Das Informationsdesign von Martin Oberhäuser ist sehenswert. Der heute selbstständige Kommunikations-Designer selbst sagt, dass ihn die Möglichkeit mit gut durchdachten Strukturen optisch herausragende und vor allem besser lesbare Lösungen zu erschaffen fasziniert – vor allem, je komplizierter die zu visualisierende Information ist.
Nun hat er sich aktuell einem System der Vereinheitlichung der Flaggen dieser Welt zugetan: Das System kreiert für jedes Land anhand von statistischen Daten ein individuelles Erscheinungsbild. Über das Design jeder Flagge entscheiden dabei drei Kriterien: Die Farbe beschreibt die geographische Lage, die Form das Bruttosozialprodukt pro Kopf und das Quadrat in der Mitte der Flagge die Bevölkerungsdichte des jeweiligen Landes.
Enstanden ist daraus ein grundsätzlich spannendes System, dass zwar sicherlich so niemals Anwendung finden kann, da es die Welt zu sehr vereinheitlicht und jedwede Geschichte oder Emotion aus den jeweiligen Ländern verbannt und zudem mit dem ein oder anderen Fehler aufwartet, trotzdem aber einen Blick wert ist, den wir Euch heute gerne gewähren möchten.
Die Vereinten Nationen als Pantone-Fächer, das ist klasse. Sicher, die Arbeit steckt voller Fragen und auch Fehler. So sind beispielsweise nicht alle Flaggen der Welt berücksichtigt worden und das Englisch auf dem Poster ist nicht ganz astrein – aber eine Diskussion ist die Arbeit allemal wert, da sie sich auf Tugenden des guten Kommunikationsdesign beruft und dabei aber auch häufige Schwächen aufzeigt: Denn wo bleibt die Individualität? Ist nur gut, was gleichgeschaltet am Besten funktioniert?
9 Kommentare
Andreas K.
Nicht jede neue Idee ist auch eine gute Idee.
Einer der Großmeister im Design, der legendäre Raymond Loewy (Shell-, BP-, Exxon-, LuckyStrike-, UPS-Logo u.v.m.), hat einmal sinngemäß gesagt: »Ein neues Design ist erst dann ein gutes Design, wenn es ein schon bestehendes Design verbessert.« Diese Pantone-Spielerei erfüllt das noch nicht mal ansatzweise.
Die bereits existierenden Nationalflaggen unserer Erde haben sich ikonografisch in das globale Gedächtnis eingebrannt. Sie folgen zum Großteil einer über Jahrhunderte hinweg gelernten Ordnung in Form und Farbe, oft logisch begründet (z.B. USA = 52 Sterne für 52 Teilstaaten) und sie sind so individuell wie die Menschen und Kulturen auf diesem Planeten. Das ist gut so und dieses Design funktioniert fantastisch. Keine Notwendigkeit es zu verbessern, zu ändern oder gar – wie hier – zu vereinheitlichen. Zumal diese Vereinheitlichung und vermeintliche Vereinfachung genau das Gegenteil erzeugt: Eine völlig unnötige Verkomplizierung.
In jedem Berufszweig gibt es Holzköpfe, die nicht bis zum Ende denken bevor sie sich an die Arbeit machen. Wer hat gesagt, dass es in unserer Branche keine gäbe?
Gerrit L.
Lieber Andreas,
dass das Ganze ein Experiment ist und nicht als Verbesserungsvorschlag zu verstehen, hat Martin Oberhäuser ja schon klargestellt. Insofern sollte auch klar sein, dass Sie sich tatsächlich ziemlich im Ton vergriffen haben. Dafür gab’s zwar schon eine Entschuldigung. Aber selbst die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Projektes stellt sich nicht, denn Experimentieren und Ausloten gestalterischer Möglichkeiten ist wichtig, gut und unumgänglich.
Unabhängig davon: Ich weiß nicht, welche US-Flagge Sie kennen und welche USA Sie meinen. Die Vereinigten Staaten, dich ich kenne, bestehen nach wie vor aus 50 Staaten, leicht zu erkennen an den 50 Sternen auf der Flagge.
Gruß,
Gerrit
Andreas K.
Die Flagge der USA hat 50 Sterne. Richtig. Bei den von mir genannten 52 Teilstaaten habe ich die nichtinkorporierten Außengebiete der USA – Guam (51) und Puerto Rico (52) – mitgezählt. AK
Holger S.
Vielleicht hätte Herr Loewy, dessen Namen ich hier nicht weiter für meinen Kommentar missbrauchen will, auch gesagt, dass Kritik, erst dann gute Kritik ist, wenn sie versucht eine Arbeit zu verbessern. Meiner Meinung nach ist das Wort „Holzkopf“ hier ebenso wenig angebracht, wie das Zurechtweisen eines Designers, der durch Struktur, Klarheit und Geschmack überzeugt – ganz im Gegensatz zu dem Designer, dessen orangefarbener Albtraum sich hinter dem Link auf seine Homepage offenbart. Genug des persönlichen …
In meinen Augen ist das „Worldflagsystem“ auch nicht als Redesign zu betrachten. Redesign ist das Erneuern eines bereits bestehenden, oft aus der Mode gekommenen Designs, das sich auf Nachbessern von Logos, Typografie und Ähnlichem beschränkt. Der (gelungene) Versuch ein System zu schaffen, das eine Einteilung von Ländern nach geografischer Lage, Bruttosozialprodukt und Bevölkerungsdichte möglich macht, ist Informationsdesign – der Zugriff auf die „Pantone-Spielerei“ in so fern sinnvoll, da es nicht möglich ist die ca. 200 Länder in Abstufungen einer Farbe zu gestalten.
Des weiteren sollte man, gerade als Designer, wissen über was man spricht, kommentiert man Arbeiten, die mit Begrifflichkeiten wie „Information“ daher kommen. Entgegen Herrn K.s Meinung, ist Information ein Begriff, in dessen Erklärung der Mensch als Individuum keine Bedeutung hat. Information ist von Subjektivem bereinigte, entfremdete Erfahrung, eine Ordnung, ausdruckslos. Die hier gezeigte Arbeit ist, wie ich finde, ein Musterbeispiel für gutes Informationsdesign.
Letzten Endes sei gesagt, dass hier nicht der Versuch stattfand, die Flaggen der Welt abzulösen. Um Herrn Loewy doch noch einmal anzubringen: Er hat sicherlich niemals etwas davon gesagt, dass man seine Ideen nicht zu Papier bringen soll, egal wie sie denn aussehen.
Andreas K.
»…Der Würzburger Hauptbahnhof ist tatsächlich einer der hässlichsten die ich je gesehen habe und im Gegensatz zu den Bastionen, die ja auch nicht gerade Schönheiten sind, schafft es der Würzburger Bahnhof auch nicht wenigstens charmant zu sein. Was man damit machen könnte? Abreissen…«
Ihre überaus »charmante« Riposte zur Pantone-Spielerei kann ich leider nicht teilen und habe auch kein Jota zurückzunehmen. Aber was den Würzburger Bahnhof betrifft – da bin ich mal ganz Ihrer Meinung, Herr Schilling. Grüßen Sie mir die alte Heimat! Habe übrigens auch dort studiert. AK
Martin Oberhäuser
Erst mal an Holger: Vielen Dank.
An Andreas: Vielleicht hätte ich das Konzept einfach anders nennen sollen um solchen Kommentaren entgegenzuwirken. Es handelt sich hierbei nicht um einen Vorschlag zur Verbesserung der Weltflaggen, sondern lediglich um ein kleines Experiment und eine Infografik. Nach dem Motto: “Was wäre wenn man das über Jahrhunderte gewachsene Konstrukt der Weltflaggen einmal neu überdenken und vereinheitlichen würde?”. Ich sage nicht, dass dies zwangsläufig zu einem besseren oder guten Ergebnis führt. Aber in vielen Fällen wissen nicht mal die Bewohner eines Landes warum Ihre Flagge aussieht wie sie aussieht, von daher finde ich das Thema durchaus spannend. Meiner Ansicht nach ist es außerdem immer ein gutes Zeichen, wenn eine Idee diskutiert und hinterfragt wird. Ob ich mich deswegen beleidigen lassen muss lasse ich mal dahingestellt…
Andreas K.
Lieber Martin, offenbar hast du dich durch das Wort »Holzköpfe« in meinem Anfangskommentar direkt angegriffen gefühlt. Es lag mir fern dich damit zu beleidigen oder zu kränken. Sollte dies dennoch geschehen sein, bitte ich dich hiermit aufrichtig um Entschuldigung!
Ich selbst weiß, dass sich jeder Designer am stärksten mit seiner Arbeit identifiziert. Er hat viel Energie, viel Zeit und Gedanken in sein Werk gesteckt und ist sich seiner Sache absolut sicher. Deshalb ist es nur allzu menschlich und verständlich, dass man dann etwas dünnhäutig auf jede Kritik von außen reagiert.
Dass auch du hier viel Arbeit hineingesteckt hast, ist für uns alle offensichtlich und auf jeden Fall zu respektieren. Dies wollte ich in keiner Weise in Abrede stellen oder herabwürdigen. Mir ging es mehr um das Projekt als solches und seine Sinnhaftigkeit.
Andreas
Atilla
Hello,
uninteressante Diskussion…
Andreas: mitunter schöne Arbeiten hast du auf deiner Seite.
Martin: Um genau über dein Werk urteilen zu können, bräuchte ich es ausgelegt vor mir. 🙂
Aber mal ganz im Ernst, nun.. kann ich dieses Motiv der Weltkarte von dir kaufen? Zumindest eine Bildlizenz? Ich würde es gerne als Bild in mein Wohnzimmer hängen, weil es genau DAS ist, was ich bis dato für meine leere Wand über dem Fernseher.
Ich würde es gerne auf etwa A0 aufziehen… trete ich dir damit zu nahe?
Viele Grüße
Atilla
Martin Oberhäuser
danke. warum solltest du mir damit zu nahe treten? gib mir doch einfach deine email adresse, dann schick ich dir ein pdf.
viele grüße
martin