Bereits seit Monaten arbeitet »Der Spiegel« an einem neuen Layout. Seit dem 05. Mai 2014 liegt das Nachrichtenmagazin erstmals im neuen Gewand am Kiosk. Sichtbar ist das schon auf der Titelseite, die im neuen Heft neben der Hauptgeschichte “Die Wohlstandslüge” drei weitere Themen zeigt. Die letzte Layout-Reform lag mehr als 17 Jahre zurück, heißt es in der Hausmitteilung. Entwickelt wurde das neue Layout inhouse von Art Director Uwe C. Beyer und der Chefredaktion.
Ziel sei kein radikaler Relaunch gewesen, sondern es ging viel mehr um sinnvolle Verbesserungen. Dazu gehören ein größerer Satzspiegel, welcher den Inhalt in Kombination mit mehr Weiraum eleganter erscheinen lässt, und eine klare Bildsprache. Im Inneren werden die Texte ab jetzt von großen Fotos begleitet, somit soll der Einsatz von Belegbildern reduziert werden. Die Hausfarbe Orange wird künftig auch im Heft zu sehen sein, ebenso in der E-Paper Version. Auffällig ist auch das neue Inhaltsverzeichnis, das jetzt alle Themen auf einer Seite bündelt.
Unsere Mediapartner von PAGE-Online haben drei Editorial Design Experten gefragt, was sie vom neuen Layout des Spiegels halten. Hier die Antworten:
Dirk Bartos von BartosKersten Printmediendesign:
So viel ist es ja auf den ersten Blick nicht. Man wird sich nach wenigen Ausgaben daran gewöhnt haben. Die Linksbündigkeit der Headlineblöcke finde ich sehr gut – die Mittelachse hatte mich immer gestört. Die Farbe Orange als Auszeichnungsfarbe im Heft ist gewöhnungsbedürftig, aber okay. Warum nicht. Die Doppelseiten sehen ansonsten okay aus, aber nicht unbedingt großzügiger und eleganter, wie im Text erwähnt. (Zumindest bei den Dummyseiten). Insbesondere der Inhalt. Den finde ich wirr und voll. Lädt mich nicht zum Lesen ein.
Andreas Volleritsch von Neubau Editorial Design:
Die grafische Grundstruktur unterscheidet sich wenig vom alten Design, und wirkt durch die starre Rasterführung unaufgeregt, optisch streckenweise eher langweilig. Beeindruckend finde ich die Bildsprache bzw. Bildauswahl.
Prof. Julia Kühne der Stuttgarter Agentur Gold & Wirtschaftswunder:
Die Zeitschrift als ein »Haus, in dem man sich hinterher wohler fühlen muss als zuvor«. So beschreibt Art Direktor Uwe C. Beyer den aktuellen Relaunch des Spiegel. Es handelt sich tatsächlich nicht um einen Neubau, um bei Beyers Bild zu bleiben, sondern um einen Tapetenwechsel bei gleichbleibendem Grundriss. Der grundlegenden Charakter des Magazins wurde nicht verändert. Der Satzspiegel wurde minimal vergrößert, was etwas mehr Leichtigkeit in das Layout bringen soll. Der Spiegeltypische dichte, etwas behäbige Seitenaufbau wurde aber beibehalten – jugendlich und dynamisch wirkt das nicht, soll es aber auch gar nicht. Die Auszeichnungsfarbe Orange löst das dunkle Rot ab, das bisher für Kolumnentitel und Textauszeichnungen verwendet wurde. Der SPIEGEL greift damit im Innenteil die charakteristische Farbe des Titelrahmens auf. Und setzt einen allgemeinen Orange-Trend fort. So begegnet uns die Farbe Orange als Farbe im politischen Kontext immer öfter. Die CDU versucht diese als Hausfarbe durchzusetzen und so visuell das »schwarze Image« loszuwerden. Und auch auf den aktuellen Europa-Wahl-Plakaten verschiedener Parteien taucht Orange auf. Sogar Plakate der SPD, die letztes Jahr durch eine irrwitzige Farbkombination aus Purpur und Rot auf sich aufmerksam machte, werden teilweise durch Orangefarbene Flächen bestimmt. Die unbeliebte Farbe Orange als »Neue Mitte« sozusagen. Interessanter als der visuelle Neuanstrich ist die inhaltliche Sanierung, die einen klaren Fokus auf Meinungsbildung und Meinungsäußerung legt. Zum Beispiel die Hefteröffnung durch einen Leitartikel, der klar Stellung bezieht und ohne Namensnennung die Meinung der SPIEGEL-Redaktion abbildet oder auch die Einführung zweier neuer Kolumnenplätze, in denen Kolumnisten durchaus streitbar ihre Meinung äußern.
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