Eine Multi-Space-Arbeitsumgebung ist ein echter Erfolgsfaktor, der unmittelbar für eine positivere Bewertung der Arbeitgeberattraktivität sorgt. Zudem fördert er die Zusammenarbeit untereinander und bewirkt generell eine höhere Unterstützungsfunktion in der Arbeitsumgebung. Dies sind die aktuellen Erkenntnisse der Studie „Wirksame Büro- und Arbeitswelten“, die designfunktion und Fraunhofer IAO gemeinsam mit weiteren Partnern untersuchen.

Ein Sonderbericht mit weiteren Erkenntnissen wurde gestern in der designfunktion Pressekonferenz auf der Orgatec 2018 veröffentlicht. Befragt wurden über 1000 Fachbeauftragte für „Neue Arbeitswelten“. Die Experten aus Unternehmen sowie der Architektur- und Immobilienbranche beurteilten in der Befragung die Gegebenheiten in ihrer Organisation zu einer Vielzahl von Themen wie Bürogestaltung, Grad der Selbstbestimmung, Abbildung von Hierarchie und Arbeitgeberattraktivität sowie Lernkultur. In einer Folgestudie mit dem Titel „Transformation von Arbeitswelten“ geht das Fraunhofer IAO aktuell der Frage auf den Grund, wie eine erfolgreiche Umsetzung von wirksamen Büro- und Arbeitswelten in den Unternehmen gelingen kann.
Die Ergebnisse zur Wirksamkeit einer Multi-Space-Arbeitsumgebung werden in einer designfunktion Kongressreihe in 2019 präsentiert.

Bürostruktur und Arbeitgeberattraktivität
Eine Erkenntnis aus dem Sonderbericht ist, dass eine Multi-Space-Arbeitsumgebung am geringsten Hierarchie in der räumlichen Anordnung widerspiegeln. Dafür werden hier Projektstrukturen signifikant stärker abgebildet als in Einzelbürostrukturen. Allgemein ist allerdings die Spiegelung von Projektstrukturen gering ausgeprägt in Unternehmen. Ein spannender Zusammenhang besteht zwischen Hierarchie und Arbeitgeberattraktivität. Je weniger hierarchische Strukturen räumlich abgebildet werden, desto höher ist die Arbeitgeberattraktivität. Da auch die Arbeitsweise in den Unternehmen im Wandel ist, empfiehlt das Fraunhofer IAO verstärkt Projektstrukturen statt Hierarchie und Abteilungszugehörigkeit in der räumlichen Gestaltung abzubilden. „Das Bürokonzept eines Unternehmens verrät sehr viel über Hierarchie, Kultur und Werte. Hierarchien werden nach wie vor oft im Einzelbüro präsentiert. Diese Tradition aufzubrechen, ist eine Herausforderung. Denn heute sollten Hierarchien nach der Verantwortung des einzelnen Mitarbeiters im Unternehmen bemessen werden und nicht an der Größe eines Einzelbüros“, erklärt Samir Ayoub, geschäftsführender Gesellschafter der designfunktion Gruppe, und führt fort: „Um alle Mitarbeiter für eine neue Bürostruktur zu begeistern, muss mit der Planung ein professionelles, im Unternehmen implementiertes Change Management Hand in Hand gehen. Sonst läuft man Gefahr, dass die Mitarbeiter das neue Konzept nicht annehmen.“

Selbstbestimmung im Arbeitsalltag
Des Weiteren wurde der Grad der Selbstbestimmung untersucht. Über alle Unternehmen hinweg ist der Grad der Selbstbestimmung mittelgradig bis niedrig ausgeprägt. Besonders niedrig ist das Ausmaß der freien Entscheidung bei der Wahl des Arbeitsortes. Einen moderaten Wert ergab die Untersuchung bei der Arbeitszeit. Nur bei der Vorgehensweise zur Erreichung der Arbeitsziele (z.B. Methoden, Arbeitsmittel) ist der Selbstbestimmungsgrad der Arbeitsweise höher ausgeprägt. Auch hier macht die Multi-Space-Arbeitsumgebung eine Ausnahme: der Grad an Selbstbestimmung ist in Bürowelten mit einer hohen Bandbreite an Raumoptionen signifikant höher ausgeprägt. Da Autonomie ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Wissensarbeit darstellt, empfiehlt das Fraunhofer IAO die bisher noch geringe Selbstbestimmung was Arbeitszeit und insbesondere Arbeitsort betrifft, zu erhöhen.Multi-Space

Lernkultur in deutschen Unternehmen
Das Thema Lernkultur beinhaltet sehr vielfältige Aspekte. Eine Kultur des Lernens besteht demnach, wenn Weiterbildungsmaßnahmen regelmäßig in den Arbeitsalltag integriert sind, diese Weiterbildungsmaßnahmen auf das jeweilige Team abgestimmt werden und bei der Einführung neuer Arbeitsprozesse, Methoden oder Tools eine Umsetzung jeweils einheitlich im gesamten Team erfolgt. Zusätzlich zu gezielten Maßnahmen ist ein weiteres Merkmal von Lernkultur, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen regelmäßig mit neuartigen Aufgabenstellungen konfrontiert werden und ihre Arbeitsleistungen konsequent über Zielvereinbarungen gesteuert werden. Eine Lernkultur mit diesen Merkmalen ist heute moderat in Unternehmen ausgeprägt, wobei sie in einer Multi-Space-Arbeitsumgebung signifikant höher ist. Das gilt auch für die Qualität der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), die im Multi-Space wesentlich besser ist. Hier wird die Technologie häufiger erneuert, es bestehen höhere IKT-Sicherheitsstandards und mobile Endgeräte wie Notebook, Smartphone oder Tablet gehören häufiger zur Standard-Ausstattung.

Klein, aber fein: Kleinunternehmen punkten mit positiven Werten
Große Unterschiede ergaben sich bei der spezifischen Betrachtung der unterschiedlichen Teilnehmergruppen. Vor allem sehr kleine Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen weisen deutlich positivere Ergebnisse in fast allen untersuchten Kategorien auf. So unterstützt die Büroumgebung in sehr kleinen Unternehmen das Erreichen von Unternehmenszielen deutlich stärker als in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Dieser Unterschied ist ebenfalls vorhanden bei der gestalterischen Qualität und Wertigkeit der Arbeitsumgebung. Ebenso wird die Arbeitgeberattraktivität in sehr kleinen und kleinen Unternehmen (< 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) deutlich höher angegeben als in Unternehmen ab 500 Mitarbeitern. Besonders groß ist der Unterschied in der Kategorie Gelebte Zusammenarbeit, hier ist das Ergebnis bei kleinen Unternehmen viel höher ausgeprägt als bei allen anderen Unternehmensgrößen.

Bilder: designfunktion Ströer Berlin Foto:AKIM Photography