Nachdem sich Friedrich von Borries 2016 im Roman-Projekt „RLF. Das richtige Leben im Falschen“ literarisch und mit dem Manifest „Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie“ (Suhrkamp Verlag) programmatisch mit dem Verhältnis von Design und Politik auseinandergesetzt hat, entwickelt er nun auf Einladung der Neuen Sammlung – The Design Museum zu diesem Thema eine Intervention in den musealen Raum.

Die Ausstellung wird am 29. November um 19 Uhr eröffnet und setzt die Reihe für zeitgenössische Designpositionen in der Paternoster-Halle fort. Die Neue Sammlung – The Design Museum lädt seit 2015 jährlich internationale Protagonisten des Designs wie Konstantin Grcic, Werner Aisslinger und Hella Jongerius zu einer raumgreifenden und mehrteiligen Installation ein.

The Design Museum

Die Münchner Rutsche, Berlin 2018

Die vom Architekten und Designtheoretiker Friedrich von Borries konzipierte Ausstellung besteht aus drei Teilen:
Der erste Teil – die Auseinandersetzung mit „Politics of Design“ – zeigt an einer Reihe von Interventionen in die Sammlung des Museums auf, welches politische Moment Design in sich trägt. Anhand von Thesen wie „Design sexualisiert“, „Design kolonialisiert“ und „Design manipuliert“ wird ein neuer Blick auf Cola-Werbung, Sony-Walkmans und Möbel der Moderne geworfen. Zur interventionistischen Haltung zählt aber auch, die Deutungsmacht des Museum in Frage zu stellen. Hierzu wurde in einen Open Call dazu aufgefordert, Objekte ins Museum zu bringen; im September bildeten alle Teilnehmer eine eigenständige Jury. Für die Dauer der Ausstellung sind als Ergebnis im Museum nun u.a. Vulva-Modelle, DIY-Möbel und Urban-Gardening-Mülleimer zu sehen. Höhepunkt der Auseinandersetzung mit den „Politics of Design“ ist der Modellentwurf einer Rutsche, die von Friedrich von Borries für Thonet im Hinblick auf das anstehende 200-jährige Jubiläum von Thonet entworfen wurde. Sie thematisiert, dass Sitzen diszipliniert und zudem mit Besitzen zusammenhängt, und wirft die Frage auf, wie wir aus dem statischen beharrenden Sitzen in dynamische Bewegung kommen.

Der zweite Teil der Ausstellung ist eine subjektive Reflexion des bisherigen Werkes von Friedrich von Borries in den beiden Paternoster-Liften. Mit einer Schenkung interveniert sein Heteronym, der Künstler Mikael Mikael, in die Sammlung des Museums, und in einer perpetuierenden, sisyphos-artigen Kugelbahn-Installation verweist er auf das grundsätzlich Dilemma eines politisch agierenden Künstlers oder Designers, der nie das – vermeintliche – Ziel erreichen wird.

Der dritte Teil – „Design of Politics“ -, untersucht die Möglichkeiten der Gestaltung und Veränderung von Politik durch Design. Welchen Beitrag kann das Design für die soziale und kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft leisten? In Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) finden im Rahmen der Ausstellung deshalb Workshops als diskursiver, öffentlicher Designprozess statt. In einem Open Call werden interessierte Bürger, Aktivisten, Designer, Künstler und Wissenschaftler zu einer Reihe von Workshops, einem „Basiscamp für Demokratie“ eingeladen, um gemeinsam Projektideen zu entwickeln. Die Ergebnisse werden öffentlich mit prominenten Gästen aus Politik, Wissenschaft und Kultur diskutiert. Eine Facebook-Seite mit Textempfehlungen, Buchrezensionen und Experten-Interviews begleitet die Suchbewegung. Dieser Prozess wird in der Ausstellung dokumentiert.

Die Ausstellung thematisiert nicht nur Inhalte wie „Überwachung“, „Selbstverwirklichung“, „Ware“ oder „Markt“ vor dem Hintergrund der Demokratie als schützenswerte und gleichzeitig stets verbesserungswürdige Herrschaftsform. Sie stellt im Hinblick auf das Verhältnis von Politik und Design auch die Frage, in welchem Spannungsfeld Designer und Architekten heute agieren müssen, wenn sie politisch verantwortungsvoll gestalten wollen.

Der Katalog zur Ausstellung erscheint bei Koenig Books.

Konzept: Prof. Dr. Friedrich von Borries
Kuratoren: Dr. Angelika Nollert, Dr. Xenia Riemann-Tyroller

Beitragsbild, Collage: © Projektbüro Friedrich von Borries
Bild im Beitrag: © Achim Hatzius