Design Thinking auf dem Vulkan – Island. Ein Land voller Elfen, brodelnder Vulkane, heißer Quellen und einem nahezu unerschöpflichen Vorrat an geothermaler Energie. Energie, die fast flächendeckend ganz Island versorgt und lange nicht erschöpft sein wird. Wie kann diese Energie sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden und einen Mehrwert erzeugen? Studierende des vierten Semesters des Studiengangs Integriertes Produktdesign der Hochschule der Medien (HdM) haben Lösungsansätze für diese Fragen erarbeitet. Einige sollen nun für eine Realisierung vorbereitet werden sollen.
Auf Einladung des isländischen Energieverbands EIMUR sowie des staatlichen Energieerzeugers Landsvirkjun nahmen die Stuttgarter Studierenden im Rahmen der Vorlesung „Sustainibility and Design“ mit Kommilitonen der Iceland University of the Arts Ende Mai an einem Design Thinking Workshop im Myvatn-Gebiet im Nordosten Islands teil. Die Aufgabe bestand darin, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, die die Nutzung geothermaler Energie fördern und gleichzeitig alle beteiligten Interessengruppen – neben der Energiewirtschaft die lokale Bevölkerung, Tourismusverbände sowie den Umwelt- und Naturschutz – berücksichtigt.
Schon bei der Ankunft in Island sind die Auswirkungen der geothermalen Energie zu spüren. Die Luft riecht nach Schwefel und die Gebäude sind wohlig warm geheizt. Auch Treppen, Straßen und sogar Fußballfelder sind bei Temperaturen um den Gefrierpunkt beheizbar. Nach einer beeindruckenden Autofahrt durch eine atemberaubende Landschaft in den Norden der Insel, beginnt die Besichtigung der unterschiedlichen Projekt-Standorte, für die sich die Studierenden entscheiden können – von einzelnen Gemeinden über geothermische Kraftwerke und leerstehende Lagerhallen bis hin zu Gewächshäusern und einem Siliziumwerk. In sechs Teams geht es ans Werk: Anwesende befragen, Ideen finden und Konzepte ausarbeiten und visualisieren.
Die erlernten Fähigkeiten aus vier Semestern Studium kommen dabei zur Anwendung. Fotografiekenntnisse werden angewandt, um Bilder von der Projektumgebung und den Befragten zu machen. Zweidimensionale Darstellungstechniken werden für die Erstellung von Moodboards, Farbschemata und Logos eingesetzt. 3D Programme lassen die Studierenden ebenfalls nicht außen vor und erstellen zur Visualisierung ihrer Ideen auch Renderings, die Eingang in die Präsentationen finden.
Der Design Thinking Ansatz
Dabei steht die Verknüpfung der Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung, der Energieerzeuger, der Touristen und Tourismus-Verbände sowie von Natur und Umwelt im Vordergrund. “Die vielschichtige Herangehensweise an solche Projekte ist Teil des Design Thinking Ansatzes, welcher hilft, komplexe Probleme zu definieren, tragfähige Ideen zu finden und nachhaltige Lösungen zu schaffen”, erläutert Studiendekan Prof. Dr. Bernhard Dusch. “Integriertes Produktdesign ist viel mehr als das alleinige Gestalten von Produkten. Es ist das Erschaffen holistischer Lösungsansätze, die systemisch wirken und funktionieren”, so Dusch weiter. Das ganzheitliche Betrachten aller gegebenen Mittel und Stakeholder sei dabei von zentraler Bedeutung.
Abschließende Präsentation
Am Ende der intensiven Arbeitswoche wurden sechs ausgearbeitete Konzepte einer Jury vorgestellt, der unter anderem der Bürgermeister von Husavik, Tourismusbeauftragte der Region sowie eine Abgeordnete des Parlaments in Reykjavik angehören. Die Konzepte der Studierenden umfassen eine große Bandbreite an Produkten, Produkt-Service Konzepten sowie systemischen Ansätzen – angefangen bei Verpackungen aus Pilzen und Gesundheitsprodukten aus Algen bis hin zu Community-Konzepten, die Touristen und Einheimische gleichermaßen nutzen könnten. Ein Team hat etwa Ideen für den Bau eines Erlebniszentrums für das Geothermie-Kraftwerk in Krafla nahe Myvatn entwickelt, in dem Besucher in ein überdimensionales Bohrloch hinabsteigen können, Musik durch Wasserdampf zum Erklingen bringen oder den Abend am Magma-Lagerfeuer ausklingen lassen können. Aber auch Service-Konzepte wurden visualisiert, etwa eine 48-Stunden-Karte für eine Stadt, mit der Touristen Vergünstigungen erwerben können, oder ein Community Gewächshaus, in dem sich Einheimische und Touristen begegnen können.
Derzeit prüft die Jury in Verbindung mit EIMUR die Umsetzung der vorgestellten Projektideen. Bereits jetzt ist beschlossen, dass einige für eine Realisierung vorbereitet werden sollen. Für Mai 2020 ist bereits der nächste Design Thinking Workshop in Island geplant. Dann sollen neben den bisherigen Projektpartnern auch Studierende des London College of Communication Teil des Teams sein. “Auf diese Weise werden der nächste Workshop bereichert und auch die internationalen Beziehungen des Studiengangs Integriertes Produktdesign weiter vertieft”, freut sich Studiendekan Prof. Dr. Bernhard Dusch.
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