Begüm Yücelay ist seit acht Jahren eine treibende Kraft bei rock&stars in Hamburg. Als Senior Art Director hat sie nicht nur das Design-Team der Agentur mit aufgebaut, sondern auch nachhaltig weiterentwickelt. In enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführerin und dem Creative Director prägt sie die kreative Vision der Agentur und ist fachlich wie persönlich eine unverzichtbare Bereicherung. Mit ihrer Leidenschaft für Gestaltung, ihrem visionären Denken und einem ausgeprägten Gespür für moderne Markenführung prägt sie innovative Projekte, die weit über konventionelles Design hinausgehen.
Wie bist Du zur Kreation gekommen?
Ich hatte das Glück, in einem Elternhaus aufzuwachsen, das meinen Drang nach Gestaltung und Kreativität von klein auf förderte. Meine Eltern waren beide handwerklich und kreativ sehr begabt, was mich stark geprägt hat. Schon im Alter von zwölf Jahren habe ich begonnen, Kleidung zu entwerfen, die meine Mutter für mich nähte. Oder ich gestaltete Wandbilder und Konstruktionen, die ich gemeinsam mit meinem Vater für mein Kinderzimmer umsetzte.
Ein weiteres Detail aus meiner Kindheit war, dass ich immer lieber Werbespots im Fernsehen geschaut habe als Zeichentrickserien – ein untypischer, aber vielleicht schon damals vielsagender Unterschied.
Mit etwa 16 Jahren entdeckte ich schließlich ein Abitur mit dem Leistungskurs „Multimedia und Gestaltung“. Das war für mich ein richtiger „connecting the dots“-Moment, in dem mir klar wurde, wohin meine Reise gehen soll. Darauf folgten dann ganz klassisch der Bachelor in Kommunikationsdesign und abschließend der Master in digital & visual communications an der University of Wolverhampton in England.
Auf welches Projekt bist Du besonders stolz (gerne mit Bildern)?
Jedes Projekt, das ich realisieren darf, erfüllt mich mit einem gewissen Stolz. Besonders hervorheben möchte ich jedoch zwei meiner Arbeiten, die mich aus unterschiedlichen Gründen nachhaltig beeinflusst haben:
Zum einen das Westfield Hamburg-Überseequartier, das ich nun seit rund sieben Jahren betreue. Dieses Projekt war nicht nur eine große Lernkurve für mich, sondern hat sich durch die ganzheitliche, langjährige Zusammenarbeit auch auf persönlicher Ebene zu einem Herzensprojekt entwickelt. Es zeigt, wie wichtig Beständigkeit und Detailarbeit für den Erfolg eines großen Projekts sind.
Besonders wichtig ist mir das Projekt BUNKER, bei dem wir als Kommunikationsagentur für den Grünen Bunker, ein Mahnmal und Ort der Kreativität in Hamburg, beauftragt wurden. Die Vision für das Gestaltungssystem entstand fast sofort in meinem Kopf: massiv, aber sympathisch; mehrteilig, aber monumental. Diese Idee hat sich nahtlos im Endergebnis wiedergefunden und charakterisiert nun das neue, junge Wahrzeichen Hamburgs.
Was war die schmerzhafteste Niederlage und Deine Erkenntnisse daraus?
Ich empfinde das Wort Niederlage als sehr belastend. In der Kreativbranche erleben wir alle Momente, die sich wie ein Rückschlag anfühlen: verlorene Pitches, Entwürfe und Ideen, die trotz aller Bemühungen keinen Anklang finden oder Kunden, die uns verlassen, weil sie Projekte plötzlich intern abdecken wollen. Solche Situationen sind nie schön, aber sie gehören dazu.
Ich bin davon überzeugt, dass es immer darauf ankommt, was man aus diesen Erfahrungen macht. Jede Herausforderung birgt eine Lektion in sich. Manchmal zeigt sie uns, wie wir Dinge beim nächsten Mal besser oder anders machen können. Und manchmal stellt sich im Nachhinein heraus, dass eine vermeintliche Niederlage uns vor etwas bewahrt hat, das vielleicht gar nicht gut für uns gewesen wäre.
Letztlich glaube ich, dass alles, was geschieht, einen Sinn hat – auch wenn wir ihn nicht immer sofort erkennen können.
Was genau macht Du bei rock&stars und was erfüllt Dich dabei am meisten?
Mein Aufgabenfeld ist bewusst nicht klar begrenzt – genau das macht meinen Job so spannend. Ich darf meine Expertise in unterschiedlichsten Projekten einbringen: Heute arbeite ich an einem Verpackungsdesign, morgen entwickeln wir eine kreative Idee für die Verhüllung eines über 3.000 Quadratmeter großen Gebäudes und am nächsten Tag beraten wir einen Kunden bei einem umfassenden Design-Relaunch.
Was mich bei all diesen Projekten am meisten erfüllt, ist die Zusammenarbeit. Gemeinsam mit unserem Team und den Kund:innen suchen wir immer nach der besten Lösung – wir arbeiten nicht einfach ab. Oft analysieren wir zuerst, was wirklich gebraucht wird – und das ist manchmal genau das Gegenteil von dem, was ursprünglich angefragt wurde.
Am meisten erfüllt mich die Rolle als Problemlöserin. Neue Wege für altbekannte Herausforderungen zu finden, ist für mich der Kern meiner Arbeit. Und das gelingt am besten, wenn ich Hands-On und direkt mit unseren Kund:innen arbeiten kann – etwas, das bei rock&stars nicht die Ausnahme, sondern die Norm ist.
Woran arbeitest Du derzeit?
Ein Schwerpunkt meiner aktuellen Arbeit ist es, die Integration von KI in unsere Projekte weiter voranzutreiben. Wir haben die Bedeutung von künstlicher Intelligenz für den kreativen Arbeitsalltag früh erkannt und uns in den letzten Jahren intensiv weitergebildet – sowohl durch externe Schulungen als auch durch Eigeninitiative.
Derzeit konzentriere ich mich darauf, diese Expertise weiter auszubauen und die Möglichkeiten von KI so einzusetzen, dass sie unsere Kundenprojekte optimal bereichern. Mein Ziel ist es, innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl kreativ als auch effizient sind und einen echten Mehrwert schaffen.
Kreative Vorbilder – Hast Du eins?
Nein. Ich empfinde Vorbilder als einschränkend. Design ist ein Spektrum, von Dieter Rams bis Jessica Walsh respektiere ich alle Kreativen, dennoch strebe ich nicht danach, jemanden als konkretes Ziel zu sehen.
Inspiration – Wie kommst Du auf neue Gedanken?
Das kommt ganz darauf an. Wenn akut schnelle Ideen gefragt sind, hilft meistens der klassische Schnack mit dem Team. Manchmal ist es aber genau das Gegenteil – Abstand nehmen und die Sache ruhen lassen.
Und dann gibt es diese Momente, in denen Visionen in den ungewöhnlichsten Lebenslagen entstehen, zum Beispiel durch die Farbkombination von Legosteinen, die mein Neffe zusammensetzt. Und manchmal muss man eben auch einfach einen Baum umarmen …
Welche Rolle soll aus Deiner Sicht Kommunikation und Design in der Gesellschaft einnehmen?
Kommunikation und Design spielen schon heute eine prägende Rolle in der Gesellschaft – sie haben die Macht, Realität zu formen. Unsere Verantwortung besteht darin, mit Einfachheit und Klarheit zu gestalten, Design zugänglich, verbindend und inklusiv zu machen und diese Rolle verantwortungsvoll im Sinne der Gesellschaft zu nutzen.
Was ist aus Deiner Sicht besonders spannend an Deinem Beruf und welchen Rat gibst Du jungen Menschen mit auf den Weg?
Das Spannendste an meinem Beruf ist die Vielfalt und die Möglichkeit, etwas zu schaffen – Probleme und Herausforderungen in etwas Greifbares zu verwandeln. Besonders faszinierend ist der Moment, in dem eine Idee Wirklichkeit wird und etwas entsteht, das mit Menschen kommuniziert, denen man vermutlich nie persönlich begegnet.
Mein Rat: Sag ja. Auch wenn du glaubst, die Aufgabe sei zu groß und du bist noch nicht bereit – sag trotzdem ja. Es wird funktionieren. Und wenn nicht, umso besser, denn dann war es eine Lehre, und jede Lehre ist ein Gewinn.
Auf was wird es künftig im Branding und Design nach ankommen?
In der Zukunft wird Authentizität der entscheidende Faktor sein. Während heute fast jeder mit einem Online-Generator ein halbwegs ästhetisches Logo erstellen kann, wird es umso wichtiger, Unternehmen nicht nur visuell ansprechend, sondern vor allem glaubwürdig und individuell zu positionieren.
Marken brauchen mehr als ein schönes Design – sie brauchen Beratung, die auf Empathie und ein tiefes Verständnis für ihre Marke basiert. Beratung, die dabei hilft, die Werte und Visionen eines Unternehmens so zu übersetzen, dass sie authentisch wirken und wirklich ankommen. Das sind Qualitäten, die kein Generator jemals ersetzen kann.
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