Nach mehr als zwölf Jahren im Führungskreis von Stan Hema hat Stephanie Kurz die renommierte Berliner Agentur verlassen und wechselte im August 2020 als Geschäftsführerin Kreation zur Kreativberatung Dorten. Für sie war es an der Zeit, noch mal etwas anderes anzugehen: In neuer Konstellation, mit anderen Schwerpunkten und interessanten Kunden. Kreation und vor allem Kommunikation sieht sie als ein mächtiges, strategisches Instrument; gesellschaftliche Relevanz und Veränderung im Ergebnis müssen das Ziel sein. DESIGNBOTE hat mit ihr über ihr kreatives Schaffen gesprochen.

Stephanie Kurz

Stephanie Kurz, Geschäftsführerin Kreation bei Dorten studios

Sie sind ja eigentlich Strategin, wie sind Sie zur Kreation gekommen?

Stimmt nicht! Ich bin eigentlich Grafikerin, mit einer ganz traditionellen, handwerklich-orientierten Ausbildung. Ich habe die Grafik-Fachklasse an der Schule für Gestaltung in Basel (Schweiz) absolviert. Das war für mich eine sehr gute Basis, weil die intensive Beschäftigung mit Themen und vor allem das Lösen über das Machen (nach dem guten alten Bauhaus-Prinzip) mich heute – auch in meiner strategischen Arbeit – ständig begleitet. Zur Strategie bin ich vor fast 20 Jahren gekommen, weil mich immer schon der Grund für die Gestaltung interessiert hat.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?

Ich bin auf viele Projekte stolz, die nicht realisiert wurden. Weil die besonders mutig und visionär waren. Zum Beispiel mein Vorschlag (damals noch bei MetaDesign) das Volkswagen Markenzeichen zweidimensional zu machen und statt Blau Grün zu verwenden. Das war 2005 … bis es dann wahr wurde, hat es noch gut 10 Jahre gedauert. Mal sehen, wann Volkswagen Grün statt Blau verwendet.

Was war die schmerzhafteste Niederlage und Ihre Erkenntnisse daraus?

Schmerzhafte Niederlagen in der Zusammenarbeit mit Unternehmen gibt es nicht. Die gibt es immer nur in Pitch-Situationen. Jedes Mal ein irrer Aufwand, meistens viel zu wenig Informationen, oft nicht genug Wertschätzung. Die Erkenntnis ist so alt wie das Pitchen selbst: Man kann Marken einfach nicht FÜR, sondern nur MIT den Unternehmen entwickeln. Markenentwicklung ist kein Shopping-Trip! Nach jedem verlorenen Pitch denke ich, ich mach’s nie wieder. Und dann mach ich’s doch wieder, weil die interessanten Projekte gepitcht werden. Das tut am meisten weh.

Wie stark beeinflusst die Corona Pandemie Ihre kreative Arbeit? Wie gestaltet sich die Auftragslage dadurch?

Die Situation spornt mich eher an. Ich bin froh, dass ich mit meinem Wechsel zu Dorten in einer Agentur gelandet bin, die immer vom Inhalt herdenkt. Und Kommunikationsprobleme über die Idee lösen will. Und durch die Situation ergeben sich ja ganz viele Kommunikationsprobleme oder zumindest mal Anlässe. Ich habe also das Gefühl, dass ich systemrelevant bin 😉

Woran arbeiten Sie derzeit?

Wir arbeiten gerade an einigen Projekten, die sich stärker mit interner Kommunikation befassen. Daimler, Zeiss, Bosch. Wie werden alle im Unternehmen befähigt, die Zukunft der Unternehmen positiv zu beeinflussen? Dabei Ideen zu hören und Ideen zu bieten, Menschen wirklich zu erreichen, Menschen zu berühren – das ist die Aufgabe der Kommunikation.

Stephanie Kurz

Kreative Vorbilder – haben Sie eins?

Paul Rand. Großartiger Grafiker. Toller Typ. Ich habe ihn im hohen Alter mal bei einem Besuch an der Schule in Basel kennengelernt. Der ist einfach immer Kind geblieben. Der hatte immer Spaß bei der Arbeit. Und hat so tolle Zeichen entwickelt. IBM (das Plakat mit der Biene, Hammer!), UPS, Next. Unerreicht! Echte Ikonen.

Inspiration – wie kommen Sie auf neue Gedanken?

Sicher nicht, in dem ich meinen Feed bei Instagram durchscrolle! Mich inspiriert eher Input, der nicht visuell ist. Bücher und Konzerte. Annie Ernaux und die Berliner Philharmoniker. Und dann ist es tatsächlich eher das Alleinsein als der Austausch. Ideen habe ich meist in der Stille.

Welche Rolle soll aus Ihrer Sicht Kommunikation und Design in der Gesellschaft einnehmen?

Kommunikation und Design sind ja mächtige Tools in der Unternehmensführung. Leider hat das noch nicht jeder verstanden. Und es ist unsere Aufgabe, das den Auftraggebern klar zu machen. Und wenn das verstanden ist, dann wird es auch wertvoller. Und entsprechend zentral wäre die Rolle in der Gesellschaft. Wichtig dabei, liebe Kollegen und Kolleginnen, wir müssen Kommunikation und Design auch als Tool und nicht etwa als Anlass zur Selbstverwirklichung sehen.

Was ist aus Ihrer Sicht besonders spannend an Ihrem Beruf und welchen Rat geben Sie jungen Menschen mit auf den Weg?

Das ist natürlich die Vielzahl an Themen, denen man begegnet. Immer wieder neu, immer wieder anders. Und kein Problem lässt sich standardmäßig lösen. Das ist toll! Ich habe so viele unterschiedliche Welten kennengelernt, mal haben sie mich mehr, mal weniger interessiert, aber ich kam nie drum herum, mich damit auseinanderzusetzen. Das war für meine persönliche Entwicklung wirklich wichtig. Was ich jungen Menschen mit auf den Weg geben würde? Überlegt’s euch gut, es ist ein gesättigter Markt und man muss es wirklich wollen. Mutig sein, klar sein, sich mehr mit dem Gegenüber als mit sich selbst beschäftigen.

Auf was wird es künftig im Branding und Design Ihrer Ansicht nach ankommen?

Hinhören wollen. Erst wenn ich verstanden hab, was das Problem ist, was das Unternehmen braucht, was die Welt will, kann ich eine Lösung finden. Wir sind ständig mit Bildern, Stories, Headlines, Zeichen konfrontiert. Was wir brauchen sind relevante Inhalte und Formen und nicht noch mehr Lärm.

Vielen Dank liebe Stephanie Kurz für die sehr interessanten Einblicke.

www.dorten studios.com/en

Credits: Kristin Loschert