Designer und Kreative unter Corona – DESIGNBOTE Redakteur Dipl. Des. Wolfgang Linneweber hat nachgefragt

Was mich betrifft: Wenn ich aus dem Fenster gucke, dann sehe ich einen sonnendurchfluteten, blühenden Garten … Die Auftragslage ist für einen weiterarbeitenden Rentner einigermaßen entspannt. Ja, die Pandemie beschert mir sogar zusätzliche Arbeit als Übersetzer von Verhaltensmaßregeln und Pressemittelungen einer niederländischen Grenzstadt. Es könnte also schlimmer sein … . Doch das Bild ist trügerisch, denn nicht überall auf der Welt wohnen und arbeiten Kreative derart komfortabel.

Ich habe Designer und Kreative aus Europa und Nordamerika über ihre persönlichen Erfahrungen mit Corona befragt. Ich erfuhr Interessantes zu Psychologie, Geschäftsentwicklung, Privatleben und Home-Office, Finanzen und vieles mehr und bekam teils erstaunliche Einblicke.

Folge 1. Daan de Haan, Venlo (NL)

Designer und Kreative unter Corona

Daan de Haan

Mein Name ist Daan de Haan, 39 Jahre alt, Designer in Venlo. Meine Freundin Jannie ist auch Designerin. Wir haben zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren.

Seit 2004 habe ich mein eigenes Designbüro und seit 2013 teilen wir uns einen schönen Arbeitsplatz in der Nedinscofabriek, einem im Bauhausstil errichteten Nationaldenkmal. In der 5. Etage dieser ehemaligen Fabrik für U-Boot-Periskope arbeiten wir mit Designern, Marketingexperten, Textern, Design-Thinkern und Projektdesignern für eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen zusammen.

Wie erlebst Du persönlich die Corona-Krise?

Verglichen mit Ländern, die wirklich im Lockdown sind, ist es für uns ziemlich Business as usual.

Hat sich diese Krise auf Dein Auftragsbuch ausgewirkt?

Nach der Finanzkrise und den anschließenden Haushaltskürzungen verlagerte sich unsere Arbeit vom öffentlichen Sektor in den kommerziellen Sektor. Jetzt stelle ich eine entgegengesetzte Tendenz fest. Aktuell hält die Nachfrage nach staatlichen und halbstaatlichen Dienstleistungen an, während kleine Unternehmen stärker ihre Kosten im Auge behalten. Unser Portfolio ist sehr breit gefächert, so dass wir einiges wegstecken können und unseren Schwerpunkt verlagern. Wir helfen auch einer ganzen Reihe von Start-Ups von Leuten, die ihre Idee für eine neue Dienstleistung oder ein neues Produkt gerade jetzt verwirklichen wollen.

Wie sieht Dein Arbeitsplatz jetzt aus?

Wir sitzen zu Hause mit unseren Computern. Meine Freundin und ich wechseln uns im Laufe des Tages ab, um was mit unseren Kindern zu unternehmen. Zum Glück haben wir den Luxus eines großen Gartens, so dass es für uns in dieser Zeit nicht sehr stressig ist. Uns tun die Menschen leid, die diesen Luxus nicht haben und hoffen, dass wir bald zur Normalität zurückkehren können.

Corona macht Kreative wie Daan noch kreativer. So wird die Fußballsocke zum Mundschutz.

Gibt es in den Niederlanden staatliche Subventionen für Designer / kleine Einzelunternehmer? Habt ihr welche beantragt?

Die Maßnahmen, meist Überbrückungskredite, sind für uns vorerst nicht notwendig, aber wir stehen in Kontakt mit dem Buchhalter, um bei Bedarf die Alarmglocken läuten zu lassen.

Könnt Ihr mit Eurem professionellen Know-how als Designer helfen?

Wir beobachten sogar eine Zunahme der Arbeit. Wir entwerfen Covid19-Beschilderungen sowohl für die Stadt Venlo als auch beispielsweise für Canon Production Printing. Für die Stadt Venlo als Shoppingmetropole richten sich die Icons speziell an Konsumenten, damit sie die Anordnungen der Regierung befolgen.

Diese Corona-Icons haben wir für die Stadt Venlo entwickelt. Es gibt sie auch auf Deutsch.

Wie hat sich Dein Privat- und Familienleben verändert? Wie fühlt sich Dein Wohnumfeld für Dich jetzt an und was vermisst Du im Moment am meisten?

Am Montag öffnen die Schulen wieder, vielleicht sehnen sich unsere Kinder mehr nach dem normalen Rhythmus als wir. Ich selbst vermisse das Kneipenleben. Normalerweise bin ich mindestens einmal pro Woche in einer Kneipe, bei einem Pop-Konzert oder auf irgendeiner Party zu finden.

Habt Ihr unter Corona neue Gewohnheiten, Strategien oder private Routinen entwickelt?

Einmal pro Woche fahre ich mindestens 60 km Rennrad. Dabei habe ich Bauchmuskeln gespürt, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie habe. Allerdings ohne sichtbare Ergebnisse, denn Kochen ist auch in dieser Zeit fast schon zu einem Hobby geworden.

Glaubst Du, dass Corona wohl oder übel Euer Leben oder sogar Eure Arbeit(sweise) nachhaltig beeinflussen wird?

Bei der Beratung meiner Kunden versuche ich zwar, in Szenarios zu denken, aber ich finde es trotzdem schwierig zu beurteilen, was sich dauerhaft ändern wird und was nicht. Wir sehen große Unterschiede im Umgang unserer Kunden mit dieser Situation. Der eine will alles Mögliche machen und wird sehr kreativ, der andere steckt den Kopf in den Sand, bis die Maßnahmen vorbei sind. Ich kann wirklich nicht sagen, was besser ist.

Daan, vielen Dank für Deine Mitarbeit!

Gern geschehen!

https://www.daandehaan.nl/raamknutselwedstrijd
Fotos: Egon Notermans