Seit September 2019 zeigt sich das St. Gallen Symposium mit einem neuen, modernen Look. Das neue Brandig mit einem innovativen und präzisen Logo prägt das Auftreten der führenden Wissenschaftskonferenz und öffnet Tür und Tor zu einer transformativen Welt. Der neue Leitspruch trifft den Markenkern sehr genau: „Lead with the next generation in mind“. Für die kreative Arbeit dahinter ist Interbrand mit Sitz in Köln verantwortlich.
Im Zuge des Rebrandings des St. Gallen Symposiums stehen uns heute Jens Grefen, Executive Director Creation (Interbrand) und Beat Ulrich (CEO St. Gallen Symposium) aus der Schweiz Rede und Antwort. Das St. Gallen Symposium, bekannt als einer der weltweit führenden Konferenzen zu den Themen Wirtschaft, Politik und gesellschaftlichen Wandel wollte und musste sich vom angestaubten Image verabschieden und mit einem zeitgemäßen Branding neu durchstarten. Ein neues, ganzheitliches Look & Feel für das Symposium war der explizite Wunsch.
Um im zunehmenden Konkurrenzumfeld solcher Konferenzen weiter zu wachsen sowie neue Produkte entwickeln und unterschiedliche Zielgruppen erreichen zu können, ist es auch für renommierte Veranstaltungen wie das St. Gallen Symposium ein Muss ein spezifisches Profil herauszuarbeiten und mit einer trennscharfen Positionierung zu punkten. Nur so hat das Symposium eine Chance, die besten internationalen Speaker und Besucher für sich zu gewinnen. Damit sich das St. Gallen Symposium auch in Zukunft als die Plattform für generationsübergreifenden Diskurs durchsetzen kann, war es dementsprechend notwendig, eine starke Marke zu formen und diese konsistent in allen Bereichen und über alle Touchpoints hinweg sichtbar werden zu lassen.
Spannend ist, dass das St. Gallen Symposium eine der wenigen Wissenschaftskonferenzen ist, die der Marke selbst und dem Branding dahinter eine so hohe Bedeutung gibt.
Wir konnten mit Herrn Grefen und Herrn Ulrich sprechen und bekamen einen tiefen Einblick in den kreativen Weg. Welche Schritte gab es im Kreativprozess? Wie sind die neuen Ideen entstanden? Wie lief die Zusammenarbeit zwischen Kunde und Agentur?
Herr Ulrich, was ist ihre Ausganglage gewesen, wie haben Sie Interbrand gebrieft?
„Unser Wunsch ist es, dem Publikum draußen zu zeigen, dass das Symposium zu den renommiertesten Plattformen für generationsübergreifenden Debatten gehört. Dass es ein Platz der Begegnung ist, an dem revolutionäre Vorträge stattfinden, Veränderung großgeschrieben wird und der kreative Austausch im Mittelpunkt steht. Mit unserer Konferenz soll der Raum für Transformation geöffnet werden. Wir wollen die junge Elite, die CEOs von Morgen, ein attraktives und relevantes Publikum. Das Symposium soll eher ein Ort sein, der stimuliert als ein Ort mit vorgefertigten Lösungen.“
Herr Grefen, wie legen sie als Kreativ-Agentur dann los, was sind für Sie die ersten Schritte gewesen?
„In der Regel stellen wir erstmal viele Fragen und hören zu – wir tauchen in die Welt des Kunden ein um zu verstehen, wofür das Symposium steht, was nicht mehr gewollt ist, und welche strategischen Ziele der Kunde verfolgt. Dann erarbeiten wir gemeinsam mit dem Kunden ein Zielbild – strategisch und dann natürlich auch visuell.
Nach den ersten strategischen Schritten zeigten wir dem Kunden dann drei grundsätzliche Designrouten, in welche Richtung die neue visuelle Gestaltung gehen kann. In diesem Fall haben wir hier sehr breit das Feld geöffnet, um auch die Potentiale der Marke zu zeigen. Ein linearer Ansatz, der im Grunde das alte nimmt und behutsam weiterentwickelt, ein organischer Ansatz, der das Alte im Kern nicht negiert, aber schon merklich weitertreibt, und ein disruptiver Ansatz, der mit der bisherigen Identität völlig bricht.
Oft mischen unsere Kunden hier die Routen und picken sich Einzelteile der unterschiedlichen Lösungsansätze heraus; das war hier aber gottseidank nicht der Fall. Das St. Gallen-Team hat sich sehr schnell für den organischen Ansatz entschieden – also die natürliche, aber deutliche Weiterentwicklung. Ab diesem Zeitpunkt war allen klar, wohin die Reise geht und die Entwicklung der Identität konnte in allen Facetten zu einem echten Erlebnis ausgearbeitet werden.
Herr Grefen: Welche Schritte sind Sie genau gegangen in der Entwicklung?
„Zuerst haben wir uns die „reason why“ genauer angeschaut. Warum sollten die Besucher jedes Jahr wieder kommen? Wo genau liegt der Unterschied zu den Konkurrenz-Veranstaltungen wie TED oder WEF? Wie kann sich das St. Gallen Symposium besser von den anderen Konferenzen auf der Welt abheben und präziser darstellen? Was ist an dieser Veranstaltung einzigartig? Herr Ulrich und sein Team konnten uns sehr schnell verständlich machen, dass es ein intimer Treffpunkt für die Jungen Wilden, für die Macher von Morgen sein soll. Für die Positionierung des Symposiums ist es wichtig zu vermitteln, dass hier die neue Generation der „Thought Leader“ die Zukunft aktiv gestalten möchte. Dieses Verständnis war elementar für die weitere Entwicklung der visuellen Identität und des generellen Markenerlebnisses.
Nachdem diese Ambitionen des St Gallen Symposiums klar definiert waren, geht es für uns dann richtig ans Eingemachte. Im Grunde laufen solche Prozesse so ab, dass wir uns als Team ein paar Tage einsperren, gemeinsam und ohne Limitierungen alle Möglichkeiten diskutieren – mal softer, mal radikal anders – erste Konzepte erstellen, verwerfen, wieder neu erstellen und so weiter. Das Ergebnis dieser ersten Iterationen haben wir dann in enger Abstimmung mit dem Kunden verfeinert und am Ende eine Designroute festgelegt, die das zukünftige Erlebnis des Symposiums prägen soll.
In diesem Fall haben wir mit einer unserer Routen die Vorstellungen des Kunden so gut getroffen, dass wir diese quasi 1:1 umsetzen konnten. Das liegt sicherlich auch an der hervorragenden Zusammenarbeit und dem sehr klaren Briefing des Kunden.“
Was kam am Ende nun raus? Wie würden sie das neue Branding beschreiben?
Herr Grefen: „Am Ende des kreativen Prozesses ging es darum, ein dynamisches Element zu finden, das auf der einen Seite eine hohe Flexibilität ermöglicht, um immer wieder spannend und neu gestalten zu können, andererseits aber auch eine hohe Kohärenz herstellt und den Auftritt an allen Kontaktpunkten wieder erkennbar macht. In diesem Fall ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein fluides, sich stetig veränderndes, sekundäres Gestaltungselement geworden, das den Auftritt maßgeblich prägt. Diese organische Form – nennen wir sie mal die „Transformations-Linse“, steht für Verwandlung und Perspektivwechsel, den das St. Gallen Symposium ermöglicht und fördert. Sie kann in verschiedenen Farben und Texturen präsent sein, wurde zum Kernelement des neuen Brandings und öffnet der Marke im Zusammenspiel mit der frischeren, digitaleren Farbwelt neue Türen und Zugang zu anderen Zielgruppen.“
Herr Ulrich: „Wir haben es mit dem Rebranding geschafft, die volle Aufmerksamkeit auf das Symposium zu lenken und damit auch unsere gesellschaftliche Verantwortung, also die der Macher des Symposiums, zu branden. Es ist unser Auftrag, innovative Denkanstöße zu geben und das nicht nur innerhalb Europas, sondern weltweit.“
Herr Grefen weiter: „Absolut. Spannend ist vielleicht noch zu erwähnen, dass sich der Auftritt des Symposiums jedes Jahr entsprechend des wechselnden Hauptthemas mit verändern kann und soll, in sich aber dennoch über die Jahre konsistent, zeitgemäß und wieder erkennbar bleibt. Alle visuellen Elemente sind auf diese Strategie ausgelegt und machen die Identity einzigartig.“
Herr Ulrich: „Uns gefällt diese Flexibilität und der organische „human touch“ außerordentlich gut. Das transportiert genau unseren Ansatz: weg vom Einheits-Corporate-Look, hin zu transformativ, menschlich, sich verändernd.“
Wie stark beeinflusste die Corona-Pandemie ihr Vorgehen?
„Als wir mit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 nahezu alle Inhalte des Symposiums digital umstellen mussten, konnten wir feststellen, dass das neue Branding in allen digitalen Bereichen einwandfrei funktioniert“, so Ulrich weiter. Alle Vorträge, Workshops und interaktive Sessions fanden online statt.
Was schätzen Sie an der gemeinsamen Zusammenarbeit?
Herr Grefen: „Das Miteinander. Die enge Kollaboration und agile Arbeitsweise zwischen dem Team des Symposiums und uns als Kreativ-Agentur war ein zentraler Schlüssel zum Erfolg. Wir verstehen uns natürlich als Dienstleister, aber die besten Ergebnisse entstehen immer durch ein kollaboratives, gemeinschaftliches Streben nach dem besten Ergebnis, und nicht – wie im Agenturkontext leider oft üblich – in einer chronologischen „Kunde brieft – Agentur arbeitet – Kunde rebrieft – Agentur arbeitet weiter – wiederhole bis fertig“ – Prozedur.
Sind sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Herr Grefen: „ Das müssen sie vor allem erstmal das Team des Symposiums fragen. Dass uns mit dem Design ein guter Wurf gelungen ist, zeigen sicher nicht nur die Auszeichnungen beim German Brand Award und German Design Award, sondern auch die Tatsache, dass wir mit einer unserer Designrouten so „on point“ waren, dass der Kunde diese genauso umgesetzt haben wollte. Insofern – ja, wir sind zufrieden.
Am Ende sind uns die zwei wichtigsten Dinge gelungen: Das Design bietet die Basis für ein echtes Markenerlebnis und ist nicht nur ein neuer Anstrich alter Dinge. Und zweitens wird die visuelle Sprache der Positionierung der Marke gerecht und kann adäquat und immer wieder neu erzählen, ohne langweilig oder redundant zu werden.
Credits: Interbrand
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