein einzigartiges Packaging Design Konturen zu Marktteilnehmern aufzeigen, und den Wert einer Marke und eines Produktes vermitteln lassen“, so der Chefdesigner der cardstock GmbH, einem führenden Produktionsunternehmen im Bereich des Premium Packaging.
Aufgaben im Rahmen der Markenkommunikation
Ziel von haptischen Codes bzw. konkreten haptischen Markenelementen ist also eine bestimmte Wirkung für eine Marke oder ein Produkt zu erreichen. Schlussendlich geht es dabei stets um Ziel-Mittel-Relationen. So etwa im Vertrieb und persönlichen Verkauf, der zwangsweise näher am Kunden stattfindet, werden haptische Elemente üblicherweise häufig eingesetzt und haben ihre Wirkung bewiesen: Der Händedruck des Verkäufers oder Vertreters, der buchstäblich für die „Verlässlichkeit seiner Aussagen“ steht. Das gewichtige Glas beim Notar, das „solide Beratung“ symbolisiert. Oder das Überreichen eines Musters an den Interessenten, das seine Wahrnehmung für ein Produkt ggf. positiv beeinflusst.
Für einen gezielten Einsatz haptischer Elemente im Rahmen der Markenkommunikation gilt es also den Einfluss der Haptik im eigenen Fall zu erkennen, und die eigene Kategorie detailliert im Kontext von Kategoriehistorie, Kulturraum und Produktverwendung zu durchleuchten.
Fazit
Das Thema Haptik bildet insbesondere in Zeiten Digitalisierung einen wichtigen Knotenpunkt zwischen Marke und Kunde. Dies gilt gerade im Bereich der Produktvermarktung, Nur wenige Produkte kommen ohne Verpackung auf den Markt. Neben dem Produkt an sich ist die Verpackung
der wichtigste der die Kaufentscheidung eines Kunden oder Interessenten beeinflusst. Denn die Verpackung ist stets der erste Berührpunkt zwischen einem Produkt und dem Kunden. Gleichwohl sind die Erwartungen von Verbrauchern auch von der jeweiligen Produktkategorie abhängig, auch
kulturelle Gesichtspunkte spielen eine wichtige Rolle: So gilt etwa in Taiwan das Mundgefühl einer Zahnpasta als deutlich elementarer als in China. In China verdeutlichen hingegen andere Oberflächen einer Verpackung die „Exklusivität“ eines Produktes als in Europa. In Frankreich ist es üblich den Käse vor dem Kauf zu drücken, um seine Qualität ausmachen zu können. Ganz anders in Nordamerika, wo Käse meist brikettartig in hartem
Plastik eingepackt wird, und damit (verglichen mit Frankreich) deutlich weniger lebendig und multisensual daher kommt. Um die Haptik für sein Marketing nutzen zu können sollten also gerade auch kulturelle und zielgruppenorientierte Überlegungen angestellt werden.
Bildquelle: Cardstock GmbH
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