Denise Kurkowski bezeichnet sich selbst als eingeschwäbeltes Nordlicht. Sie studierte erst Wirtschaftsmathematik an der Uni Karlsruhe, dann visuelle Kommunikation an der Hochschule in Pforzheim. 2018 startete sie als Kreativdirektion bei der zum Agenturnetzwerk Bold & Epic gehörenden LOUP GmbH. Drei Jahre später übernahm sie die Geschäftsführung der Stuttgarter Branding Agentur.
Wie bist Du zur Kreation gekommen?
Ich habe schon immer sehr viel gezeichnet, zumindest früher. Nach meinem Schülerpraktikum in der Agentur meines Cousins 1995 habe ich dann endgültig entschieden, Dinge gut (heute würde ich von „richtig“ sprechen) aussehen lassen zu wollen. Einen Umweg bin ich noch gegangen: weil ich in meiner Pubertät in Bayern wegen Mathe fast von der Schule geflogen wäre, habe ich mich erstmal noch drei Semester beim Studium für Wirtschaftsmathematik in Karlsruhe „gerächt” und mich dann wieder auf das Ziel, die Welt optisch voranzutreiben, besonnen.
Auf welches Projekt bist Du besonders stolz?
Besonders stolz bin ich auf einen Moment, der auch meine größte Niederlage war: Wir haben in meiner Zeit bei Zum Goldenen Hirschen für die Kommunikations-Plattformen She’s Mercedes von Mercedes-Benz gepitcht. Wie das manchmal so ist, sind wir mit einer der ersten Ideen ins Rennen gegangen – mit meiner eigenen Handschrift. (Ich bin spätestens seit diesem Moment absolut davon überzeugt, dass die Intuition eine der besten Ratgeberinnen ist.) Ich durfte das Zeichen damals selbst präsentieren – meine erste Pitch-Präsentation mit einer solchen Tragweite. Aufregend. Und was soll ich sagen – das Pitch-Team kundenseitig bestand größtenteils aus Frauen – keine Spur von Pokerface und emotionaler Diskretion. Kerstin Heiligenstetter und ihr Team waren einfach echt und offen, begeistertes Gemurmel, sogar der Ausspruch „wie elegant!“ ging durch ihre Reihen. Immer wenn ich von diesem Moment erzähle, habe ich sofort wieder Gänsehaut. Ein solch ehrliches und wunderbares Feedback erlebt man leider selten. (Es versteht sich von selbst, dass meine Teammitglieder immer selbst präsentieren – gerne mit Coaching und/oder Pep talk – aber die Chance auf direktes Feedback darf meiner Meinung nach nicht verwehrt werden.) Die Hoffnung war natürlich groß, vor allem nach diesem Feedback, dass der Kunde sich für uns entscheidet. Aber ja, es kam anders.
Was war die schmerzhafteste Niederlage und Deine Erkenntnisse daraus?
Denn wir haben damals zwar den Pitch gewonnen, das Team war komplett überzeugt von unserem Ansatz und auch nachträglich unheimlich feinfühlig und sympathisch. Mercedes-Benz ist zumindest mit diesem Projekt leider nicht unser Kunde geworden. Mein Learning? Nach Hoch kommt Tief, genieß das gute Wetter, den Moment in der warmen Sonne, früher oder hoffentlich später folgt vermutlich auch mal Regen. Und natürlich und wie schon erwähnt “follow your fucking guts”.
Wie gestaltest Du kreative Prozesse?
Bei Kommunikation wie im Design gibt es kundenseitig gerne den Wunsch der eierlegenden Wollmilchsau. Lässt man dies zu, ist meiner Meinung nach die Chance für die besondere und richtige Lösung nur schwer möglich. Das kreative Sprungbrett und klare Parameter sind der Weg, über den wir versuchen, den Kunden zu einem Commitment zu bewegen und den Kreativen den einen wichtigen Gedanken zu sähen. Und mit diesem Sprungbrett geht es dann auf die Reise. Die klaren Parameter helfen beim Brainstormen, Recherchieren und Einwirken lassen. Und dann wird, je nach Intensität und Zeitrahmen, gesprochen. Ping-Pong auf Augenhöhe.
Inwieweit beeinflusst KI Deine Arbeit?
Bis dato ehrlicherweise noch nicht ganz so viel. Ich möchte mich aber natürlich damit beschäftigen und alle Tools und Mehrwerte zu nutzen wissen – habe mir nur die Zeit noch nicht eingeräumt. Auch ins Team ist formuliert, sich damit zu beschäftigen. Wir haben für die einschlägigen Plattformen Zugänge und Abos angelegt. Ich denke, wer weiß und nutzt, was kommt, wird nicht abgehängt. Als Designerin sollte es sowieso intrinsisch deine Motivation sein, am Zahn der Zeit zu bleiben. Ich bin unheimlich gespannt, was noch so alles passiert, und versuche mich da auf dem Laufenden zu halten. Ich hoffe jedoch, dass dazu schnellstmöglich eine weltweit anerkannte Ethik entwickelt wird.
Woran arbeitest Du derzeit?
Ganz aktuell arbeiten wir gerade an einem übergreifenden Corporate Design für unser Netzwerk BOLD & EPIC. Die Gewerke der Töchter sind sehr unterschiedlich: Von Unternehmensberatung für digitale Transformation, über Design & Kommunikation, Programmierung, Onlinemarketing, bis zu systemnahen Full-Service-Spezialisten für Cloud-ERP-Lösungen – die Herausforderung ist spürbar denke ich.
Gerade eben erst abgeschlossen haben wir den Launch des neuen Auftritts unseres Netzwerkpartners thepublic. Die PR-Agentur hat 2023 umfirmiert. Der neue Name und das Logo nehmen Public Relations und die Wertekommunikation in den Fokus. Mit der neuen frischen Identität spiegeln wir eine Agentur mit einer einzigartigen Arbeits- und Vertrauenskultur und die wertebasierte Zusammenarbeit im Team und mit den Kunden wider.
Und dann sind wir in den Endzügen der Ausarbeitung der Employer Branding Kampagne für KÄRCHER. Mel Kosa-Baierschmitt – unsere Hauptansprechpartnerin und Kreativlead kundenseitig – hat das Konzept erdacht und mit unserem Team Leben eingehaucht. Ein unheimlich intensives Projekt, das mit tollen Partnern, viel Schweiß und Motivation das ganze Team zum Stolz sein einlädt. Leider noch nicht gelauncht, daher noch geheim.
Kreative Vorbilder – Hast Du eins?
Ja schon. Es sind jedoch keine Ikonen aus dem öffentlichen Leben. Es sind Menschen, die etwas antreibt, denen Attribute anhaften, die ich als bewundernswert empfinde. Mein Cousin Felix beispielsweise: Ich kenne niemanden, der mit mehr Souveränität, Leidenschaft und Liebe jeden einzelnen Job und Mitarbeitenden vorantreibt. Marina von studiobrot: pure Energie und Kreativität – beeindruckend. Meine Kollegin Kim: sachlich und trotzdem kühn – die Gespräche mit ihr können schmerzhaft sein, aber die Epiphanie ist garantiert. Moritz Haenschen, Gründer von BOLD & EPIC – ein Vordenker, wie er im Buche steht – hier werden im Gespräch Gedanken und Ideen angezündet. Meine beste Freundin Jessica – sie treibt mit viel Einfühlungsvermögen und Intuition den Status Quo vor sich her. Ich darf mich glücklich schätzen, ein paar tolle Menschen um mich herum zu haben, die mit ihren Wesenszügen in gewisser Weise auch Vorbilder sind.
Inspiration – Wie kommst Du auf neue Gedanken?
Kunst. Kultur. Literatur. Gespräche. Zeit. Langeweile. Prokrastination. Joggen. Mit meiner Hündin Foxy beschäftigen. Kochen. Essen. Sonne. Duschen 😉
Welche Rolle soll aus Deiner Sicht Kommunikation und Design in der Gesellschaft einnehmen?
Die Rolle von Design und Kommunikation IST tragend. Ich denke sogar, dass Kommunikations-/DesignexpertInnen zu noch mehr der großen Fragestellungen dieser Zeit hinzugezogen werden sollten. Design ist Probleme lösen, entlang von definierten Parametern.
Was ist aus Deiner Sicht besonders spannend an Deinem Beruf und welchen Rat gibst Du jungen Menschen mit auf den Weg?
Ich würde immer empfehlen, Zeit in die Ausbildung und Entwicklung der eigenen Fähigkeiten zu investieren. Ausbildungen werden heutzutage immer schneller abgewickelt. Das empfinde ich zumindest nicht als klug. Nicht, dass ich an meinem Studium alles für sinnvoll erachtet habe. Ich will im Nachhinein jedoch nicht missen, unterschiedlichste Designprinzipien und -techniken kennengelernt zu haben, mich monatelang an ein und derselben Problemstellung philosophisch und handwerklich abgearbeitet, oft gescheitert zu sein.
Und ganz wichtig: seid offen für Feedback. Die Fähigkeit, Kritik einzustecken und dann auch noch verwandeln zu können – im Studium meiner Meinung nach fast ein eigenes Unterrichtsfach wert. Und das Präzisieren, durch die richtigen Rückfragen, das Gegenüber zu klareren Aussagen zu moderieren – eine Art Coaching/Training in Gesprächsführung und Beratung – finde ich im Nachhinein hilfreich. Das musste ich erst über die Jahre lernen.
Ich würde in jedem Fall immer wieder diesen Beruf wählen.
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