Treffen sich zwei Feldmäuse. Sagt die eine Maus zur anderen: „Ich habe gehört du hast einen neuen Freund.“ Antwortet die andere: „Ja stimmt, willst du ein Bild von ihm sehen?“ Die erste Maus schaut drauf und ruft angewidert: „Ihhh! Das ist ja eine Fledermaus!“ Darauf die andere völlig erstaunt: „Also mir hat er gesagt, er ist Pilot!“ Dieser Witz am Anfang des Buches reißt humorvoll an, worum es in  „Understanding Branding“ von Prof. Daniela Hensel geht: um Image, um Marken und deren Kommunikation. Und um alles andere, was davor, dazwischen und dahintersteht und -steckt.

Understanding Branding“

Gefällig – wie man’s auch dreht und wendet: das Cover von „Understanding Branding“ (Quelle: Daniela Hensel)

Die Geschichte vor dem 1. Kapitel: die Entstehung

Marken und deren Identität dürften Daniela Hensel, Professorin für Corporate Design und Design-Management an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, von Hause aus sehr interessieren: Schließlich betreute sie nicht nur in verschiedenen Agenturen das Corporate Design von Marken wie Boehringer Ingelheim, Cosmos-Direct oder die Berlinale, sondern ist auch Geschäftsführerin der Designagentur Why do birds in Berlin. Konkret entstand das Buch im Rahmen eines universitären Kurs- und Forschungsprojekts von Daniela Hensel, bei dem sich drei namhafte Design-Agenturen in Karten schauen ließen: Strichpunkt, Metadesign und Edenspiekermann.

Seite Understanding Branding

Wegweisende Seitengestaltung: Unterteilung in Fließtext, Zitat- und Schlüsselwortspalte (Quelle: Daniela Hensel)

Unauffällig auffällig: Cover und Aufbau

So sehr die Cover-Gestaltung mit dem kopfüber verschachtelten, schwarzen und weißen Titel ein Eyecatcher ist und ähnliche Kunststücke im Innern befürchten lässt, so unaufgeregt ist „Understanding Branding“ im Innern. Neben der „Menüführung“, die oben über beide Seiten verläuft, sind als informations- und ordnungsgebende Elemente zu nennen: die Schlüsselworte in Blau jeweils außen, die in Weiß gehaltenen Merkboxen sowie die sinnigen Zitate in Blau. Angesichts der großen Inhaltsdichte des Buches tut das dem Überblick mehr als gut. Man muss Daniela Hensel ausdrücklich dafür danken, verspielte Elemente aus dem Spiel gelassen zu haben.

Understanding Branding: Überblicken der verschiedenen Prozessphasen Verstehen, Planen, Gestalten und Umsetzen

Klappt gut: Überblicken der verschiedenen Prozessphasen Verstehen, Planen, Gestalten und Umsetzen (Quelle: Daniela Hensel)

Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Die praktische Theorie

Wenn es normalerweise heißt „Content is King“, ist der Content hier wohl eher Kaiser. Mal im Ernst: „Understanding“ steckt voller kleiner und großer Erfahrungen, Tipps und Anleitungen, dass man beim Lesen möglichst keine Seite auslassen sollte. So erfahren wir beispielsweise in den kurzweiligen „Branding Basics“ Interessantes zur Bedeutung von Marken, über die Akteure im Brandingprozess und über die optimale Planung der Markenentwicklung. Die weiteren Kapitel geben Einblick in eine sinnhafte Beauftragung einer Brandingentwicklung (mit gutem Briefing und möglichst Rebriefing), in die Findung der eigenen Firmenidentität inklusive einzigartiger Kernwerte sowie in die geschickte Planung des Brandingprozesses (Prinzip: Mit welchen Kernwerten wenden wir uns an wen, um was zu sagen/erreichen?). Außerdem macht Daniela Hensel im Folgenden einerseits klar, was zu berücksichtigen ist, um von einer groben Idee zu den fertigen Design-Elementen eines (neuen) Brandings zu gelangen. Anderseits zeigt die Berliner Professorin facettenreich auf, wie diese fertigen Branding-Elemente umgesetzt und „gelebt“ werden (müssen), um so als neues CD zum Markenimage zu werden.

Understanding Branding: Kampagne für das Konzerthaus Berlin

Leuchtendes Beispiel für die Darstellung eines Markenauftritts: Kampagne für das Konzerthaus Berlin (Quelle Daniela Hensel)

Vorwerk, Konzerthaus Berlin und Get Your Guide: einmaliger Einblick in drei Brandingprozesse

Für eingefleischte Praktiker und/oder Leute, die auch die Zeitung von hinten lesen, sicherlich der Lieblingsteil: Daniela Hensel nimmt sich auf immerhin fast 100 der insgesamt 240 Seiten des Buches Zeit für drei sehr interessante Beispiele für gelungenes Branding: Vorwerk (von der Agentur Strichpunkt), Konzerthaus Berlin (Metadesign) und Get Your Guide (Edenspiekermann). Dabei werden die angestrebten Brandingprozesse analog zur im ersten Teil des Buches vorgestellten Struktur durchdekliniert und bildreich dokumentiert. Im Einzelnen kann der Leser nachvollziehen, welche Ideen, Varianten und Entscheidungen es z. B. jeweils beim Thema Logos, Farbe, Typographie oder Bildsprache gab.

Understanding Branding: Typo

Vielseitige Darstellung: Das Buch dokumentiert schwarz (und grün) auf weiß jede relevante Typo (Quelle: Daniela Hensel)

Geballt, gekonnt, gebunden: das Fazit

„Understanding Branding“ ist als Branding-Lektüre sicherlich für die beiden anvisierten Zielgruppen (Designer und Marketingverantwortliche) gleichermaßen lesenswert. Zwar erfordern gerade die ersten Kapitel ein wenig Konzentration, weil viele Seiten eine große Menge an geballtem Wissen, Anekdoten und Tipps enthalten. Vielleicht hätte man an der einen oder anderen Stelle ein paar auflockernde Bilder oder Grafiken „einflechten“ können. Aber (und das ist aus meiner Sicht das große Plus des Einbands) Daniela Hensels Buch schildert die drei Praxisbeispiele genau anhand der vorangegangenen „theoretischen“ Kapitel und deren Struktur. Denn nur so wird aus „gelesen“ „verstanden“ – und das ist schließlich das Wichtigste beim Branding.

Mehr Informationen zum Buch und zur Bestellung findet ihr hier:

http://www.understanding-branding.de/