Die Puppe Cayla ist verboten in Deutschland”, so Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. “Es geht hier zugleich um den Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft. Die Privatsphäre ist gerade bei Kindern zu schützen”. Das ist ja ganz was Neues. Meine Mutter kam immer rein, ohne vorher zu klopfen.
Cayla sieht zwar süß aus, hat es aber in sich: Mit ihrer eingebauten Winzkamera hält sie die Umgebung jederzeit im Auge und hört fleißig mit. Aber, tun das nicht auch oder Google Home und der allzeit hilfsbereite ‘Echo’ mit der freundlichen Software die auf den schönen Namen ‘Alexa’ hört? Es ist kein Geheimnis, dass interaktive, vernetzte Hauselektronik leicht ein schwer zu kontrollierendes Eigenleben entwickelt. Was dabei rauskommt, wenn man die neugierigen Domestiken sich selbst überlässt, sieht man in Dutzenden von Youtube-Videos.
Viele Eltern haben Cayla wohl nicht zuletzt auch gekauft, weil sie als doppeltberufstätige Doppelverdiener selbst kaum noch Zeit finden, mit ihren Sprösslingen zu sprechen. Und jetzt will Vater Staat, dass sie das teuer bezahlte Spielzeug elektronikschrotten?
Der Grund: Via die Nahsendetechnik ‘Bluetooth’ – kann, von den Eltern unbemerkt, das arglose Gebrabbel des Kindes an unbekannte Instanzen gesendet und dann von finsteren Mächten genutzt werden; zum Beispiel um dem ahnungslosen Nachkommen weiteren bunten Chinamüll anzuklabastern.
Nimmt man die gesamte technische Entwicklung in den Blick, dann mutet es indes seltsam an, dass die putzige Puppe als verkapptes Spionagegerät bezeichnet wird. Sind nicht auch die via das Internet der Dinge vernetzten Haushaltssklaven wie ‘intelligente’ Kühlschränke, Kaffeemaschinen und digitalen Wearables längst als praktische Schnüffler und potentielle Petzen akzeptiert? Und im nächsten ‘Spyshop’ wartet noch viel mehr James Bond-Equipment auf Käufer.
Wenn die Bundesnetzagentur jetzt gegen weiteren interaktiven Spielkram einschreitet, dann immer nach § 90 TKG: Die inkriminierten Produkte kommen im harmlosen Erscheinungsbild eines Alltagsgegenstandes daher und erlauben konstruktionsbedingt dass Privatgespräche heimlich belauscht und/ oder Bilder aufgenommen werden können.
Die Bundesnetzagentur, als Verwaltungsinstanz, erwägt vorläufig keine weiteren Schritte gegen Cayla-Besitzer und vertraut darauf, dass verantwortungsbewusste Eltern die süße Cayla umgehend zerstören. Derweil will der entrüstete Hersteller vor Gericht ziehen.
Bleibt zu hoffen, dass ihre entsetzten Rangen nicht Zeugen der Exekution sein müssen und den Vollstreckern eine plausible Story einfällt: “Nein, Hase. Caylas Ferien waren zu Ende und sie musste zu Ihren Eltern zurück nach China,” oder, auch gut: “Cayla ist von zwei Polizisten abgeholt worden. Sie hat Mama und Papa im Schlafzimmer belauscht.”
Mir kommt das intelligente Gruselzeugs jedenfalls nicht in die Bude. Ich wage mir nicht die Folgen vorzustellen, wenn picklige Nerds den nahen Atommeiler hacken würden, und Millionen von vernetzten Kühlschränken und Sextoys im weiten Umkreis fielen gleich mit aus. Ich habe nämlich keinen Bock mit warmem Pils der Kernschmelze im TV zuzusehen. Intelligentes Spielzeug könnte auf den Straßen randalieren und der vor Frust explodierende Autor dieser Zeilen aufgrund umherfliegender Trümmer zur öffentlichen Gefahr werden.
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Wer sich weiterbilden will, findet hier spannende Tech-Lektüre: www.bundesnetzagentur.de/spionagekameras
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